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Das Schwert des Königs - Dark City ; 3

Das Schwert des Königs - Dark City ; 3

Titel: Das Schwert des Königs - Dark City ; 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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zuvor hatten sie etwas Derartiges gesehen, und sie fragten sich, wie es kam, dass sie nichts von der Existenz dieses riesigen Bauwerks gewusst hatten. Groß und unheimlich stand die Mauer da. Unüberwindbar hoch. Sie erstreckte sich über die grüne Ebene, so weit das Auge reichte.
    Ein paar junge Kerle versuchten aus Spaß daran hochzuklettern. Doch keiner von ihnen fand auch nur eine einzige Ritze, an der ihre Finger Halt gefunden hätten. Der glänzende schwarze Stein, aus dem die Mauer gebaut war, war wie eine spiegelglatte Fläche, und obwohl die Sonne heiß von einem wolkenlosen Himmel strahlte, war die Mauer eisig kalt.
    Staunend wandelten die Menschen durch das offene Tor. Die einen trugen nichts weiter als ein Bündel auf dem Rücken, andere hatten ihr ganzes Hab und Gut auf Karren geladen, die von Ochsen gezogen wurden. Jeder hatte das mitgenommen, was er für unentbehrlich hielt. Die einen hatten ihre Esel mit so viel Essensvorräten bepackt, dass die armen Tiere unter dem Gewicht beinahe zusammenbrachen. Andere hatten Leiterwagen an ihre Fahrräder gehängt, worauf sie alles festgebunden hatten, was irgend darauf Platz hatte: Kleider, Pfannen, Hörscheibenspieler, Kommunikatoren, Holzlochkameras, Uhren, Teppiche, Sofas, Spiegel, Ölgemälde, allerlei Werkzeug und sogar kostbare Glas- und Metallskulpturen.
    Nachdem alle das Tor durchschritten hatten, knarrten und ächzten die gewaltigen Türflügel, wie wenn zwei Mühlsteine sich aneinander reiben, und das gigantische Tor, das aus demselben stahlharten Material gefertigt war wie die Mauer selbst, schloss sich hinter ihnen.
    Und damit entschied sich das Schicksal der Menschen auf Shaíria, sowohl derjenigen, die in den Mauerring gezogen, als auch derjenigen, die draußen geblieben waren. Und was seit tausend und abertausend Jahren prophezeit war, nahm seinen unabwendbaren Lauf …

9
    Vierzig Jahre später … im Norden, außerhalb der Mauer …
    Eine trostlose, karge Landschaft. Bizarre, zerklüftete Felsen. Grauer Schotter, so weit das Auge reichte. Hier ein pechschwarzer Steilhang, dort eine Ansammlung rundlicher Hügel, von giftgrünem Moos überzogen. Schroffe Berge in allen Farbtönen von zitronengelb bis rostrot, durchzogen von grauschwarzen eingetrockneten Lavaströmen, aus denen weißer Dampf züngelte. Die Sicht war zwar nicht durch Nebel getrübt wie in Dark City, dafür war die gesamte Landschaft von einem zähen, schwarzen Qualm überspannt. Wie die gewaltigen Schwingen einer Fledermaus hing er schwer und undurchdringlich über den Spitzen der Berge und verlieh dem Land etwas Düsteres, Erdrückendes.
    Joash, Miro, Katara, Aliyah und Sihana schauten sich mit einem mulmigen Gefühl im Magen um. Die Gegend, in der sie der zweiköpfige Drache abgesetzt hatte, bevor er sich wieder in die finsteren Lüfte geschwungen und über ihren Köpfen am schwarzen Himmel verschwunden war, hatte so gar nichts Einladendes an sich. Sie war ein einziges Inferno aus Rauch, Dampf und Dunkelheit.
    «So sieht es also außerhalb der Mauer aus.»
    «Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals die andere Seite sehen würde.»
    «Glaubt ihr, hier gibt es überhaupt noch Leben?»
    «Sieht nicht danach aus, wenn ihr mich fragt.»
    «Und ich habe geglaubt, Dark City wäre düster.»
    Vierzig Jahre stand diese Mauer schon. Und dreiunddreißig Jahre war es her, seit die größte Naturkatastrophe in der Geschichte Shaírias die paradiesische Insel heimgesucht hatte. Die Legende sagte, Gott hätte sich von Shaíria abgewandt und seinen Zorn über der Insel ausgeschüttet. Ein feuerglühender Berg war an der Küste ins Meer gestürzt, und eine gigantische Sturmwelle aus blutrotem Feuer und brodelndem Wasser war über die Insel hinweggefegt und hatte im Bruchteil einer Sekunde ganze Dörfer und Städte von der Landkarte getilgt. Zurückgeblieben war nichts als Schutt und Asche. In einem einzigen Augenblick war eine fortschrittliche Gesellschaft mitsamt all ihren technischen Errungenschaften durch eine Wolke aus Glut und siedendem Wasser fast vollständig ausgelöscht worden.
    Die einzigen Menschen, die überlebten, waren diejenigen, die in Dark City, dem Gebiet innerhalb des großen Mauerrings, lebten. Die Mauer war es gewesen, die die Bevölkerung vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Viele hatten seither versucht, über den Wall zu klettern, um zu sehen, was von der Insel noch übriggeblieben war. Aber keinem war es bisher gelungen, das Gebiet innerhalb des Mauerrings zu verlassen.

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