Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
lassen sollen.«
Richard schickte sich an, den Hang zum Pfad hinaufzuklettern. »Hätte ich ja, nur kann ich leider nicht fliegen.«
»Wohl wahr«, räumte sie seufzend ein. »Ist mit Euch alles in Ordnung?«
Richard nickte, während er das Schwert in die Scheide zurückschob, und mit ihm seinen eben noch heiß entbrannten Zorn. »Und das habe ich Euch zu verdanken.«
Cara zeigte ihm ein selbstzufriedenes Lächeln. »Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen, ohne mich wärt Ihr völlig aufgeschmissen.« Sie blickte in dem gräulich blauen Dämmerlicht um sich. »Und wenn er dasselbe noch mal versucht?«
»Samuel ist im Grunde seines Wesens ein Feigling und Opportunist, er greift nur an, wenn er jemanden für hilflos hält. Soweit ich es beurteilen kann, besitzt er keinen einzigen Charakterzug, der das aufwiegen könnte.«
»Und wieso sollte eine Hexe ihn dann bei sich dulden?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht ist er einfach nur ein Speichellecker, dessen Kriecherei sie amüsiert. Vielleicht lässt sie ihn bei sich wohnen, weil er kleinere Gänge für sie macht, vielleicht ist er aber auch nur der Einzige, der bereit ist, ihr Gesellschaft zu leisten. Die meisten Menschen haben schreckliche Angst vor Shota, und soweit ich gehört habe, ist niemand bereit, sich diesem Ort auch nur zu nähern. Kahlans Bemerkungen war allerdings zu entnehmen, dass Hexen gar nicht anders können, als Menschen zu verhexen – es ist einfach Teil ihrer Natur. Und selbst wenn es nicht so wäre, so ist Shota gewiss aus eigenem Recht verführerisch, wenn sie also wirklich einen würdigen Gefährten wollte, hätte sie vermutlich die freie Wahl.
Jetzt, nachdem wir ihn einmal vertrieben haben, bezweifle ich, dass er den Mumm hat, noch einmal anzugreifen. Er hat Shotas Botschaft überbracht. Wir haben ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt und ihm wehgetan, deshalb hat er wahrscheinlich nichts anderes im Sinn, als sich schnellstmöglich wieder unter Shotas Fittiche zu begeben. Außerdem denkt er vermutlich, dass sie uns möglicherweise sowieso töten will, und würde es ebenso gern ihr überlassen.«
Cara starrte einen Moment in das Schneegestöber, ehe sie Richard den steilen Hang hinauf folgte. »Welchen Grund könnte Shota Eurer Meinung nach haben, einen Boten zu schicken, um sich zu vergewissern, dass ich Euch nach Agaden hinunter begleite?«
Unterdessen hatte Richard den Trampelpfad wieder gefunden und folgte ihm. Samuels Fußstapfen waren zwar noch zu erkennen, hatten sich aber bereits mit dem verwehten Schnee zu füllen begonnen.
»Ich weiß es nicht. Das hat mich auch ein wenig stutzig gemacht.«
»Und wieso glaubt Samuel, Euer Schwert gehört ihm?«
Langsam stieß Richard einen tiefen Atemzug aus. »Samuel war vor mir der Träger des Schwertes, er war der letzte – wenn auch nicht rechtmäßig ernannte – Sucher vor mir. Allerdings weiß ich nicht, wie er das Schwert der Wahrheit damals in seinen Besitz gebracht hat. Jedenfalls ist Zedd nach Agaden gegangen und hat es zurückgeholt. Samuel ist der festen Überzeugung, dass es noch immer ihm gehört.«
Cara machte ein ungläubiges Gesicht. » Er war der letzte Sucher?« Richard warf ihr einen viel sagenden Blick zu. »Er besaß weder die Magie noch die Anlage oder den Charakter, die das Schwert der Wahrheit dem wahren Sucher der Wahrheit abverlangt. Und da er unfähig war, die Macht des Schwertes zu beherrschen, hat ihn diese Macht zu dem gemacht, was Ihr heute seht.«
39
Das Schneegebiet hatten sie schon vor einer ganzen Weile hinter sich gelassen und befanden sich jetzt wieder in wärmeren Gefilden.
Richard führte Cara einen schmalen Pfad abseits des Hauptweges entlang, der einfach an einer Klippe endete. Hätte er sich von seinem früheren Besuch nicht erinnert, wo er ihn suchen musste, wäre der unscheinbare Nebenweg fast unauffindbar gewesen. Er führte durch ein Labyrinth aus Findlingen, die nahezu vollständig unter einer Schicht blassgrüner Farne verborgen waren, Schlingpflanzen, Moose und Gestrüpp trugen ein Übriges dazu bei, den finsteren Pfad fast unsichtbar zu machen.
Am Rand der Klippe begann endlich der Abstieg. Der hinunter ins Tal führende Pfad bestand über weite Strecken aus direkt aus dem Stein der Felswand herausgeschlagenen Stufen, deren Zahl in die tausende ging. Immer wieder die Richtung wechselnd – bisweilen führten sie durch Tunnels -, kletterten diese Stufen unaufhaltsam in die Tiefe und folgten dabei der naturgegebenen Form
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