Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Ihr macht es Euch ein bisschen leicht mit Eurer überraschten Unschuldsmiene, die Ihr jedes Mal aufsetzt, wenn es passiert. Allmählich habe ich den Eindruck, dass Ihr nur deshalb daran festhaltet, weil Ihr es einfach praktisch findet, alles abzustreiten.«
»Das ist nicht wahr, Richard«, erwiderte sie in wohl überlegtem Ton. Sie löste ihre Arme, verschränkte die Hände vor dem Körper und blickte auf den Boden vor ihren Füßen. »Du trägst sein Schwert, ein Punkt, in dem Samuel zugegebenermaßen etwas empfindlich ist. Er hat es nicht aus freien Stücken hergegeben, sondern es wurde ihm weggenommen – mit anderen Worten, es gehört noch immer ihm.«
Um ein Haar hätte Richard widersprochen, doch dann ermahnte er sich, dass er nicht hier war, um über diesen Punkt zu debattieren.
Shota hob den Blick und sah ihm in die Augen. Ihre Verärgerung war offenkundig.
»Und woher nimmst du die Frechheit, dich bei mir über Samuels Benehmen zu beschweren, von dem ich nicht einmal Kenntnis habe, während du dir gleichzeitig herausnimmst, wissentlich mit einer tödlichen Gefahr den Frieden meines Heims zu stören?«
Richard war verblüfft. »Was redet Ihr denn da?«
»Spiel nicht den Dummen, Richard, das passt nicht zu dir. Du wirst von einer völlig unberechenbaren Bedrohung verfolgt. Wie viele Menschen mussten eigentlich schon ihr Leben lassen, nur weil sie das Pech hatten, in deiner Nähe zu sein, als diese Bestie dich suchen kam? Angenommen, sie beschließt, dich ausgerechnet hier töten zu wollen? Du tauchst hier einfach ohne meine Erlaubnis auf, gefährdest dadurch ganz unbekümmert mein Leben, und das alles nur, weil du mal eben etwas von mir willst?
Findest du es etwa richtig, mich in Gefahr zu bringen, nur weil du dich in einer Notlage befindest? Erlaubt dir etwa der Umstand, zu glauben, ich besäße etwas, das du gern hättest, nach Belieben über mein Leben zu verfügen und es einfach einer großen Gefahr auszusetzen?«
»Natürlich nicht.« Richard schluckte. »So habe ich das noch gar nicht betrachtet.«
Shota warf die Hände in die Luft. »Ach, jetzt willst du dich damit rausreden, du hättest mich nur aus Gedankenlosigkeit in Gefahr gebracht?«
»Ich brauche dringend Eure Hilfe.«
»Mit anderen Worten, du erscheinst hier als armseliger Bittsteller, der ungeachtet der Gefahr, in die mich das bringt, um Hilfe bettelt, und alles nur, weil du etwas von mir willst?«
Richard rieb sich die Stirn. »Schaut, ich weiß auch nicht auf alles eine Antwort, aber eins kann ich Euch versichern, ich habe allen Grund zu der Annahme, dass ich Recht habe mit meiner Behauptung, Kahlan existiert und ist verschwunden.«
»Wie ich schon sagte, du willst etwas, machst dir aber nicht die Mühe, das Risiko für andere zu bedenken.«
Er machte einen Schritt auf sie zu. »Das ist nicht wahr. Begreift Ihr denn nicht? Ihr erinnert Euch nicht an Kahlan, niemand außer mir tut das. Denkt nach, Shota, denkt darüber nach, was es bedeuten würde, wenn ich Recht hätte.«
Ein Zucken ging über ihre Stirn, während sie ihn fragend musterte. »Wovon redest du überhaupt?«
»Wenn ich Recht habe, dann ist in der Welt etwas ganz fürchterlich aus dem Lot geraten – etwas, das jedermann, Euch eingeschlossen, Kahlan vergessen macht. Sie wurde aus Eurer Erinnerung gelöscht. Tatsächlich aber ist die Sache noch viel ernster, denn nicht nur die Person Kahlan ist aus der Erinnerung aller gelöscht worden, sondern auch alles, was Ihr oder sonst jemand mit ihr zusammen getan hat. Auch wenn einige dieser Erinnerungslücken nicht weiter von Bedeutung sein mögen, andere dagegen könnten lebenswichtig sein.
Ihr erinnert Euch nicht, gesagt zu haben, dass Ihr mich töten würdet, falls ich es jemals wagen sollte, hierher zurückzukehren. Das aber bedeutet, dass diese Drohung in Eurer Erinnerung irgendwie mit Kahlan verknüpft sein muss, denn sie hatte einen gewissen Anteil an Eurem Entschluss, die Drohung auszusprechen. Weil Ihr Euch aber nicht an Kahlan erinnert, wisst Ihr auch nicht mehr, das zu mir gesagt zu haben.
Begreift Ihr jetzt das ungeheure Ausmaß des Problems? Könnt Ihr nicht ermessen, dass es das Potenzial enthält, sich auf die Wahrnehmung jedes Einzelnen auszuwirken? Wenn alle Menschen vergessen, welche Veränderungen Kahlan in ihrem Leben bewirkt hat, wird ihr künftiges Handeln schwerlich von dem positiven Wandel in ihrem Denken profitieren können.«
Richard stemmte eine Hand in die Hüfte und begann gestikulierend auf
Weitere Kostenlose Bücher