Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
ihre Stirn. »Wer?« Richard seufzte. »Schaut, es geschehen fürchterliche Dinge. Kahlan, meine Frau …«
»Deine Frau! Wann hast du dir bloß eine Frau genommen?«
Ihr Gesicht gerann zu einer hasserfüllten Maske mit stechendem Blick. Der plötzliche Zorn, der sich ihrer Züge bemächtigte, und die Art, wie ihr Busen am Saum des tief ausgeschnittenen Kleides wogte, zeigten Richard, dass ihre Überraschung nicht geheuchelt war. Sie erinnerte sich tatsächlich nicht an Kahlan.
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, nahm seine Gedanken zusammen und versuchte es noch einmal.
»Ihr seid Kahlan mehrmals persönlich begegnet, Shota. Ihr habt sie sogar recht gut kennen gelernt. Irgendetwas muss passiert sein, das sie aus jedermanns Erinnerung gelöscht hat. Kein Mensch, nicht einmal Ihr, erinnert sich mehr an sie und …«
»Niemand außer dir?«, unterbrach sie ihn ungläubig. »Du bist der Einzige, der sich an sie erinnert?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Sie mag lang sein, aber das macht sie nicht unbedingt wahrer.«
»Doch, sie ist wahr«, beharrte Richard. Er gestikulierte aufgebracht. »Ihr wart sogar bei unserer Hochzeit.«
Sie verschränkte die Arme. »Das glaube ich kaum.«
»Als ich das erste Mal herkam, hattet Ihr Kahlan gefangen genommen und sie über und über mit Schlangen bedeckt …«
»Schlangen.« Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Du willst also tatsächlich behaupten, ich sei dieser Frau zugetan gewesen, und lässt sogar durchblicken, ich hätte mich ihr gegenüber entgegenkommend verhalten?«
»Das nicht gerade. Ihr wolltet ihren Tod.«
Ihr Schmunzeln wurde breiter. Sie legte ihm wieder ihre Handgelenke auf die Schultern. »Wie schrecklich grob von mir, findest du nicht auch?«
Er fasste sie bei den Handgelenken und schob sie sachte von sich. Wenn er ihr nicht augenblicklich Einhalt gebot, würde sie ihn in kürzester Zeit um den letzten Rest seines Verstandes bringen.
»Damals war ich durchaus dieser Meinung«, gab er zurück. »Denn unter anderem wolltet Ihr verhindern, dass wir überhaupt heiraten.«
Mit einem lackierten Fingernagel fuhr Shota ihm von oben nach unten über die Brust, ehe sie ihn mit einem Blick von unten herauf betrachtete.
»Nun, vielleicht hatte ich ja meine Gründe.« »Die hattet Ihr ganz sicher – Ihr wolltet nicht, dass wir ein Kind in die Welt setzten. Ihr wart der Ansicht, wir würden ein Ungeheuer zeugen, da dieses Kind von mir die Gabe erben und gleichzeitig von Kahlans Seite aus als Konfessor geboren würde.«
»Ein Konfessor!« Shota wich einen Schritt zurück, als sei er plötzlich aussätzig. »Ein Konfessor! Hast du den Verstand verloren?«
»Shota …«
»Es gibt keine Konfessoren mehr, sie sind lange ausgestorben.«
»Das stimmt nicht ganz. Sie sind alle tot, bis eben auf Kahlan.«
Sie wandte sich herum zu Cara. »Hatte er vielleicht ein Fieber oder etwas Ähnliches?«
»Na ja … er wurde von einem Armbrustbolzen getroffen, der ihn beinahe umgebracht hätte. Nicci hat ihn zwar heilen können, trotzdem war er mehrere Tage ohne Bewusstsein.«
Als hätte sie soeben eine heimtückische Intrige aufgedeckt, hob Shota misstrauisch einen Finger. »Jetzt sagt bloß, dabei hat sie subtraktive Magie verwendet.«
»Ja, das hat sie in der Tat«, antwortete er an Caras Stelle. »Und aus ebendiesem Grund hat sie mir das Leben gerettet.«
Shota trat den einen Schritt wieder auf die beiden zu, den sie vor ihnen zurückgewichen war. »Sie hat subtraktive Magie verwendet …«, murmelte sie bei sich, ehe sie wieder zu ihm aufsah. »Und wie hat sie das getan – zu welchem Zweck?«
»Sie hat sie benutzt, um den mit Widerhaken versehenen Bolzen zu entfernen, der in meinen Körper steckte.«
Mit einer ungeduldigen Handbewegung forderte Shota ihn auf fortzufahren. »Sie muss außerdem noch etwas anderes getan haben.«
»Sie hat subtraktive Magie benutzt, um das Blut zu entfernen, das sich in meiner Brust gesammelt hatte. Nach ihren Worten gab es keine andere Möglichkeit, den Bolzen oder das Blut zu entfernen, und beides dort zurücklassen, nun, das hätte unweigerlich zu meinem Tod geführt.«
Shota, eine Hand auf ihrer Hüfte, kehrte ihnen den Rücken zu und entfernte sich einige Schritte, um sich seine knappe Schilderung durch den Kopf gehen zu lassen.
»Das erklärt in der Tat einiges«, meinte sie schließlich betrübt mit kaum hörbarer Stimme.
»Ihr habt Kahlan eine Halskette geschenkt«, warf Richard ein.
Stirnrunzelnd
Weitere Kostenlose Bücher