Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Richard, ich weiß nur, wie absolut entschlossen sie sind. Was immer du vorbringst, es wird sie nicht davon abbringen, denn sie denken, dass es dir in deinem Zustand gar nicht möglich ist, vernünftig zu handeln, weshalb sie glauben, die Dinge zu deinem Besten selbst in die Hand nehmen zu müssen. Mag sein, dass sie aus Liebe zu dir so handeln, trotzdem ist es falsch. Bei den Gütigen Seelen, Richard, ich glaube ja auch, dass du an irgendeiner Störung leidest, aber ich konnte doch nicht einfach zulassen, dass sie so etwas tun.«
Er drückte ihr die Schulter zum Zeichen seiner Dankbarkeit, dann wandte er sich ab, um das alles erst einmal gedanklich zu ordnen. Für ihn war es nahezu unvorstellbar, dass Zedd einem solchen Vorhaben zustimmte, es sah ihm einfach überhaupt nicht ähnlich.
Sah ihm nicht ähnlich.
Natürlich. Ebenso wenig sah es Ann ähnlich, mit dieser Hartnäckigkeit darauf zu beharren, er müsse notfalls gezwungen werden, an seiner in den Prophezeiungen vorgegebenen Rolle bis zum Ende festzuhalten.
Seit Kahlans Verschwinden hatten sich alle verändert! Selbst Zedd, und das nicht unbedingt auf eine Weise, die in irgendeiner Hinsicht hilfreich war. Selbst Cara hatte sich verändert. Sie war zwar noch immer genauso beschützend, aber jetzt auf eine eher … weibliche Art. Und auch Nicci hatte sich verändert, wenngleich er das Ergebnis in ihrem Fall als eher positiv empfand – jedenfalls von seinem Standpunkt aus betrachtet. Sie hatte alles vergessen, was irgendwie mit Kahlan zu tun hatte, und dies hatte dazu geführt, dass sie ihn, ihren eigenen Ansichten und Interessen zum Trotz, noch mehr in Schutz nahm als zuvor und ihre Bereitschaft, sich für ihn einzusetzen, noch gewachsen war. Ihre Verehrung für ihn hatte enorm zugenommen und mit ihr die Entschlossenheit, ihn gegen jede Gefahr abzuschirmen.
Zedds Veränderung dagegen bot Anlass zu größter Sorge, und auch Anns tyrannischer Zug hatte sich verstärkt, sodass sie eine deutlich gesteigerte Bereitschaft an den Tag legte, sich unmittelbar in Richards Entscheidungen einzumischen und ihm ihre Ansichten aufzunötigen, wie er sich ihrer Meinung nach zu verhalten habe …
Er wandte sich wieder herum zu Nicci.
»Das hätte kaum zu einem unpassenderen Zeitpunkt passieren können. Ich bin gerade dahintergekommen: Bei der Viper mit den vier Köpfen kann es sich nur um die Schwestern der Finsternis handeln.«
»Die Schwestern, die Jagang gefangen hält?«
»Nein – meine ehemaligen Ausbilderinnen, die Schwestern Tovi, Cecilia, Arminia sowie ihre Anführerin, Schwester Ulicia. Schwester Ulicia war es auch, die damals alle meine Ausbilderinnen ernannt hat, Euch eingeschlossen.«
»Richard, das ist doch einfach verrückt. Ich weiß gar nicht …«
»Nein, das ist es keineswegs. An besagtem Morgen, als sich nicht das geringste Lüftchen regte, meinte ich, die Äste sich bewegen zu sehen, tatsächlich jedoch waren es gar nicht die Äste, sondern ebenjene Schwestern, die bei nahezu völliger Dunkelheit durch das Lager schlichen.«
»Aber Jagang hat alle Schwestern der Finsternis in seiner Gewalt.«
»Nein, eben nicht.«
»Er ist ein Traumwandler, Richard. Die Schwestern des Lichts, die frei sind, stehen aufgrund der Bande zu dir nicht unter seinem Einfluss, aber diese Schwestern hat er gefangen genommen – ich war schließlich selbst dabei, als es Jagang gelang, uns in seine Gewalt zu bringen. Es sind Schwestern der Finsternis, und ohne die Bande sind sie dem Traumwandler hilflos ausgeliefert. In meinem Fall waren es meine … Gefühle für dich, die mich mit dir verbanden und die es mir ermöglichten, mich seinem Einfluss zu entziehen. Aber genau das ist ihnen nicht möglich, sie sind dir nicht treu ergeben und könnten es auch gar nicht sein.«
»Oh doch, das können sie durchaus. Sie haben mir den Treueschwur der Bande geschworen.«
»Was! Das ist völlig ausgeschlossen.«
Richard schüttelte den Kopf. »An dem Tag, als es passierte, wart Ihr doch gar nicht bei ihnen. Jagangs Truppen waren im Begriff, den Palast der Propheten einzunehmen. Schwester Ulicia und meine ehemaligen Ausbilderinnen – mit Ausnahme von Euch, da ihr Euch abgesetzt hattet, sowie Liliana, die nicht mehr lebt – wussten, wo Kahlan gefangen gehalten wurde. Sie wollten sich aus Jagangs Herrschaft befreien und unterbreiteten mir ein Angebot: Kahlans Aufenthaltsort im Tausch gegen die Möglichkeit, mir die Treue zu schwören, um sich dadurch aus der Gewalt des Traumwandlers
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