Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
älter als sechs Jahre. Muss so was wie ein Hexenaufspürer sein, keine Ahnung. Jedenfalls stand ich zufällig am Fenster und sah, wie der Knabe auf das Haus des Alten deutete. Die Soldaten stürmten daraufhin sein Haus und zerrten den alten Mann auf die Straße.»
«Und dann?»
«Dann begann der Typ zu schreien, und seine Schreie ließen die Fensterscheiben in der gesamten Umgebung zerbersten.»
«Echt?»
«Ja. Ich musste mir die Ohren zuhalten, es war unerträglich. Sogar ein paar Teller und Tassen in unserer Küche sind einfach zersprungen. Ich sag’s dir, so was hab ich noch nie erlebt. Aber irgendwann gelang es den Soldaten, ihm den Mund zu stopfen, und sie konnten ihn dann abführen.»
«Irre, Mann. Und du hast nie Verdacht geschöpft, dass er ein Hexer sein könnte?»
«Nein. Er schien ein ganz normaler Bürger zu sein. Ich weiß nicht mal seinen Namen. Ich sag dir, die sind clever. Ich würde mich nicht wundern, wenn sogar hier im Camp einer von denen rumläuft, direkt vor unserer Nase, und wir merken’s nicht mal.»
«Du hast Recht. Sie könnten überall sein.»
«Wir müssen die Augen offen halten. Wer weiß, was sie wirklich im Schilde führen.»
«Was auch immer es ist, wir kriegen sie schon. Und dann machen wir sie fertig.»
Yasin hörte, wie die Burschen die Toilette wieder verließen. Sein Herz pochte jetzt noch heftiger als zuvor. Er eilte zur Tür und verriegelte sie von innen. Dann lehnte er sich einen Moment lang dagegen, schloss die Augen, atmete ein paar Mal tief ein und aus und versuchte, sich zu beruhigen.
«Ich bin kein Hexer», flüsterte er immer und immer wieder, «ich bin kein Hexer. Ich heile nicht spontan. Ich bilde mir das alles nur ein. Es ist alles in Ordnung mit mir. Ich bin kein Hexer!»
Er öffnete die Augen wieder und trat zu einem der Waschbecken. Zögernd legte er seine linke Hand auf den Rand des Beckens, fasste den Dolch mit der rechten Hand und hob ihn hoch.
«Ich bin kein Hexer», murmelte er erneut, sah sich im Spiegel an, nickte sich selber zu, biss die Zähne aufeinander, und dann ließ er das Messer mit voller Wucht auf seine Hand niedersausen. Er spürte, wie die Klinge zwischen Daumen und Zeigefinger eindrang. Der Schmerz war nicht viel mehr als ein leichtes Stechen. Er zog den Dolch wieder aus der Hand heraus. Die Wunde war tief und begann sofort stark zu bluten. Wie gebannt fixierte Yasin seine Hand und hoffte, sie würde nicht aufhören zu bluten. Doch sie tat es. Schon wieder … Die Wunde wuchs zu, und Yasin drehte schier durch.
«Nein!», sagte er. «Nein! Blute! Du sollst bluten, verflucht noch mal!»
Er wusste sich nicht mehr zu helfen. Er schlug mit den Fäusten gegen den Spiegel. Der Spiegel zerbrach und zerschnitt ihm seine Hände. Das Blut tropfte ins Waschbecken, aber die Schnittverletzungen heilten einfach wieder zu. Yasin schrie und brüllte. Er ging zum nächsten Spiegel und rammte mit voller Wucht seinen Kopf dagegen. Glassplitter blieben in seiner Stirn stecken, während sein Blut ins nächste Waschbecken, an die Wand und auf den Boden spritzte.
Aber kaum hatte er die Spiegelscherben aus seiner Stirn gezupft, verschwanden die Schnittwunden so rasch, wie er sie sich geholt hatte. Wütend riss er den dritten Spiegel von der Wand und zerschmetterte ihn auf dem Boden. Er zog seine Stiefel und Socken aus und hüpfte barfuß wie ein Verrückter auf den Scherben herum, in der absurden Hoffnung, wenigstens eine Stelle an seinem Körper zu finden, die verletzlich war.
Ohne Erfolg. Sämtliche Wunden heilten ganz von alleine wieder zu, sobald er die Splitter herausgezogen hatte. Yasin war den Tränen nahe. Er setzte sich auf den Boden, mitten in den zerbrochenen Spiegel hinein, und fühlte sich einfach nur elend.
Plötzlich polterte jemand gegen die Tür.
«He! Was geht da drinnen ab? Mach die Tür auf!»
«Einen Moment!», rief Yasin zurück.
Rasch schlüpfte er in seine Socken und Schuhe, sprang auf und öffnete die Tür. Drei kräftige Jungs betraten die Toilette und sahen sich ziemlich perplex um. Die Toilette sah aus, als hätte ein Kampf darin stattgefunden. Überall waren Blutspritzer, und Glasscherben lagen kreuz und quer auf dem Boden verteilt.
«Was ist denn hier passiert?», fragte einer der Jungs.
«Ich hatte Nasenbluten», log Yasin, während er sich eifrig das Blut von Gesicht und Händen wusch. Dann stahl er sich rasch an den Jungs vorbei und huschte aus der Toilette, bevor sie ihm weitere Fragen stellen konnten. Er hatte
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