Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
zu befreien.«
Nicci musste so viele Einwände unterdrücken, dass sie kurz vor einem Schlaganfall stand. Die Idee erschien ihr so abwegig, dass sie offenbar nicht einmal wusste, wo sie beginnen sollte. Also atmete sie einmal tief durch, um die Kontrolle über ihre sich überschlagenden Vorbehalte zu gewinnen.
»Richard, du musst einfach aufhören, ständig solche blühenden Fantasien zum Besten zu geben, die nicht einmal zu deiner eigenen Geschichte passen. Diese Viper, wie du herausgefunden zu haben glaubst, müsste in Wahrheit nämlich fünf Köpfe besitzen. Du hast Merissa vergessen.«
»Keineswegs, nur lebt sie nicht mehr. Sie war hinter mir her und hat versucht, mich umzubringen. Ja, sie sprach immer davon, sie wolle in meinem Blut baden.«
Nachdenklich ließ Nicci eine Strähne ihres Haars zwischen Daumen und Zeigefinger hindurchgleiten. »Na ja, zugegeben, ich selbst habe sie diesen Schwur oft äußern hören.«
»Und sie hat auch versucht, ihn in die Tat umzusetzen. Sie war Kahlan und mir durch die Sliph gefolgt. Am Ziel angekommen, nahm ich das Schwert der Wahrheit, das sich mit dem Leben in der Sliph nicht verträgt, wieder an mich, und durchbohrte sie damit, ehe sie hinausklettern konnte. Sie starb noch in der Sliph.
Von den Schwestern der Finsternis, die mir damals die Treue geschworen haben, leben nur noch vier – und diese Schwestern sind besagte vierköpfige Viper. Sie sind es, die an jenem Morgen gekommen sind, um Kahlan zu entführen. Sie haben mich mithilfe ihrer Magie mit einem Bann belegt, damit ich nicht ohne weiteres aufwachte – wobei der Bann, den sie benutzten, irgendetwas Einfaches gewesen sein muss, etwas, das meine Schläfrigkeit verstärkte etwa, damit ich nicht merkte, dass ich unter dem Einfluss magischer Kräfte stand. Und der Ruf des einsamen Wolfes kam auch nicht von einem Wolf, sondern war ein Signal der bereits im Anmarsch befindlichen Truppen. Ich habe ihn wegen des Banns nicht als das erkannt, was er war – der Bann hatte mich so schlaftrunken gemacht, dass ich nicht klar denken konnte, trotzdem war mir sofort klar, dass irgendetwas daran seltsam war. Anschließend haben die Schwestern ihre Spuren mithilfe von Magie verwischt. Sie waren es, die Kahlan entführt haben.«
Nicci raufte sich mit beiden Händen ihr volles Haar. »Aber es sind Schwestern der Finsternis, sie können nicht gleichzeitig dir und dem Hüter über die Bande verbunden sein. Schon der Gedanke ist vollkommen verrückt!«
»Das dachte ich ursprünglich auch, bis Schwester Ulicia mich darauf brachte, dass ich es nur aus meinem Blickwinkel betrachtete. Sie wollte mir die Treue schwören, und im Gegenzug sollte ich Gelegenheit erhalten, sie nach Kahlans Aufenthaltsort zu fragen. Aus Respekt zu ihrem Treueschwur verpflichteten sie sich, die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten; anschließend wollten sie gleich aufbrechen. Sollte ich mich nach mehr als diesem einen Punkt erkundigen, würde das als Bruch unserer Übereinkunft angesehen, und wir wären alle wieder da, wo wir angefangen hatten – sie wären weiterhin Untertanen Jagangs, und Kahlan eine Gefangene. Schwester Ulicia erklärte mir, sie würden unmittelbar im Anschluss an den Treueschwur und meine eine Frage aufbrechen. Sie bekamen ihren Treueschwur, und ich bekam Kahlan.«
»Aber es sind Schwestern der Finsternis!«
»Schwester Ulicia erklärte, wenn sie mich danach nicht bewusst zu töten versuchten, würden sie das eindeutig als zu meinen Gunsten sprechend betrachten. Damit stand dies in ihren Augen in Einklang mit den Bedingungen der Bande, denn natürlich war es mein Wunsch, nicht getötet zu werden. Folglich würden die Bande zu mir nicht verletzt.«
Eine Hand auf der Hüfte, wandte Nicci sich ab. »Auf verschrobene Weise ergibt das tatsächlich einen Sinn. Schwester Ulicia ist mehr als verschlagen; das entspricht genau ihrer Art zu denken.«
Sie wandte sich wieder herum. »Was rede ich da? Jetzt fängst du schon an, mich in deine Wahnvorstellungen hineinzuziehen. Hör auf damit, Richard. Sieh doch, du musst von hier verschwinden, und zwar sofort. Komm jetzt. Cara muss mit deinen Sachen jeden Augenblick hier sein.«
Natürlich wusste er, dass Nicci Recht hatte. Er konnte Kahlan unmöglich finden, wenn er sich ständig darum sorgen musste, wie er sich drei Menschen vom Leib halten konnte, welche die Gabe besaßen, sich ihrer bestens zu bedienen wussten und deren Ziel es war, sein ganzes Denken umzukrempeln. Sie würden ihm kaum
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