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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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schutzlos in der Wildnis zurücklassen!«
    »Ihre Begleiterin hat recht, Herr Ritter«, ließ Sortor sich vernehmen. »Dank Ihrer Hilfe müssen wir hoffentlich keine weiteren Überfälle fürchten. Und so wild sieht die Gegend auch nicht mehr aus. Ich nehme an, die ersten bedeutenden Siedlungen am großen Strom sind nicht mehr weit.«
    »Lasst uns zumindest helfen, Euer Gepäck umzuladen«, sagte der Ritter. »Ihr könnt die Ponys Eurer Feinde verwenden.«
    Sortor winkte ab. »Das wird nicht nötig sein. Schicken Sienur meine Söldner zu mir. Soll das Pack etwas tun für sein Geld.«
    Von Ledingen gab nach. »Wie Ihr wünscht, Dame Sortor. Reppelen liegt in dieser Richtung.« Er beugte sich vor und küsste ihr die Hand, die sie ihm darbot. »Wenn Ihr in die Hauptstadt wollt, sehen wir uns dort vielleicht wieder.«
    Meris, von Ledingen und der Rest des Trupps sahen zu, wie Sortor davonzog. Die letzten gesunden Söldner mühten sich ächzend mit der Sänfte. Alle paar Hundert Schritt mussten sie absetzen. Es dauerte lange, bis der seltsame Zug hinter dem nächsten Hügel verschwand.
    »Wir hätten zumindest unsere Verletzten mitschicken können«, sagte von Ledingen.
    »Sie kommen schneller an, wenn sie bei uns bleiben. Ich wollte selbst so rasch wie möglich nach Reppelen.«
    »Du willst auch dorthin?« Von Ledingen war außer sich. »Warum hast du die Dame dann allein losziehen lassen?«
    »Ich muss einen Bericht auf den Weg bringen«, antwortete Meris. »Und es wäre mir recht, wenn ich vor der Dame bei der Kurierstation eintreffe. Und wenn sie nicht allzu viel davon mitbekommt.«
    »Einen Bericht.« Von Ledingens Blick schweifte zu den Toten. »In der Tat. Es ist ungewöhnlich, dass die bewaffneten Bauern des Mahdi so weit in unser Land vorstoßen. Der Kaiser muss von diesem Übergriff erfahren.«
    Meris sah sich die Leichen an. Sie hatten keinen der Ponyreiter lebend fassen können, aber es war auch keiner entkommen. Diese Männer hatten lieber den Tod gewählt, als sich zu ergeben. Alle hatten ein helles Dreieck aus getrocknetem Lehm ins Gesicht gemalt, und der hagere Wuchs und die einfachen Kittel ließen tatsächlich an Bauern denken. Doch Meris sah auch die harten Muskeln an den sehnigen Leibern, die ausgezeichnet gearbeiteten Speere und die Bögen, die soeinheitlich aussahen, als wären sie in derselben Manufaktur gefertigt worden.
    Das waren also die Krieger des Mahdi. Meris hatte von ihnen gehört, aber sie hatte noch nie einen gesehen. Der Mahdi war eines Tages in Zomer aufgetaucht, einer abgelegenen Kleinstadt im spärlich bevölkerten Niemandsland zwischen den beiden Teilen des Reiches. Er hatte sich als Prophet Bponurs ausgegeben und innerhalb weniger Jahre eine fanatische Anhängerschaft um sich geschart.
    Es gab viele in den Provinzen des Reiches, die, wie der Fähnrich, den Mahdi und dessen Getreue nicht ernst nahmen   – ein Haufen einfache Bauern in der unbedeutendsten Region des Reiches. Doch Meris wusste, dass der geheime Botendienst es nie geschafft hatte, Beobachter in die Reihen des Mahdi zu schleusen. Was er wollte, was er trieb, über was für Mittel er verfügte oder wer genau dieser Mann war, all das ließ sich nur erahnen. Der Einflussbereich des Mahdi war ein weißer Fleck auf der Landkarte, wie herausgebissen aus dem Gefüge des Reiches.
    Und dieser Fleck wuchs mit jedem Jahr. Es mochte durchaus sein, dass das Land des Mahdi inzwischen die größte geschlossene Provinz auf dem Boden des Reiches darstellte und seine »Bauern« die bedeutendste stehende Streitmacht bildeten. Was auch immer von Ledingen darüber dachte, der Mahdi war niemand, über den man hochmütig hinwegsehen sollte.
    Das war es allerdings nicht, was Meris derzeit am meisten beschäftigte. Der Mahdi mochte eine Bedrohung sein, aber das war eine bekannte Bedrohung.
    Die Dame Sortor hingegen, unterwegs nach Horome, war eine unbekannte Größe.
    Der Fähnrich war vielleicht geblendet von Prunk oder Schönheit. Ihr, Meris, jedoch war nicht entgangen, dass diemeisten Toten bei der Sänfte gelegen hatten, manche sogar halb darin. Und alle waren ohne eine sichtbare Wunde gefallen.
    Meris schaute auf die Münzen, die Sortor ihr gegeben hatte. Es waren Goldstücke aus sämtlichen Provinzen des Reiches, Goldmark aus Horome und Barratain, Bundeswappen aus dem Städtebund. Wie kam die Herrin eines einsamen Gutes am Rande der bekannten Welt an die kostbarsten Münzen aus aller Herren Länder?
    Meris wusste keine Antwort darauf.

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