Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
rieb sich die linke Schulter und bewegte versuchsweise seinen Arm. »Schätze ja.«
Vor Ärger leise vor sich hin murmelnd, kletterte Nicci vorsichtig über den Schutt hinweg.
»Habt Ihr eine Ahnung, was hier eigentlich passiert ist?«, fragte einer der Männer.
»Ich bin nicht sicher«, erwiderte Richard. »Ist jemand verletzt?«
Die Männer nahmen sich reihum gegenseitig in Augenschein, bis einige erklärten, vermutlich nicht, alle, die sie kannten, seien nachweislich in Sicherheit. Ein anderer fügte hinzu, die anderen Zimmer im oberen Stock seien ohnehin nicht belegt gewesen.
Richard steckte den Kopf durch das dunkle Loch und rief: »Cara? Ist alles in Ordnung, Cara?«
Aber Cara antwortete nicht, noch rührte sie sich von der Stelle. Sie stand einfach da, als wäre sie in dieser Körperhaltung erstarrt.
Mit einem Gefühl wachsender Besorgnis stieg Richard auch das letzte Stück über das Chaos aus Brettern und zerbröckeltem Putz hinweg und kletterte, sich mit einer Hand an der Decke abstützend, um auf dem schwankenden Schutthaufen das Gleichgewicht zu wahren, durch das Loch in Caras Zimmer. Das Ausmaß der Zerstörung glich weitgehend dem in seinem Zimmer, auch wenn hier zwei Wände statt nur einer gewaltsam durchbrochen worden waren. Allerdings waren die Trümmer der zweiten Wand von der Wucht des Aufpralls bis in Richards Zimmer geschleudert worden. Das Glas ihres Fensters war ebenfalls zerborsten, die Tür dagegen hing, wenn auch schief, noch an ihrem Platz.
Cara stand auf einer Linie genau zwischen beiden Löchern, wenn auch etwas näher an dem großen Nichts, das in Richards Zimmer führte. Der Boden rings um sie her war mit Trümmerteilen übersät; offenbar hatte nur ihr Lederanzug verhindert, dass sie von umherfliegenden Trümmern zerfetzt worden war.
»Cara?«, rief Richard erneut, während er den unter seinen Füßen nachgebenden Trümmerhaufen hinabkletterte.
Cara verharrte nach wie vor regungslos in dem dunklen Zimmer, den Blick noch immer starr in die Ferne gerichtet. Jetzt kletterte auch Nicci über die zersplitterten Bretter durch das Loch in der Wand. Als sie ihn eingeholt hatte, musste sie sich kurz an Richards Arm festhalten, um sich abzustützen.
»Cara?« Nicci schob ihre Hand mit der Flamme darin um sie herum bis vor ihr Gesicht.
Richard hielt die Laterne in die Höhe. Caras Augen waren stark geweitet und starrten blicklos ins Leere. In der Staubschicht auf ihrem Gesicht waren Tränenspuren zu erkennen. Sie hatte ihre Abwehrhaltung nach wie vor nicht aufgegeben, aber als er jetzt unmittelbar neben ihr stand, konnte er sehen, dass sie am ganzen Körper zitterte.
Er fasste sie am Arm, zog seine Hand aber sofort erschrocken wieder zurück. Sie war kalt wie Eis.
»Cara? Könnt Ihr uns hören?« Nicci berührte sie an der Schulter, ehe sie ihre Hand, ebenso überrascht wie Richard, wieder zurückzog.
Cara zeigte keinerlei Reaktion, es war, als wäre sie an Ort und Stelle festgefroren. Nicci schob ihre Flamme dicht vor das Gesicht der Mord-Sith. Ihre Haut wirkte beinahe blassblau, wegen der Schicht aus weißem Staub war jedoch nicht genau zu erkennen, ob das wirklich zutraf oder nicht.
Er wandte sich herum zu den vom schartigen Loch eingerahmten Gesichtern. »Könnte mir vielleicht jemand mit ihr zur Hand gehen?«
Augenblicklich kamen einige der Männer über den Trümmerhaufen hinweg in Caras Zimmer geklettert, was noch mehr Staub aufwirbelte. Jetzt, da immer mehr Laternen gebracht wurden, ließ Nicci die kleine Flamme erlöschen und trat näher an die Mord-Sith heran, während die Männer sich zu einem dichten Knäuel zusammendrängten und die Hexenmeisterin schweigend beobachteten.
Die Stirn vor Konzentration tief zerfurcht, presste Nicci ihrer Gefährtin die Innenflächen ihrer Hände an die Schläfen – nur um sofort mit einem Aufschrei zurückzutorkeln. Richard konnte sie gerade noch mit seiner freien Hand am Ellbogen festhalten, sonst wäre sie rücklings über das Gewirr aus Schutt und Trümmerteilen gestolpert.
»Bei den Gütigen Seelen«, entfuhr es Nicci leise, während sie wie nach einem unerwarteten Schmerz keuchend wieder zu Atem zu kommen versuchte.
»Was ist denn?«, fragte Richard.
Immer noch nach Luft schnappend, legte die Hexenmeisterin ihre Hände auf ihr Herz und versuchte, sich von dem unerwarteten Schrecken zu erholen. »Sie ist kaum noch lebendig.«
Richard wies mit dem Kinn zur Tür. »Wir sollten zusehen, dass wir sie von hier
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