Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
nichts. Auf meinem Rücken ist ein falinesisches Tanzmädchen eintätowiert!« Und mit diesen Worten griff sie an, was mich genauso verblüffte wie die Männer.
Sie täuschte eine Attacke auf den augenscheinlich Schwächeren der beiden vor, und als der Stämmigere das für sich ausnutzen wollte, war sie längst darauf vorbereitet. Sie trat ihm hart in den Schritt, wirbelte herum und schlitzte ihm die Kehle auf – und das nicht nur oberflächlich. Um sicherzugehen, dass sie ihn tödlich verletzt hatte, schwang sie die Arme und ging mit beiden Stichwaffen nochmals auf ihn los. Falls eine ihn verfehlte – was nicht der Fall war –, würde die andere ihm den Rest geben.
Doch das sprichwörtliche Glück der Dummen kann manchmal die besten Pläne durchkreuzen. Der größere der beiden war so stämmig, dass sein Schwung ihn schneller vorwärts trug, als sie darauf reagieren konnte. Während ihm das Blut aus dem Hals schoss, stolperte er auf sie zu, warf sie mit seinem Gewicht um und begrub sie unter sich. Sofort nutzte der andere Kerl die Gelegenheit dazu, sich auf sie zu stürzen.
Das heißt: Er hätte es getan, wäre ich ihm nicht zuvorgekommen. Das Messer, das ich in seine Richtung schleuderte, traf ihn mitten ins Herz. Er taumelte noch ein paar Schritte vorwärts, dann brach er zusammen. Niemals
würde er erfahren, was ihn getroffen hatte. Nachdem ich mir sicher war, dass er tatsächlich für immer außer Gefecht gesetzt war, ging ich zu dem Mädchen hinüber, das immer noch unter dem riesigen Kerl lag. »Und?«, sagte sie, während sie schwer atmend zu mir aufblickte. »Kannst du auch noch was anderes tun, als nur blöd zu glotzen? Ich könnte ein bisschen Hilfe gebrauchen.«
»Die hast du schon bekommen«, erwiderte ich und zog mein Messer aus der Brust des Toten. Nachdem ich das Blut an dessen Hose abgewischt hatte, verstaute ich es wieder im inneren Seitenfach meines Stiefels. »Aus dieser Klemme kannst du dich sicher auch selbst befreien.«
Sie funkelte mich wütend an, wiederholte ihre Bitte jedoch nicht, und stand, nachdem sie sich unter Einsatz aller Kräfte unter dem stämmigen Kerl hervorgewunden hatte, zerknittert und zerzaust, aber unversehrt auf. Ihre Kleidung war zwar mit Blut besudelt, aber das stammte nicht von ihr. Als der Mann, den sie als Ersten angegriffen hatte, aufstöhnte, trat sie ihm so heftig gegen den Kopf, dass er erneut das Bewusstsein verlor. Danach drehte sie sich zu mir um, sodass ich sie zum ersten Mal aus der Nähe betrachten konnte.
Sie hatte breite Schultern und einen schlanken, schmalen Körper, der vermuten ließ, dass unter der weiten Kleidung harte Muskeln verborgen waren. Durch die rechte Augenbraue schnitt eine tiefe Narbe, die bis zum Haaransatz reichte, wo eine weiße Strähne spross. Ihr Gesicht wirkte eher niedlich als schön, und ich hätte wetten können, dass ihr das bewusst war und sie höllisch nervte.
»Und was jetzt?«, blaffte sie mich herausfordernd an.
Selbstverständlich hielt sie mich für einen weiteren Banditen.
»Darf ich mal die Tätowierung auf deinem Rücken sehen?«, fragte ich grinsend.
»Hast du mir nur deshalb geholfen?«
»Ach was, es sah so aus, als könntest du Unterstützung gebrauchen, also hab ich sie dir gegeben. Lassen wir’s dabei. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.«
»Und das war’s schon?«, rief sie mir nach, als ich mich zur Straße wandte.
»Ja, das war’s«, gab ich über die Schulter zurück.
Sie stöhnte gereizt auf. »He, warte doch einen Augenblick, ja?«
Ich blieb stehen.
»Wo willst du eigentlich hin?«, fragte sie, als sie mich eingeholt hatte.
»Nirgendwohin«, erwiderte ich, und das war keineswegs gelogen.
Sie holte tief Luft, um wieder zu Atem zu kommen. »Hör zu: Du kannst ziemlich gut mit dem Messer umgehen und vermutlich auch mit diesem Schwert da. Außerdem scheinst du ein anständiger Kerl zu sein. Zumindest hast du nicht versucht, mir an den Geldbeutel zu gehen. Oder an die Wäsche …« Sie brach ab und zog die Augenbrauen zusammen, als wären ihr die offenen Worte peinlich.
»Spuck schon aus, worauf du hinauswillst, jetzt oder nie.«
»Na ja, es geht einfach darum … Ich bin eigentlich keine Kämpfernatur. Und ich arbeite erst seit Kurzem als Bote … als Botin. Liefere Sachen aus. Und in den letzten fünf Tagen
hab ich sechs solcher Kämpfe durchstehen müssen. Meistens hat sich’s nicht mal um die Fracht gedreht, die ich zustellen sollte.« Sie deutete auf ihren Körper. »Du
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