Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
Umhang.
«Und? Habt Ihr Antworten für mich?», fragte er ungeduldig.
Die Alte lachte, packte den Geldbeutel mit ihren Krallenfingern, warf einen flüchtigen Blick hinein und steckte den Beutel in ihr Kleid. «Geduld, Eure Hoheit. Geduld. Gleich werde ich Euch alles sagen, was Ihr wissen müsst. Habt Ihr meinen Rat befolgt, den ich Euch letztes Mal gab? Ist das Schwert noch in Eurem Besitz?»
Sie setzte sich ihm gegenüber, öffnete das Holzkästchen und klaubte ein rotes Tuch heraus.
«Ja, ist es», antwortete Drakar. Er schob seinen Mantel etwas zur Seite, damit sie das Schwert sehen konnte, das an seiner Hüfte hing. «Ich trage es Tag und Nacht bei mir, wie Ihr gesagt habt, Myrtha.»
«Gut», grinste das verhutzelte Weib und zeigte dabei seine verfaulten Zähne, «gebt es niemals aus den Händen. Solange das Schwert Eures Feindes in Eurer Hand ruht, seid Ihr unbesiegbar, Eure Hoheit.»
Sie schlug die Enden des roten Tuches auseinander, und ein paar Knochen kamen zum Vorschein. Die Alte nahm sie in die Hände wie Würfel, schüttelte sie und warf sie mit einer ruckartigen Bewegung auf den Tisch. Drakar beobachtete jede ihrer Bewegungen mit gebannter Aufmerksamkeit.
«Und? Was seht Ihr?»
«Schsch!», machte Krallen-Myrtha, legte den Zeigefinger auf den Mund und starrte auf die Knochen und die Art und Weise, wie sie auf dem Tisch lagen. «Ich sehe Schatten», raunte sie. «Dunkle Schatten. Ihr habt sechs Männer ausgesandt, um den Feind zu vernichten und die Prophezeiung aufzuhalten. Doch sie haben seit Tagen keinen Kontakt mehr zu Euch aufgenommen, und das beunruhigt Euch sehr.»
Drakar nickte und rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. «Was ist mit ihnen? Wo sind sie?»
Die Bucklige sah ihn ungerührt an. «Fünf von ihnen sind tot, Eure Hoheit.»
Ein Fluch ging über Drakars Lippen. Er schlug die Fäuste auf den Tisch, worauf die Knochen sich durch die Vibration leicht verschoben. Die Alte machte eine Bewegung, als würde sie eine Fliege verscheuchen.
«Lasst das!», fauchte sie.
«Was ist mit dem sechsten?», wollte Drakar wissen.
«Ich sehe es nicht mehr», entgegnete Krallen-Myrtha und sah den König vorwurfsvoll an. «Ihr habt das Bild verzerrt.»
«Dann werft die Knochen nochmals!»
«So geht das nicht», sagte das Weib. «Wenn die Knochen gefallen sind, sind sie gefallen.»
Der junge König sah auf die Knochen, dann auf die alte Frau und zischte angespannt: «Wagt es nicht, mir etwas zu verheimlichen! Sagt mir alles, was Ihr seht! Alles!»
Das Weib beugte sich wieder über die Knochen. Ihr Gesicht war wie versteinert, während sie ihre Finger über die Knochen gleiten ließ, ohne sie zu berühren.
«Was ist mit dem sechsten?», wiederholte Drakar seine Frage hektisch. «Wird es ihm gelingen, ihn, den ich bis aufs Blut hasse, zu töten, bevor die Prophezeiung sich erfüllen kann?»
«Das Bild ist verschwommen», murmelte Myrtha. «Alles, was ich sehe, ist …» Sie stockte.
«Was?», rief Drakar. «Was seht Ihr? Was?!»
«Krieg», sagte sie tonlos und sah Drakar direkt an. «Ich sehe Krieg.»
Der Rabe auf ihrer Schulter flatterte wild mit den Flügeln und krächzte laut. Drakars Lederhandschuhe knirschten, als er seine Hände zu Fäusten ballte. «Wann?», fragte er ohne Umschweife. «Wo?»
«Ruft Eure Truppen zusammen und marschiert Richtung Südosten», antwortete ihm die Alte. «Lagert Euch vor dem großen Osttor.»
Drakars Wangenknochen strafften sich. «Und dann?»
«Dann wartet Ihr, bis das Tor sich öffnet.»
Der König stutzte. «Das Tor ist seit vierzig Jahren verschlossen. Schon mein Vater versuchte vergeblich, dem, dessen Name nicht genannt werden soll, den Schlüssel dafür abzunehmen. Viele haben seither versucht, das Tor mit Gewalt aufzubrechen. Ohne Erfolg. Es gibt keinen, der in der Lage wäre, dieses Tor zu öffnen, keinen Einzigen.»
Myrtha ging nicht darauf ein. «Geht und bereitet Eure Männer auf die Schlacht vor!», sagte sie und blickte den König energisch an. «Euch bleibt nur noch wenig Zeit. Der Krieg ist nicht mehr aufzuhalten, Eure Hoheit. Er hat bereits begonnen! Geht!»
Drakar erhob sich, stapfte unentschlossen zur Tür und drehte sich nochmals um.
«Eine Frage habe ich noch: Werde ich den Krieg gewinnen?»
Die Alte ließ ein leises Gackern vernehmen, während sie die Knochen vom Tisch einsammelte und in das rote Tuch einwickelte.
«Ja, Eure Hoheit», antwortete sie, und ihre Augen funkelten keck, «Ihr werdet siegen!»
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In den
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