Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
weißt schon, was ich meine, oder?«
»Tja.«
»Und ich hab verdammt wenig Lust, unterwegs die ganze Zeit so zu tun, als wäre ich ein Junge. Und noch weniger, mich flachlegen zu lassen, wie man so schön sagt.«
»Verständlich.«
»Und deshalb …« Erneut stockte sie. Offenbar musste sie für die nächsten Worte erst Mut sammeln. »Und deshalb würde ich dich für die restliche Strecke gern als Begleiter anheuern.«
»Die restliche Strecke wohin?«
»Das sag ich dir, sobald ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Bis dahin musst du dich einfach an meine Fersen heften und ein grimmiges Gesicht ziehen.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und wartete auf meine Antwort. Vor Anspannung war ihr das Blut ins Gesicht geschossen, was ihre Sommersprossen hervorhob.
»Du kennst mich doch nicht mal.«
Sie verdrehte die Augen. »Stimmt, und ich hab auch keine Zeit, mir deine blöden Dienstzeugnisse anzuschauen. Aber ich besitze eine ziemlich gute Menschenkenntnis und liege bei schnellen Entscheidungen fast immer richtig. Also, wenn du mitkommen willst, lass uns losziehen. Und wenn nicht, sag’s jetzt.«
»Und was springt für mich dabei heraus, mal abgesehen von deiner reizenden Gesellschaft?«
»Meinen halben Lohn hab ich als Vorschuss bekommen.
Ich geb dir die Hälfte davon, das heißt ein Viertel der gesamten Summe.«
»Rechnen kann ich selbst, aber wie viel genau hab ich dann in der Tasche?«
Sie nannte eine recht eindrucksvolle Summe.
»Abgemacht. Und wohin geht’s?«
»He, ich hab hier das Sagen und werd dir immer nur so viel verraten, wie du unbedingt wissen musst. Bis ich weiß, dass ich dir vertrauen kann, wie ich schon sagte.«
»Ist aber nicht besonders schlau von dir, einen Leibwächter anzuheuern, dem du nicht vertraust.«
»Du bist nicht mein Leibwächter!« Es klang fast wie ein Knurren. »Verdammt noch mal, auf meinen Körper kann ich selbst aufpassen, vielen Dank auch. Du bist nur dabei, damit wir schneller vorankommen und bald ausliefern können.«
»Also bin ich nur dein Vorzeigemann, sozusagen der Zuckerguss auf dem Kuchen.«
Sie runzelte die Stirn, doch ihr Blick wirkte belustigt. »Eher die Spinatbeilage beim Sonntagsbraten, würde ich sagen. Spinat ist zwar gut für die Gesundheit, aber kein Mensch mag ihn.«
»Falls du künftig auf gesunde Ernährung verzichten willst, sollte ich mir wohl besser auch die Hälfte meines Lohns als Vorschuss auszahlen lassen.«
Sie zuckte die Achseln. »Falls dir das ein Gefühl von Sicherheit gibt…« Sie holte eine Handvoll Münzen heraus, zählte die Hälfte der vereinbarten Summe ab und gab sie mir.
»Jetzt kannst du mir vertrauen«, versicherte ich ihr, während ich das Geld einsteckte.
»Nur halbwegs«, schoss sie zurück, grinste aber dabei.
Und so begegnete ich Kathi Dumont, Inhaberin und einziger dienstbarer Geist des Unternehmens »Persönlicher Kurierdienst Dumont«. Da wir so weit von Arentia entfernt waren, dass sie vermutlich niemals von meiner Familie oder meiner Verwicklung in einen weit zurückreichenden Skandal gehört hatte, verzichtete ich auf einen falschen Namen, und wir besiegelten unseren Vertrag mit Handschlag.
Trotzdem verriet sie mir weder unser Reiseziel noch den Inhalt der »Fracht«, die sie im Rucksack beförderte. Sie erzählte mir lediglich, dass wir irgendwann in den kommenden drei Wochen einen Fluss namens Wyomie überqueren müssten. Auf Pferden wären wir schneller vorangekommen, aber keiner von uns hatte das Geld, sich eines zu kaufen. Und noch waren wir nicht so tief gesunken, dass wir Pferde gestohlen hätten. Also zogen wir zu Fuß weiter.
Mühelos fanden wir in diesen ersten Tagen einen gemeinsamen Reiserhythmus. Kathi entpuppte sich als ziemlich redselig, aber im Unterschied zu vielen anderen Menschen erzählte sie von wirklich interessanten Dingen. Sie stammte aus Bonduel und war die Tochter eines Schmieds. Ihr Vater hatte sie dazu ermuntert, sich mit einigen Waffen vertraut zu machen und sich in der Kampfkunst zu üben, und sie außerdem darin bestärkt, niemals von irgendeinem Menschen abhängig zu werden. Sie hatte jung geheiratet und war bald darauf Witwe geworden, schien ihrem Ehemann aber kaum nachzutrauern. Ich verzichtete auf die Frage, die auf der Hand lag, wollte gar nicht wissen, auf welche Weise ihr Mann ums Leben gekommen war.
Ja, sie war wirklich anziehend, und das fiel mir durchaus auf. Außerdem hatte ich schon eine ganze Weile wie ein Mönch gelebt. Aber mal abgesehen davon, dass
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