Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
als es in Wirklichkeit war. Das Monogramm an der Schneide, das Kennern Herkunft und Qualität der Waffe verriet, hatte ich sicherheitshalber schon vor längerer Zeit herausgefeilt. Nachdem ich die Feuerklinge in die Scheide gesteckt hatte, schnallte ich sie mir auf den Rücken – über der Jacke, damit ich jederzeit Zugriff hatte.
Danach packte ich das Nötige für eine Zweitagesreise zusammen und warf es in eine Satteltasche. Fünf Goldstücke verstaute ich in meiner Jacke, den Rest im hohlen Absatz meines rechten Stiefels. Bevor ich nach unten ging, sperrte ich noch das innere Bureau ab.
Angelina spülte gerade die Bierkrüge und blickte nur kurz von der Arbeit auf, als sie mich sah. Um diese Zeit, kurz nach Mittag, war in der Schenke noch nicht viel los. Um die beiden Stammgäste brauchte sich im Moment niemand zu kümmern, sie hatten ihr Bier bereits vor sich stehen.
Angelina war zwar nicht mehr die Jüngste, aber immer noch schön. Sie besaß die Art von Schönheit, die einem erst nach und nach auffällt. Je mehr Zeit ich mit ihr verbracht hatte, desto anziehender fand ich sie. Sie hätte sehr viel mehr aus ihrem Leben machen können, statt sich als Wirtin dieser miesen Schenke abzurackern. Es kam durchaus vor, dass sie grapschende Männer abwehren und rüde Bemerkungen ertragen musste. Vermutlich betrachtete sie die oft beachtlichen Trinkgelder als Ausgleich dafür. Ich wusste, dass sie sich vor irgendetwas oder irgendjemandem versteckte, aber das war eine Sache, die mich nichts anging. Wir alle haben unsere Geheimnisse.
Kalli, das Schankmädchen, stand am Ende der Theke, damit beschäftigt, einen Kreis aus Kieselsteinen um einen kleinen Metallkelch zu legen. Als der Kreis geschlossen war, maß sie irgendein Pulver ab und schüttete es vorsichtig in den Kelch. Dabei blickte sie immer wieder auf das daneben liegende Pergamentblatt, auf dem ich rote Schriftzeichen erkannte. Während sie las, bewegte sie die Lippen.
»Was machst du da eigentlich?«, fragte ich sie. Kalli war
ein hübsches Mädchen, aber ich hatte schon Glühwürmchen mit mehr Verstand gesehen.
»Das ist ein Zauberspruch, der dafür sorgt, dass es aufhört zu regnen«, erklärte sie und las weiter. »Hab’s satt, mir jeden Abend den Matsch von den Zehen zu pulen.«
»Ein Zauberspruch? Lässt du dich etwa zur Mondpriesterin ausbilden, Kalli?«
»Unsinn, aber ich hab diesen Zauberspruch von einer Mondpriesterin bekommen. Hat mich drei Goldstücke gekostet.«
»Gekaufte Zaubersprüche sind das Blut nicht wert, mit dem sie geschrieben sind«, bemerkte Angelina trocken.
Kalli blickte pikiert auf. »Tja, ich hab den Spruch gekauft, damit der Regen aufhört. Und immerhin hat er jetzt aufgehört.«
»Ist es jetzt schon so weit, dass ein Schankmädchen das Wetter lenken kann?«, schnaubte Angelina. »Was werden sich diese Mondpriesterinnen als Nächstes einfallen lassen?«
»Jeder hier weiß, wie verbittert du bist, Angelina«, gab Kalli scharf zurück. »Aber nach einer Weile ermüdet einen deine ewig schlechte Laune. Anstatt nur rumzumeckern versuche ich wenigstens, was zu bewegen!«
»Dann beweg deinen Hintern am besten gleich mal zu dem Ecktisch. Die Teller räumen sich nämlich nicht von selbst ab. Es sei denn, du hast auch dafür einen Zauberspruch gekauft. Vielleicht zahle ich dir zu viel, wenn du mit dem Gold derart um dich werfen kannst.«
Kallis Augen füllten sich mit Tränen. »Du bist wirklich gemein, Angi!« Sie rollte ihr Pergamentblatt zusammen und stapfte in die Küche.
Ich sah Angelina an. »Stimmt. Die Bemerkung war wirklich gemein.«
Kurz schimmerte so etwas wie ein schlechtes Gewissen in ihrem Blick auf, doch gleich darauf wurde er wieder hart. »Kann keine Bedienung gebrauchen, die immer noch an Magie glaubt. Kallis Religion sollte darin bestehen, Kunden zu bedienen und Trinkgelder zu kassieren.«
»Du glaubst also nicht an Magie?«
Sie schnaubte verächtlich. »Du etwa?«
»Ich glaube an gewisse Möglichkeiten.«
»Dann nenn mir doch irgendwas Magisches, das du mit eigenen Augen gesehen hast.«
»Dich im Schein des Feuers, mein Engel. Wirklich zauberhaft.«
Sie brach in bellendes Lachen aus und wandte sich wieder dem Abwasch zu. »Du willst also verreisen?«
»Ja, aber nur kurz. Müsste spätestens übermorgen zurück sein.«
»Hat das was mit diesem klapprigen Alten zu tun, der vorhin die Treppe runterkam?«
»Wo lebst du eigentlich, Engel?«
Sie grinste und zwinkerte mir über die Schulter zu. »Hast ja
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