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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Aber sie musste Hofrat von Reinenbach wissen lassen, wer da an seine Tür klopfen wollte.
    In der Dämmerung sah Aruda die Lichter eines kleinen Weilers vor ihnen. Dauras roch den Rauch der Kaminfeuer, der über die Hügel wehte. Aruda atmete hörbar aus, und sie kürzten den Weg über die abgeernteten Felder ab, auf denen das Laub des nahen Waldes lag.
    Sorgenvoll betastete Dauras seine Börse. »Heute Abend sollten wir etwas verkaufen«, sagte er. »Sonst müssen wir bald in Ställen einkehren statt in Gasthäusern.«
    Dauras war inzwischen als fahrender Händler verkleidet. Zu diesem Zwecke hatte er sich eine neue Hose gekauft, ein weißes Leinenhemd und ein blau gestreiftes Wams darüber, dazu einen gewachsten Filzmantel und eine weite Kapuze, die er über den Kopf gezogen hatte.
    Aruda trug ähnliche, wenn auch einfachere Kleidung als er: Hose, Leinenhemd, Wams und einen Mantel. Mit dem Schwert hatte er ihr die braunen Locken abgeschnitten und den Rest wie immer unter einer Mütze verborgen. Er gab sie als seinen Sohn aus und ließ sie das Gepäck und das Bündel mit dem Schwert tragen.
    »Vielleicht sollten wir einfach woanders hingehen«, entgegnete Aruda.
    »Wohin?«, fragte Dauras. »Es wird gleich dunkel, und in dieser Gegend ist ein Dorf wie das andere.«
    »Das meine ich ja!«, sagte Aruda. »Es fühlt sich so an, als gingen wir im Kreis. Und das Wetter wird immer schlechter   …«
    »Es tut mir leid«, sagte Dauras, »dass Ihr Euren Palast verlassen habt, Hoheit. Möglicherweise wollt Ihr dorthin zurückkehren?«
    Unvermittelt blieb Aruda stehen, ein Stück von dem Licht entfernt, das über der Tür eines Gasthauses brannte. Sie nahm das Bündel von der Schulter und stieß den Stecken daran auf den Boden. »Du weißt genau, was ich meine. Diese Reise hat kein Ziel. Und wenn wir etwas verkaufen wollen, sollten wir nicht erst nach Einbruch der Dunkelheit in den Dörfern auftauchen.«
    »Bei Tageslicht kann ich meine Augen noch viel weniger verbergen. Und unsere Verkleidung mag noch so gut sein   – ein Blinder, der durch die Gegend zieht, wird immer auffallen.«
    Seufzend hob Aruda das Bündel wieder auf. »Unsere Verkleidung ist nicht gut. Du verstehst nicht das Geringste von Honig oder vom Handel. Dafür findest du umso schneller Einwände, wenn ich etwas Besseres vorschlage.«
    Dauras murmelte etwas Unverständliches. Er hatte das Holz in einer Kiepe durch Honig in irdenen Tiegeln ersetzt und durch allerhand Krimskrams, von dem er glaubte, dass er ihn in den Dörfern verkaufen konnte. Aber er musste zugeben, dass der Ertrag seiner Krämerei sie nicht durch den Winter bringen würde.
    Sie erreichten das Dorf, und Dauras stieß die Tür zum Gasthaus auf. Die kalte Luft blies in die Schankstube und ließden Qualm von der Feuerstelle und den Geruch nach Bier und Schweiß durcheinanderwirbeln. Ein Dutzend Männer saß an einem Tisch beisammen. Sie verstummten und starrten die Neuankömmlinge an.
    »Guten Abend, die Herren«, rief Dauras, der die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. »Ich hoffe, es gibt einen Platz am Feuer für einen Honighändler und seinen Sohn. Und womöglich Interesse an meinen süßen Schätzen? Es naht die Zeit, da man Mehl und Fett für das Fest der Freude zum Backen braucht, und mein Honig ist die beste Würze dafür.«
    »Ne, du«, antwortete einer der Bauern an dem großen Tisch. »Der alte Marmar, was der Vater von meiner Anvis ist, der hat auch ’n paar Bienen hinterm Haus, und der macht ’n besten Honig im Dorf.«
    Eine plumpe Frau mit breiten Händen und strohigem Haar trat auf sie zu. »Aber ’nen Platz am Feuer haben wir wohl. Und ’n Bier. Für Gäste, die zahlen können.«
    »Aber sicher doch, gute Frau.« Dauras lächelte, auch wenn es ihm schwerfiel, und er kramte Kupferstücke aus seiner Börse. »Ein wenig Brot und Käse dazu, das wäre fein.«
    Die Wirtin schnaubte, steckte das Geld ein und verschwand durch eine Türöffnung, die in die Küche oder in die Vorratskammer führte. Die Bauern rutschten ein Stück auf der Bank, und Dauras setzte sich.
    Die Gaststube war kaum größer als ein Wohnzimmer. Es war schwierig, nicht aufzufallen. Aruda stand zögernd da, doch Dauras nahm sie am Arm und zog sie neben sich.
    »Ihr könnt eure Kapuze absetzen«, sagte der Bauer neben Dauras. »Das Dach ist dicht hier. Nur mein Bierkrug, bei dem bin ich mir nicht so sicher.« Er zeigte seinen leeren Humpen und lachte.
    »Oh danke«, erwiderte Dauras. »Aber Bponur hat mir

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