Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
sie erkennen? Ich meine, rein theoretisch könnte jeder einer von denen sein.»
«Stimmt», gab ihm Jefta Recht. «Vielleicht bist du ja einer.»
Für den Bruchteil einer Sekunde wurde Yasin heiß und kalt zugleich. Doch dann fasste er sich und überspielte die Bemerkung mit einem lockeren Grinsen.
«Ja, vielleicht bin ich einer. Komm mir bloß nicht zu nahe, oder ich verwandle dich in einen Stein, meißle ein Mädchen aus dir und verwandle dich wieder zurück.»
Die Jungs lachten, nur Jefta zog eine Schnute, und Boris versetzte Yasin einen freundschaftlichen Boxhieb in die Seite.
«Du bist echt in Ordnung, Yasin. In welchem Klassenzimmer übernachtest du?»
«19 B.»
«Komm doch zu uns. Wir sind im vierten Stock, 25 F.»
Yasin schob sich sein nasses Haar aus der Stirn und nickte. «Sehr gerne. Danke, Jungs.»
Die fünf Burschen nickten ihm kumpelhaft zu und gaben Yasin das gute Gefühl, von ihnen akzeptiert zu sein. Er atmete innerlich auf. Es stand ihm also doch nicht auf die Stirn geschrieben, dass er anders war. Im Gegenteil. Die Jungs hatten ihn soeben in ihre Clique aufgenommen. Sie fanden ihn sogar cool! Was konnte er sich mehr wünschen?
46
Als Sihana am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie das Gefühl, tausend Schmetterlinge würden in ihrem Bauch herumflattern. Sie verbrachte mindestens doppelt so viel Zeit wie üblich vor ihrem Spiegel und war furchtbar nervös. Als Miro unter seinem Mantel hervorkroch, zu ihr hinüberblickte und ihr einen guten Morgen wünschte, wäre sie beinahe dahingeschmolzen.
Joash stieß Miro amüsiert in die Seite. «Sag mal, Alter, läuft da was zwischen dir und unserm Leuchtkäferchen?»
«Jedenfalls nicht mehr als zwischen dir und Katara», raunte Miro zurück, worauf Joash ihn mit großen Augen ansah und sich inbrünstig rechtfertigte:
«Ey, da läuft nichts.»
Miro grinste nur und klopfte Joash auf die Schulter. «Ich bin nicht blind, Joash. Du magst sie.»
«Blödsinn», knurrte er.
«Und ich glaube fast, sie mag dich auch.»
Sein Gesicht hellte sich auf. «Denkst du wirklich?»
In diesem Moment wurde ihr Gespräch von einem lauten Scheppern unterbrochen. Katara war offenbar gestolpert und zwischen ein paar Töpfe und Essschalen gefallen. Joash war sofort zur Stelle.
«Alles in Ordnung?»
«Es ist mein Bein», sagte Katara. «Ich glaube, die Wunde hat sich doch entzündet.»
«Lass mal sehen», meinte Joash und kniete neben ihr nieder. Schon als er ihr den rechten Stiefel auszog, verzog Katara das Gesicht vor Schmerzen. Joash löste den Verband, und dann zog auch er eine Grimasse.
«Autsch, das sieht aber gar nicht gut aus.»
Der Unterschenkel war dick geschwollen und die Haut rötlich gefärbt. Katara spürte die Wunde pulsieren. Ihr Bein fühlte sich an wie ein Backofen.
«Sihanas Wundersalbe scheint nicht zu wirken», stellte sie fest.
«Kannst du überhaupt auftreten?»
Katara versuchte vorsichtig, damit die tiefe Wunde nicht wieder aufbrach, das Bein zu belasten, jaulte aber gleich auf und setzte sich wieder hin.
«So ein Mist aber auch», sagte sie.
In der Zwischenzeit hatten sich auch Miro, Sihana und Aliyah um Katara geschart und betrachteten ratlos ihr entzündetes Bein.
«Sieht nach einer Blutvergiftung aus», sagte Pishda und stellte sich mit verschränkten Armen hinter die Jugendlichen. «Ein Freund von mir ist einmal von einem Hund gebissen worden und hat sich dabei eine Blutvergiftung eingefangen. Er hat leider nicht überlebt.»
Joash sah ihn mit finsterer Miene an. «Was mit deinem Freund passiert ist, ist uns piepegal, Lendenschurzhüpfer. Das hier ist keine Blutvergiftung.»
«Aber es könnte leicht eine werden», gab ein zweiter Pishda seine Meinung zum Besten, und ein dritter gesellte sich dazu und berichtete:
«Ist eine üble Sache, so eine Blutvergiftung. Mein Freund hat sich erst gar nichts dabei gedacht. Der Hundebiss war schon seit Wochen verheilt, als er plötzlich hohes Fieber kriegte.»
«Wir wollen die Geschichte nicht hören, klar?!», rief Joash verärgert, aber ein vierter Pishda erzählte einfach weiter.
«Plötzlich kriegte er also hohes Fieber. Das Blut gerann in seinen Adern, seine Haut lief purpurfarben an, und dann versagten die inneren Organe. Er starb innerhalb weniger Tage.»
«Sehr ermutigend», knirschte Joash und funkelte alle vier Pishdas an. «Wirklich sehr ermutigend!»
«Und was machen wir jetzt?», überlegte Aliyah.
«Ich glaube, mit einer Krücke wird es schon gehen», meinte Katara,
Weitere Kostenlose Bücher