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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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betrat, stand Aruda in der Aufmachung eines ritterlichen Pagen vor ihm. »Wo waren Sie?«, fragte sie. »Ich habe auf Sie gewartet!«
    Dauras winkte unwillig ab. »Lasst doch diesen Unsinn mit dem ›Sie‹«, knurrte er. »Ich habe heute wirklich keine Geduld dafür.«
    »Aber ich habe Sie zum Ritter ernannt«, sagte Aruda. »Alle Urkunden sind gesiegelt. Sie haben das Recht auf eine eigene Anrede.«
    »Ich weiß«, sagte Dauras. »Von nun an dürfen die Grafen nur noch mit korrekter ritterlicher Anrede auf mich herunterschauen.«
    »Was ist passiert?« Aruda fuhr empört auf. »Wer hat Sie geringschätzig behandelt?«
    »Der Kanzler hat meine Herausforderung zum Zweikampf abgelehnt«, sagte Dauras.
    Aruda stieß die Luft aus. »Ach, Dauras«, sagte sie. »Es wäre mir wirklich lieb, wenn meine Gefolgsleute sich nicht gegenseitig an die Kehle gingen.«
    »Ihr habt mich zu Eurem Leibwächter bestellt«, sagte Dauras. »Und dieser Kanzler ist die größte Gefahr bei Hofe, das könnt Ihr mir glauben.«
    »Mag sein«, sagte Aruda. »Aber er ist auch nützlich. Und wir sind bei Hofe. Da sollten die Klingen erst dann gezückt werden, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Sollte es einmal dazu kommen, werdet Ihr doch gewiss immer noch mit ihm fertig, nicht wahr, Ritter Dauras?«
    »Meinetwegen«, brummelte er. »Irgendwann erwische ichdie Ratte bei einem Verrat, aus dem er sich nicht herauswinden kann. Es ist ja nicht so, dass man sich vor mir verstecken könnte. Aber was nutzt mir ein Titel als Ritter, wenn ich mein Schwert nicht ziehen darf?«
    »Der Titel dient Ihrem Schutz«, entgegnete Aruda. »Solange Sie keinen Stand haben, kann jeder Edle Sie töten, ohne dass er mehr zu fürchten hat als ein Wergeld.«
    Dauras lachte auf. »Jeder kann es versuchen. Und er muss mich fürchten.«
    »Sie wissen, was ich meine, Ritter Dauras. So mancher bei Hofe hat ein Problem mit Ihrer Gegenwart. Ich will niemanden dazu ermuntern, das mit dem Schwert zu lösen.«
    »Mir wäre das lieber«, sagte Dauras. »Doch wenn es Euch beruhigt, mögt Ihr mir den Titel geben. Nur, bitte, redet mich nicht immer als Ritter an. Daran gewöhne ich mich nicht. Wir sollten es so belassen, wie es auf unserer Reise war.« Aruda schmunzelte. »Also gut. Lassen wir die förmliche Anrede. Aber nur unter uns   … Für unseren Ausflug ist es ohnehin besser.«
    »Was für ein Ausflug?«
    »Ich will, dass Sie   … dass du zwei Pferde besorgst«, sagte Aruda. »Ich schleiche mich bei der Küchenpforte hinaus, und du wartest da auf mich.«
    Dauras und Aruda ritten nach Westen aus der Stadt hinaus. Der Tag war windig, die Wolken jagten über den Himmel und fanden keine Zeit, ihre schwere Last über dem Land abzuladen. Als die belebten Straßen hinter ihnen lagen, fragte Dauras: »Also, wo geht es hin, Majestät?«
    »Zum Forst von Ebran«, sagte Aruda. »Ich will nach meiner neuen Hofkaplanin schauen. Sie hat noch nichts von sich hören lassen.«
    »Es ist erst ein paar Tage her, dass Ihr angefragt habt«, sagte Dauras.
    »Der Sommersitz meines Vaters liegt nur ein paar Wegstunden entfernt«, erwiderte Aruda. »Ein Bote schafft die Strecke zu Schwester Alma und zurück an einem Tag.«
    »Ich nehme an, sie hat andere Verpflichtungen«, sagte Dauras. »In drei Tagen steht der nächste Zehnttag für ihre Gemeinde an. Sie kann kaum alles liegen lassen, solange kein Ersatz für den Gottesdienst gefunden ist.«
    »Ich will mich nur vergewissern, dass meine Botschaft angekommen ist«, sagte Aruda. »Wenn meine Räte mich hintergangen haben und Schwester Alma nicht Bescheid weiß   … Ich schwöre dir, Dauras, ich werde jeden hinauswerfen lassen, der dahintersteckt. Egal, auf welchem Posten er sitzt.«
    Der Westen der Stadt war ruhiger als der Osten, ein schmaler Streifen mit wohlgeordneten Vierteln, in denen Edle und besser gestellte Bürger lebten. Nach dem zweiten Mauerring folgten rasch Äcker und Weiden und schmucke Dörfer. Hier war wenig zu sehen von den Ausläufern der Metropole, die im Osten in das Umland wucherten wie ein Geschwür.
    Dauras und Aruda ritten auf einer gut befestigten Landstraße. Aufmerksam ließ Dauras seine Sinne schweifen. Es mochte sein, dass jemand ihren Aufbruch bemerkt hatte und die Gelegenheit nutzen wollte, um ihnen aufzulauern.
    Nachdem sie eine Stunde geritten waren, kehrten sie in einem Gasthaus ein und aßen zu Mittag. Es war fast wie bei ihrer gemeinsamen Flucht im letzten Monat, nur dass ihre Verkleidung angenehmer war

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