Das Schwert der Vorsehung
blickte von einem Halbling zum anderen.
»Ich denke, Kleiner«, sagte Dainty, »du willst was von meinem Vetter, Dudu Biberveldt. Red. Red. Das ist er.«
»Sauerampf meldet, dass alles weggegangen ist«, sagte der Gnom breit lächelnd, so dass die spitzen Zähnchen zu sehen waren. »Zu vier Kronen das Stück.«
»Ich glaube, ich weiß, worum es geht«, sagte Dainty. »Schade, dass Vivaldi nicht hier ist, der würde augenblicklich den Gewinn ausrechnen.«
»Wenn du erlaubst, Vetter«, meldete sich Tellico Lunngrevink Letorte, kurz Penstock, für seine Freunde Dudu, für ganz Nowigrad aber ein Mitglied der weitläufigen Familie der Biberveldts. »Wenn du erlaubst, rechne ich. Ich habe ein untrügliches Gedächtnis für Zahlen. Wie auch für andere Dinge.«
»Bitte.« Dainty verbeugte sich. »Bitte, Vetter.«
»Die Kosten« – der Doppler runzelte die Stirn – »waren nicht hoch. Achtzehn für den Kalmusextrakt, acht fünfzig für den Tran, hmmm ... Alles zusammen, die Schnur mitgerechnet, fünfundvierzig Kronen. Erlös: sechshundert zu vier Kronen, macht zweitausendvierhundert. Keine Provision, weil ohne Vermittler ...«
»Bitte nicht die Steuern vergessen«, brachte Chappelle der Zweite in Erinnerung. »Bitte nicht vergessen, dass vor euch ein Vertreter der Stadtregierung und der Kirche steht, der seine Pflichten ernst nimmt und gewissenhaft versieht.«
»Von der Steuer befreit«, teilte Dudu Biberveldt mit. »Weil es ein Verkauf zu heiligem Zweck ist.«
»Hä?«
»Eine Mischung von Tran, Wachs, Kalmusextrakt im rechten Verhältnis, mit den Resten der Koschenillen gefärbt«, erklärte der Doppler, »braucht man nur in Tonschälchen zu gießen und in jeder ein Stückchen Schnur einzubetten. Die angezündete Schnur gibt eine schöne rote Flamme, die lange brennt und wenig stinkt. Das Ewige Feuer. Die Priester brauchten heiliges Feuer für die Altäre. Jetzt brauchen sie keins mehr.«
»Verdammt ...«, murmelte Chappelle. »Richtig ... Es wurde ein Feuer gebraucht ... Dudu, du bist genial.«
»Ich komm nach der Mutter«, sprach Tellico bescheiden.
»Aber ja doch, die ganze Mutter«, bestätigte Dainty. »Seht doch nur diese klugen Augen. Die leibhaftige Begonia Biberveldt, meine geliebte Tante.«
»Geralt«, stöhnte Rittersporn. »Er hat in drei Tagen mehr verdient als ich mit Singen in meinem ganzen Leben!«
»An deiner Stelle«, sagte der Hexer gewichtig, »würde ich das Singen aufgeben und mich mit Handel befassen. Bitt ihn, vielleicht nimmt er dich in die Lehre.«
»Hexer ...« Tellico zupfte ihn am Ärmel. »Sag, wie kann ich ... dir danken ...«
»Zweiundzwanzig Kronen.«
»Was?«
»Für ein neues Wams. Schau, was von meinem übrig ist.«
»Wisst ihr was?«, schrie Rittersporn plötzlich auf. »Wir gehen alle ins Freudenhaus! In die ›Passiflora‹! Die Biberveldts laden uns ein!«
»Ob sie da Halblinge reinlassen?«, fragte Dainty bekümmert.
»Sollen sie nur versuchen, euch nicht hineinzulassen.« Chappelle setzte eine grimmige Miene auf. »Sollen sie’s nur versuchen, dann klage ich das ganze Bordell der Ketzerei an.«
»Na also«, rief Rittersporn. »Das geht in Ordnung. Geralt? Kommst du mit?«
Der Hexer lachte leise auf.
»Ach weißt du, Rittersporn«, sagte er. »Gern doch.«
Ein kleines Opfer
I
Die Sirene tauchte bis zur Körpermitte aus dem Wasser auf und schlug heftig mit den Händen auf die Oberfläche. Geralt stellte fest, dass sie schöne, geradezu perfekte Brüste hatte. Die Wirkung wurde nur von der Farbe verdorben – die Brustwarzen waren dunkelgrün, der Warzenhof ringsum etwas heller. Sich geschickt an eine heranlaufende Welle anschmiegend, reckte sich die Sirene anmutig, schüttelte die nassen, blassgrünen Haare und begann melodisch zu singen.
»Was?« Der Fürst beugte sich über die Reling der Kogge. »Was sagt sie?«
»Sie sagt, sie will nicht«, antwortete Geralt.
»Hast du übersetzt, dass ich sie liebe? Dass ich mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen kann? Dass ich sie heiraten will? Nur sie, keine andere?«
»Hab ich.«
»Und was?«
»Und nichts.«
»Dann wiederhol es.«
Der Hexer legte die Finger an die Lippen und brachte ein unstetes Trillern hervor. Angestrengt nach Worten und Tönen suchend, begann er, die Erklärungen des Fürsten zu übersetzen.
Die Sirene legte sich flach aufs Wasser und unterbrach ihn.
»Übersetz nicht, quäl dich nicht«, sang sie. »Ich habe verstanden. Wenn er sagt, dass er mich liebt, macht er immer so ein
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