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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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hatte. Und auch, dass der harte
Aufprall ihr das Gedächtnis geraubt hatte. Aber das erklärte noch lange nicht, wie ein Pferd in den Himmel gelangt sein sollte. Und warum die Königin Rhiannon der Königin der Pferde, Epona Grau, wie aus dem Gesicht geschnitten war.
    Unsinn , schalt ich mich, drück dich doch nicht vor der Wahrheit. Königin Rhiannon ist Epona Grau!
    Epona Grau, Kathi Dumont, Stan Carnahan und der mysteriöse Andras Reese: Seit mehr als zehn Jahren hatte ich an all diese Namen, all diese Menschen nicht mehr gedacht. Sie stammten aus einer Zeit in meinem Leben, in der ich viel zu schnell unkluge Verbindungen eingegangen war und mich zu Dingen verpflichtet hatte, die ich nicht einlösen konnte. Seitdem hatte ich viel dazugelernt.
    Angeblich schadet einem eine allzu gründliche Selbstschau genauso sehr wie die Trunkenheit. Die Leute, die so etwas behaupten, verbringen viel Zeit mit der Selbstprüfung, also werden sie wohl wissen, wovon sie reden. Eine von außen aufgedrängte Selbstprüfung kann sogar noch schlimmer sein, denn kein Mensch wird je dazu gezwungen, die guten Seiten seiner Vergangenheit zu rekapitulieren. Schließlich befasst man sich mit Geschichte, um nicht noch einmal die gleichen Fehler zu machen, und nicht zu dem Zweck, in alten Freuden zu schwelgen. Und so prägen sich Niederlagen deutlicher ein als Siege, und Bestattungen bleiben einem lebhafter in Erinnerung als Hochzeiten.
    Mir war meine Vergangenheit zuwider. Doch nur darin konnte ich einen Schlüssel dafür finden, dass Phils Sohn spurlos verschwunden war. Die Ähnlichkeit zwischen der Königin Rhiannon und Epona Grau war so auffällig, dass
sie nicht auf einem Zufall beruhen konnte. Doch wie hatte eine Frau, die bei unserer letzten Begegnung im Sterben gelegen hatte, so weit reisen können – sowohl zeitlich als auch räumlich gesehen –, dass sie als diese in Sonne getauchte Schönheit wiederauferstanden war?
    Die Spur zu Epona Grau reichte dreizehn Jahre in meine Vergangenheit zurück, fast so weit wie die zu Phil und Janette. Ich hatte selten an diese Zeit in meinem Leben gedacht, doch jetzt musste ich nicht nur die eigenen Schritte zurückverfolgen, sondern auch meine sonstigen Erinnerungen und Gefühle durchforsten. Es musste irgendetwas, irgendeine besondere Einzelheit geben, die die Verbindung zwischen Epona und Rhiannon herstellen konnte. Und wenn ich erst einmal wusste, wieso Epona zu Rhiannon geworden war – egal, wie sie das angestellt haben mochte –, würde ich vielleicht auch in Erfahrung bringen, warum jemand sie so sehr hasste.
    Also ritt ich bei Tagesanbruch Richtung Cazenovia, überquerte irgendwann die Brücke bei Poy Sippi und bahnte mir durch den dichten Wald den Weg zu dem verborgenen Ort, der Epona Grau vor langer Zeit Schutz geboten hatte. Nacht für Nacht befasste ich mich aufs Neue mit jenen Tagen, denn ich hoffte, in meinen Erinnerungen einen entscheidenden Hinweis zu finden. Die Vergangenheit überflutete mich, wie der Fluss Neceda überschwemmt hatte, und ließ genau wie der Strom Trümmer zurück: Kummer, Erinnerungen an das eigene Versagen und den Tod.
     
    In der ersten Nacht meiner Spurensuche kehrten meine Gedanken zu der Zeit nach Janettes Tod zurück, als ich
mich das erste Mal heimlich aus Arentia geschlichen hatte. Damals war ich sechzehn gewesen und hatte nur eines gewusst: Nie im Leben wollte ich den Menschen, die mich kannten, noch einmal begegnen – weder meinen Eltern noch meinen Freunden, und schon gar nicht Phil. Als meine Wunden einigermaßen verheilt waren, fuhr ich mit einem Flanellhändler bis zur Grenze und verbrachte die folgenden drei Monate in ständiger Trunkenheit. Ich geriet in alle möglichen Streitereien und hurte unterwegs so lange herum, bis ich pleite war. Es ging mir dabei nicht darum, die Erinnerung an Janette auszulöschen oder den Tod zu suchen, um mich wieder mit ihr zu vereinen. Nein, ich wollte einfach einen neuen Eddie LaCrosse schaffen, einen Menschen, der niemals wohlhabend, tapfer oder glücklich gewesen war. Diese andere Version von Eddie war gemein, selbstsüchtig und ließ sich von niemandem etwas gefallen.
    Irgendwann, viele Monate nach meiner Verwandlung, wachte ich ohne jedes Geld, zerschrammt und völlig verkatert im Bett eines mir unbekannten Mädchens auf. Als die Kleine nach ihrer Bezahlung schrie, schlug ich sie, und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem mir jeder

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