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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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der rechten Schulter wuchs ein Schwertgriff hervor.
    »Halt Abstand«, sagte heiser der zweite Hexer und lächelte. »Komm nicht näher, Geralt. Ich lasse mich nicht anrühren.«
    Ich hab vielleicht ein widerwärtiges Grinsen, dachte Geralt, während er zum Schwert griff. Ich hab vielleicht ’nen widerwärtigen Mund. Ich blinzle vielleicht widerwärtig. So also sehe ich aus? Verdammt.
    Die Hand des Dopplers und die Hand des Hexers berührten gleichzeitig den Griff, beide Schwerter fuhren gleichzeitig aus der Scheide. Beide Hexer taten gleichzeitig zwei rasche, weiche Schritte – der eine nach vorn, der andere zur Seite. Beide hoben gleichzeitig die Schwerter und ließen sie in einer kurzen, sausenden Mühle kreisen.
    Beide erstarrten gleichzeitig reglos in ihrer Haltung.
    »Du kannst mich nicht besiegen«, knurrte der Doppler. »Denn ich bin du, Geralt.«
    »Du irrst dich, Tellico«, sagte der Hexer leise. »Lass das Schwert fallen und nimm wieder die Gestalt Biberveldts an. Sonst wirst du es bereuen, ich warne dich.«
    »Ich bin du«, wiederholte der Doppler. »Du wirst keinen Vorteil über mich erlangen. Du kannst mich nicht besiegen, denn ich bin du!«
    »Du hast überhaupt keine Ahnung, was es heißt, ich zu sein, Täuschling.«
    Tellico senkte die Hand, die das Schwert umklammert hielt.
    »Ich bin du«, wiederholte er.
    »Nein«, widersprach der Hexer. »Bist du nicht. Und weißt du, warum? Du bist ein kleiner, armer, gutartiger Doppler. Ein Doppler, der immerhin Biberveldt umbringen und seinen Körper irgendwo im Gebüsch vergraben konnte, um so absolute Sicherheit zu erlangen und absolute Gewissheit, nicht entlarvt zu werden, niemals, von niemandem, auch nicht von der berühmten Gardenia Biberveldt. Aber du hast ihn nicht umgebracht, Tellico, weil du dazu nicht imstande warst. Denn du bist ein kleiner, armer, gutartiger Doppler, den seine Freunde Dudu nennen. Und in was du dich auch verwandelst, du bleibst immer du selbst. Du kannst nur kopieren, was an uns gut ist, denn was an uns schlecht ist, begreifst du nicht. So bist du eben, Doppler.«
    Tellico wich zurück, stieß mit dem Rücken an die Zeltplane.
    »Darum«, fuhr Geralt fort, »wirst du dich jetzt in Biberveldt verwandeln und mir artig die Hände geben, dass ich sie fesseln kann. Du bist nicht imstande, mir Widerstand zu leisten, denn ich bin das, was du nicht zu kopieren vermagst. Du weißt das sehr gut, Dudu. Denn für einen Augenblick hast du ja meine Gedanken übernommen.«
    Tellico richtete sich mit einem Ruck auf, seine Gesichtszüge, die die des Hexers waren, verschwammen und zerflossen, die weißen Haare wurden wellig und allmählich dunkler.
    »Du hast recht, Geralt«, sagte er undeutlich, denn seine Lippen änderten die Form. »Ich habe deine Gedanken übernommen. Nur kurze Zeit, aber es reichte. Weißt du, was ich jetzt tun werde?«
    Das lederne Wams des Hexers nahm eine schimmernd kornblumenblaue Farbe an. Der Doppler lächelte, rückte das pflaumenblaue Käppchen mit der Reiherfeder zurecht, zog den Riemen der Laute straff, die auf seinem Rücken hing. Der Laute, die eben noch ein Schwert gewesen war.
    »Ich sag dir, was ich tun werde, Hexer.« Er lachte das volltönende und perlende Lachen Rittersporns. »Ich gehe meiner Wege, tauche in der Menge unter und verwandle mich still und leise in irgendwen, und wenn es ein Bettler ist. Denn ich bin lieber Bettler in Nowigrad als ein Doppler in der Wildnis. Nowigrad schuldet mir etwas, Geralt. Es war die Entstehung der Stadt, die die Umwelt zerstört hat, wo wir hätten leben können, in unseren natürlichen Gestalten leben. Man hat versucht, uns auszurotten, hat auf uns Jagd gemacht wie auf tollwütige Hunde. Ich bin einer von den wenigen, die überlebt haben. Ich will überleben und werde überleben. Einmal, als mich im Winter Wölfe verfolgt haben, habe ich mich in einen Wolf verwandelt und bin etliche Wochen mit dem Rudel gelaufen. Und ich habe überlebt. Jetzt werde ich das auch tun, denn ich will nicht mehr durchs Unterholz streifen und in Erdhöhlen überwintern, ich will nicht ewig hungrig sein, ich will nicht pausenlos das Ziel von Pfeilen sein. Hier in Nowigrad ist es warm, es gibt was zu futtern, man kann verdienen, und hier schießen sie sehr selten mit Pfeil und Bogen aufeinander. Nowigrad ist das Wolfsrudel. Ich schließe mich diesem Rudel an und überlebe. Verstehst du?«
    Geralt nickte mit einiger Verzögerung.
    »Ihr habt«, fuhr der Doppler fort und verzog die Lippen im

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