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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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unverschämten Lächeln Rittersporns, »den Zwergen, Halblingen, Gnomen eine bescheidene Möglichkeit zur Assimilation eingeräumt, sogar den Elfen. Warum soll ich schlechter sein? Warum wird mir dieses Recht abgesprochen? Was soll ich tun, um in dieser Stadt leben zu können? Mich in eine Elfe mit grauen Augen, seidigem Haar und langen Beinen verwandeln? Was? Wieso ist die Elfe besser als ich? Weil ihr beim Anblick der Elfe von einem Fuß auf den anderen tretet und euch bei meinem Anblick das Kotzen ankommt? Dieses Argument könnt ihr euch sonstwohin stecken. Ich werde auch so überleben. Ich weiß wie. Als Wolf bin ich gerannt, hab geheult und mich mit den anderen um ein Weibchen gebissen. Als Bürger von Nowigrad werde ich Handel treiben, aus Weidenruten Körbe flechten, betteln oder stehlen, als einer von euch werde ich das tun, was ihr zu tun pflegt. Wer weiß, vielleicht heirate ich sogar?«
    Der Hexer schwieg.
    »Ja, wie gesagt«, fuhr Tellico ruhig fort. »Ich werde hinausgehen. Und du, Geralt, wirst nicht versuchen, mich zurückzuhalten, wirst dich nicht einmal rühren. Denn ich, Geralt, habe einen Augenblick lang deine Gedanken gekannt. Darunter auch die, zu denen du dich nicht bekennen willst, weil du sie sogar vor dir selber verbirgst. Denn um mich aufzuhalten, müsstest du mich töten. Und der Gedanke, mich kaltblütig umzubringen, erfüllt dich doch mit Abscheu. Nicht wahr?«
    Der Hexer schwieg.
    Tellico rückte abermals den Riemen der Laute zurecht, drehte sich um und ging auf den Ausgang zu. Er ging mutig, doch Geralt wusste, dass er in Erwartung der sausenden Klinge den Kopf einzog und den Rücken krümmte. Er steckte das Schwert in die Scheide. Der Doppler hielt mitten im Schritt inne, drehte sich um.
    »Mach’s gut, Geralt«, sagte er. »Ich danke dir.«
    »Mach’s gut, Dudu«, antwortete der Hexer. »Viel Glück.«
    Der Doppler wandte sich ab und ging auf den belebten Markt zu, mit dem forschen, fröhlichen, beschwingten Schritt Rittersporns. So wie Rittersporn fuchtelte er heftig mit der linken Hand, und so wie Rittersporn grinste er im Vorbeigehen die Mädchen an. Geralt folgte ihm langsam. Langsam.
    Tellico griff im Gehen nach der Laute, räusperte sich, schlug zwei Akkorde an, worauf er geschickt eine Geralt bekannte Melodie klimperte. Leicht umgewandt fing er zu singen an.
    Ganz wie Rittersporn.
    »Der Frühling kehrt zurück mit Regenschauern,
    Die Herzen werden warm, wenn neu die Sonne brennt.
    So muss es sein, und stets wird überdauern
    Das Ewige Feuer, das man Hoffnung nennt.
    Wiederhol das Rittersporn, wenn du es dir merken kannst«, rief er. »Und sag ihm, dass ›Winter‹ ein miserabler Titel ist. Diese Ballade muss ›Das Ewige Feuer‹ heißen. Mach’s gut, Hexer!«
    »He!«, ertönte es plötzlich. »Du Fasan!«
    Tellico wandte sich überrascht um. Hinter einem Stand kam mit wogendem Busen Vespula hervor und musterte ihn mit bösem Blick.
    »Schaust hinter den Weibern her, du Schwindler?«, zischte sie und wogte immer erbaulicher. »Singst Liedchen, du Schurke?«
    Tellico nahm das Hütchen ab und verbeugte sich, lächelte Rittersporns breites, charakteristisches Lächeln.
    »Vespula, meine Liebe«, sagte er versöhnlich. »Wie froh ich bin, dich zu sehen. Verzeih mir, meine Süße. Ich schulde dir ...«
    »Tust du, tust du«, unterbrach ihn Vespula laut. »Und das, was zu mir schuldest, wirst du auf der Stelle bezahlen! Da hast du!«
    Eine riesige kupferne Bratpfanne blitzte in der Sonne auf und traf mit lautem Dröhnen auf den Kopf des Dopplers. Mit einer unbeschreiblich dummen Grimasse, die auf seinem Gesicht erstarrt war, knickte er ein und fiel mit ausgebreiteten Armen hin, und seine Physiognomie begann sich plötzlich zu verändern, zu verschwimmen und jede Ähnlichkeit mit wem auch immer zu verlieren. Als er das sah, sprang der Hexer zu ihm hin, zog im Laufen einen großen Teppich von einem Stand. Er breitete den Teppich auf dem Boden aus, stieß mit zwei Fußtritten den Doppler drauf und rollte ihn schnell, aber fest ein.
    Er setzte sich auf das Bündel und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Vespula, die Bratpfanne umklammert, schaute ihn feindselig an, und ringsum sammelte sich eine Menschenmenge.
    »Er ist krank«, sagte der Hexer und lächelte gezwungen. »Das ist zu seinem Nutzen. Drängt euch nicht so, gute Leute, der Ärmste braucht Luft.«
    »Habt ihr gehört?«, fragte ruhig, aber laut Chappelle, der sich plötzlich seinen Weg durch die Menge bahnte.

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