Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
mein langes Messer, und sie gewöhnte sich daran, es unter ihren Kleidern versteckt immer bei sich zu tragen. Wenn sich Gelegenheit bot, zeigte ich ihr, wie man damit umging, wie man sich verteidigte, wie man tötete. Abends, wenn wir lagerten, lernte sie, ein Pferd zu pflegen und aufzuzäumen, oder ich brachte ihr das Reiten bei, zumindest das Nötigste.
»Aber was kann ich wirklich tun?«, wollte sie wissen. »Ich soll doch nicht etwa mit dem Schwert kämpfen, oder?«
»Nein, aber es wird sich schon etwas finden«, beruhigte ich sie und war vor allem glücklich, sie nachts wieder in meinen Armen halten zu dürfen. Und wärmer war es auch so, in diesen feuchten Winternächten.
Reynard Le-Vieux war nicht froh darüber, dass wir nach Capua marschierten. Immer wieder fing er davon an.
»Ich verstehe Robert nicht. Pandulf ist Guaimars Feind und somit auch unserer. Es kann nur Unglück bringen.«
»Was geht uns sein Krieg mit Guaimar an?«, meinte Rainulf, der ihn gehört hatte. »Da halten wir uns raus. Und hätte Drogo uns besser behandelt, wären wir jetzt nicht hier.«
»Aber was hat Robert vor? Dieser Pandulf ist doch ein Schlitzohr. Der hat schon so manchen übertölpelt.«
»Wart’s ab. Und unser Robert ist auch nicht ohne«, lachte Rainulf. »Nicht umsonst wird er Guiscard genannt. Mach dir keine Sorgen.«
Jedenfalls war Robert nicht so dumm, persönlich nach Capua zu gehen und sich Pandulfs Willkür auszusetzen. »Es könnte ihm ja einfallen, mich als Geisel zu benutzen«, sagte er. »Ich werde einen Boten schicken. Er soll selbst kommen. Mit kleinem Gefolge.«
Wir hatten unser Lager nicht weit von der Stadt auf einem bewaldeten Hügel aufgeschlagen, der wie ein Kegel über den Fluss Volturno aufragte. Lando hatte den Ort für uns ausfindig gemacht. Hier lagerten wir von der Straße unbemerkt und hatten doch eine gute Sicht über das ganze Land und auf die alte Römerbrücke über den Fluss.
»Unten auf der Brücke soll er uns treffen«, sagte Robert. »Dort ist es zu eng, um uns zu überwältigen, falls er mit schlechten Absichten kommt.«
»Und wen willst du schicken?«, fragte Rainulf.
»Gilbert«, war die Antwort. »Er ist ein gewitztes Bürschchen, aber nur ein Knappe, also unbedeutend für Pandulf.«
»Mich?« Ich war entsetzt. Ich sollte mit einer Botschaft vor einen richtigen Fürsten treten? »Aber ich spreche kein Lombardisch.«
»Reynard wird dir helfen.«
Der machte ein besorgtes Gesicht, nickte aber bereitwillig. »Dann kann ich wenigstens auf dich aufpassen«, raunte er mir beruhigend zu.
»Und ich will Ivain dabeihaben«, verlangte ich. Mit seinen Wurfäxten hinter mir würde ich mich wohler fühlen.
Damit war es beschlossen. Ein schneller Kuss von Gerlaine, und wir saßen auf. »Immer den Fluss entlang«, riet uns Lando. »So kommt ihr in die Stadt.«
Wie alle Männer, die auf einem Bauernhof aufgewachsen waren, konnten auch Reynard und Ivain reiten, und es dauerte nicht lange, bis wir ans Stadttor kamen und uns zum Fürstenpalast durchfragten. Allerdings bedurfte es Reynards ganzer Überredungskunst, uns seltsame drei Kerle, die den Prinzen zu sprechen wünschten, überhaupt vorzulassen. Leider nur ohne Waffen. Auch für Ivains Wurfäxte wurde keine Ausnahme gemacht.
Ich hatte eine mächtige Zitadelle oder Trutzburg erwartet. Stattdessen war der Palast nichts als ein schmuckes, weiträumiges Gebäude in römischer Bauart mit Rundbogen und langen Säulengängen. Dennoch war der Ort gut bewacht. Überall standen Bewaffnete und beäugten uns misstrauisch, als wir zur großen aula geführt wurden. Dort mussten wir warten. Und das ziemlich lange.
Ich sah mich neugierig um. Der Boden war mit viereckigen Fliesen ausgelegt, die Mitte frei von Möbeln, dafür standen an den Wänden Bänke zum Verweilen. Darüber gab es schmale Fenster, auch hier in Rundbogenform, und dazwischen schwere Teppiche mit frommen Motiven. An der Stirnwand stand ein aus dunklem Holz geschnitzter Thronstuhl, daneben ein kleinerer. Für seine Gemahlin vielleicht? Aber soviel ich wusste, hatte er keine. Zumindest im Augenblick nicht.
»Was braucht er eine Gemahlin?«, flüsterte Reynard uns zu. »Der Mann hält sich einen ganzen Stall von Sklavinnen. Es gibt die unglaublichsten Geschichten über ihn.«
»Und? Erzähl schon.«
»Wisst ihr, warum er und Guaimar sich hassen? Die waren sogar mal Verbündete gewesen vor vielen Jahren. Bis es Pandulf eines Tages einfiel, Guaimars Nichte zu vergewaltigen. Kaum zu
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