Das Schwert der Vorsehung
von welchem. Aber gut, wir verplaudern uns hier, und die Hauptsache kommt ins Hängen, wie meine erste Frau seligen Angedenkens zu sagen pflegte. Kommen wir zur Sache. Was für ein Vieh hat sich auf unserem Abfall breitgemacht?«
»Ein Zeugl.«
»Ich hab mein Lebtag nicht von so was gehört. Ich nehme an, er ist schon tot?«
»Ist er.«
»Wie viel soll das die Stadtkasse kosten? Siebzig?«
»Hundert.«
»Aber, aber, Herr Hexer! Ihr habt wohl Tollkraut gegessen ! Hundert Gulden für das Erlegen irgend so eines Ungeziefers, das auf einem Haufen Scheiße haust?«
»Ungeziefer oder nicht, Vorsteher, er hat acht Menschen gefressen, wie Ihr selbst behauptet habt.«
»Menschen? Auch gut. Das Untierchen, wie man mir berichtet hat, hat den alten Zakorka gefressen, der dafür bekannt war, dass er nie nüchtern wurde, ein altes Weib aus der Vorstadt und ein paar Kinder vom Fuhrmann Sulirad, was erst nach einer Weile entdeckt wurde, denn Sulirad weiß selber nicht, wie viele Kinder er hat, er macht sie zu schnell, als dass er mit dem Zählen nachkäme. Das sind mir vielleicht Menschen! Achtzig.«
»Wenn ich den Zeugl nicht getötet hätte, hätte er bald jemand Bedeutenderes gefressen. Sagen wir, den Apotheker. Und woher hättet ihr dann die Salbe gegen den Schanker genommen? Hundert.«
»Hundert Gulden sind eine Menge Geld. Ich weiß nicht, ob ich so viel für eine neunköpfige Hydra geben würde. Fünfundachtzig.«
»Hundert, Herr Herboldt. Beachtet, dass, obwohl es keine neunköpfige Hydra war, niemand von den Hiesigen, den berühmten Zikade eingeschlossen, es geschafft hat, mit dem Zeugl fertig zu werden.«
»Weil es keiner von den Hiesigen gewohnt ist, durch Abfälle und Kot zu waten. Mein letztes Wort: neunzig.«
»Hundert.«
»Fünfundneunzig, bei allen Teufeln und Dämonen!«
»Einverstanden.«
»Na« – Herboldt grinste breit –, »erledigt. Feilschst du immer so schön, Hexer?«
»Nein.« Geralt lächelte nicht. »Eher selten. Aber ich wollte Euch eine Freude machen, Vorsteher.«
»Und das hast du, hol dich die Pest«, sagte Herboldt laut lachend. »He, Röhrling! Herbei! Gib das Buch und das Säckel und zähl mir schleunigst neunzig Gulden ab.«
»Es sollten fünfundneunzig sein.«
»Und die Steuer?«
Der Hexer fluchte im Stillen. Der Vorsteher setzte eine schwungvolle Signatur auf die Quittung, dann stocherte er sich mit dem sauberen Ende des Federkiels im Ohr.
»Ich nehme an, jetzt wird auf dem Abfall Ruhe sein? Was, Hexer?«
»Sollte man meinen. Da war bloß
ein
Zeugl. Er kann es allerdings geschafft haben, sich zu vermehren. Zeugl sind Zwitter wie Schnecken.«
»Was erzählst du mir da für Märchen?« Herboldt blickte ihn scheel an. »Zur Vermehrung braucht es zwei, also Männchen und Weibchen. Oder entstehen diese Zeugl etwa wie Flöhe oder Mäuse aus verfaultem Heu im Schober? Jeder Dummkopf weiß doch, dass es keine Mäuseweibchen und Mäuseriche gibt, dass sie alle gleich sind und sich nur mit sich selber und verfaultem Heu paaren.«
»Und Schnecken paaren sich mit nassen Blättern«, warf der Sekretär Röhrling ein, der immer noch damit beschäftigt war, die Münzen zu Säulen aufzustapeln.
»Jeder weiß das«, stimmte Geralt mit freundlichem Lächeln zu. »Es gibt keine Schneckinnen und Schneckeriche. Es gibt bloß die Blätter. Und wer anderes meint, irrt sich.«
»Genug«, schnitt ihm der Vorsteher das Wort ab, während er ihn misstrauisch musterte. »Genug von dem Ungeziefer. Ich habe gefragt, ob sich vielleicht auf unserem Abfall wieder was breitmacht, und sei so gut und antworte, klipp und klar.«
»In ungefähr einem Monat müsste man die Halde durchkämmen, am besten mit Hunden. Kleine Zeugl sind nicht ungefährlich.«
»Und könntest du das nicht tun, Hexer? Was die Bezahlung betrifft, werden wir schon einig.«
»Nein.« Geralt nahm das Geld aus der Hand Röhrlings. »Ich habe nicht vor, in eurer zauberhaften Stadt auch nur eine Woche lang herumzuhängen, geschweige denn einen Monat.«
»Interessante Sachen sagst du da.« Herboldt lächelte schief und schaute ihm direkt in die Augen. »Wirklich interessant. Denn ich denke, du wirst länger hierbleiben.«
»Da denkt Ihr falsch, Vorsteher.«
»Meinst du? Du bist zusammen mit diesem schwarzen Scheusal angekommen, wie heißt sie doch gleich ... Guinever, glaub ich. In der Herberge ›Zum Stör‹ hast du dich mit ihr einquartiert. Es heißt, im selben Zimmer.«
»Und was folgt daraus?«
»Daraus folgt, dass
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