Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
zu Kräften kam und sich, noch unsicher auf den Beinen, wieder aufrappelte, schaute Cara immer wieder über die Schulter, um Samuel im Auge zu behalten. Kaum hatte Richard am Rand des jähen Abgrunds wieder festen Boden unter den Füßen, zog er sein Schwert aus der Erde und steckte es wieder an seinen Platz. Sein halsbrecherischer Sturz, der plötzliche Fall ins Bodenlose, das Hängen an einem Fels über dem Nichts nur an den Fingerspitzen, all das ließ ihn am ganzen Körper zittern, vor allem aber machte es ihn wütend.
Samuel, der sich noch immer zuckend im Schnee wand, winselte leise vor sich hin und murmelte dabei Worte, die Richard wegen des Windgeheuls nicht verstand.
Als er Richard auf sich zustaksen sah, rappelte er sich unbeholfen auf, offenbar machten ihm die noch nicht ganz abgeklungenen Schmerzen immer noch zu schaffen. Aber trotz der Schmerzen fiel sein Blick sofort wieder auf das Objekt seiner Begierde.
»Meins! Gib her! Gib mir mein Schwert!«
Richard zog blank und richtete die Schwertspitze auf den widerlichen kleinen Kerl.
Als er die Spitze auf sich zukommen sah, verließ Samuel aller Mut, und er entfernte sich rückwärts trippelnd ein paar Schritte hangaufwärts. »Bitte«, greinte er, die Hände weit von sich gestreckt, wie um Richards Zorn von sich zu weisen. »Du wirst mich doch nicht töten?«
»Was tust du hier?«
»Herrin schickt mich.«
»Shota schickt dich, um mich zu töten, ja?«, höhnte Richard. Er wollte, dass Samuel mit der Wahrheit herausrückte.
Doch der schüttelte nur energisch den Kopf. »Nein, nicht, um dich zu töten.«
»Dann war es also allein deine Idee.«
Samuel antwortete nicht.
»Warum dann?«, hakte Richard nach. »Warum hat sie dich dann geschickt?«
Samuel ließ Cara nicht aus den Augen, als diese sich ein Stück zur Seite bewegte und ihm mehr oder weniger den Fluchtweg abschnitt. Er fauchte sie an und zeigte ihr die Zähne. Als Cara ihm daraufhin völlig unbeeindruckt ihren Strafer zeigte, weiteten sich seine Augen vor Angst.
»Samuel!«, schrie Richard ihn an.
Seine gelblichen Augen kehrten zu Richard zurück und nahmen wieder einen hasserfüllten Ausdruck an.
»Warum hat Shota dich geschickt?«
»Herrin …«, wimmerte er, als seine Wut erlahmte. Sein sehnsuchtsvoller Blick wanderte Richtung Agaden. »Sie schickt Gefährten.«
»Aber warum?«
Richards Wutausbruch, begleitet von einem angriffslustigen Schritt in seine Richtung, ließ ihn zusammenzucken. Bemüht, die beiden keinen Moment aus den Augen zu lassen, wies er schließlich mit langem Finger auf Cara. »Herrin sagt, du sollst hübsche Frau mitbringen.«
Das war überraschend – und zwar aus zwei Gründen. Zum einen war »hübsche Frau« der Ausdruck, den Samuel stets für Kahlan benutzt hatte, zweitens hätte Richard niemals erwartet, dass Shota je den Wunsch verspüren würde, Cara solle ihn nach Agaden begleiten. Irgendwie empfand er ihr Ansinnen als Besorgnis erregend.
»Warum möchte sie, dass mich die hübsche Frau begleitet?«
»Weiß nicht.« Samuels blutleere Lippen teilten sich zu einem Feixen. »Vielleicht, um sie zu töten.«
Cara fuchtelte ihm mit dem Strafer vor dem Gesicht herum. »Soll sie es ruhig versuchen, vielleicht bekommt sie das hier dann noch sehr viel deutlicher zu spüren als du. Vielleicht töte ich nämlich stattdessen einfach sie.«
Vor Entsetzen entfuhr ihm ein schrilles Winseln, und seine Glubschaugen weiteten sich. »Nein! Nicht Herrin töten!«
»Wir sind nicht hergekommen, um Shota irgendetwas anzutun«, versuchte Richard ihn zu beschwichtigen, »aber wir werden uns auch nichts gefallen lassen.«
Samuel, die Knöchel auf den Erdboden gestemmt, beugte sich zu Richard vor. »Wir werden sehen«, knurrte er voller Verachtung, »was Herrin mit dir macht, Sucher.«
Ehe Richard etwas erwidern konnte, schoss Samuel plötzlich davon und verschwand mit verblüffender Behändigkeit im wirbelnden Schneetreiben. Cara wollte ihm schon hinterher, doch Richard bekam ihren Arm zu fassen und hielt sie zurück. »Ich bin nicht in der Stimmung für einen Wettlauf«, gab er als Erklärung an, »außerdem ist es unwahrscheinlich, dass wir ihn einholen. Er kennt den Pfad, wir nicht, außerdem können wir seinen Spuren ohnehin nicht so schnell folgen, wie er sie hinterlässt. Im Übrigen dürfte er zu Shota zurückwollen, und das ist auch unser Ziel. Es wäre unsinnig, unsere Kräfte zu vergeuden, wenn wir ihn am Ende sowieso einholen.«
»Ihr hättet mich ihn töten
Weitere Kostenlose Bücher