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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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und zumindest die Kaiserin ganz sorglos wirkte. Sie fürchtete keine Verfolger und genoss es, eine andere zu sein.
    Eine weitere Stunde später ritten sie am Sommersitz desKaisers vorbei, einer parkähnlichen Landschaft, die von einer niedrigen Mauer umgeben war. In der Ferne erspürte Dauras noch Mauern und Türme und Gebäude, die ein wenig zu städtisch wirkten für diese Gegend.
    »Ist das ein Dorf?«, fragte er. »Oder eine Burg?«
    »Es war wohl einmal eine Burg«, erklärte Aruda. »Doch dann wurden Mauern versetzt und zusätzliche Häuser gebaut, und inzwischen ist fast ein Städtchen daraus geworden. Wir haben jeden Sommer hier verbracht, wenn es in der Stadt unerträglich wurde. Drei Monate zieht der ganze Hof hierher, aber in der Zeit dazwischen ist der Ort beinahe verlassen.«
    Bald tauchte der Saum eines Waldes vor ihnen auf: der Forst von Ebran. Aruda führte sie über Waldwege, zwischen kahlen Bäumen hindurch und solchen, die noch ein prachtvolles Kleid von buntem Herbstlaub trugen.
    »Ihr kennt Euch gut aus hier«, stellte Dauras fest. »Jedenfalls hoffe ich das, bei all den Abzweigen, die wir genommen haben.«
    Aruda lachte. »Ich war schon öfter hier. Es ist ein schöner Ort für einen Ausritt.«
    Die Kapelle tauchte vor ihnen auf, in der Form einer Pyramide und aus gewaltigen Baumstämmen gezimmert. Ein einfaches Gotteshaus mit kleinem, dreieckigem Grundriss und doch beeindruckend in der Höhe. Die Spitze ragte bis in die kahlen Baumkronen, in denen riesige Misteln sich an das Geäst der Bäume klammerten wie kugelrunde Vogelnester.
    Aruda zügelte das Pferd. Sie zögerte.
    »Ich hoffe, Alma ist da«, sagte sie. »Vielleicht hat man ihr etwas angetan, nur damit ich sie nicht zu meiner Erzkaplanin mache.«
    »Ich rieche Rauch«, sagte Dauras. »Ein Herdfeuer.«
    Sie ritten weiter. Vor der Kapelle saßen sie ab und bandendie Pferde an einen Busch. Aruda öffnete die Tür und spähte ins Innere, aber Dauras wusste, dass das Gotteshaus leer war. »Sie ist draußen«, teilte er Aruda mit. Gemeinsam gingen sie um das hölzerne Gebäude herum, das ein wenig an eine Turmspitze ohne Unterbau erinnerte.
    Schwester Alma stand im Garten ihrer kleinen Hütte hinter der Kapelle, über ein Beet gebeugt, und kümmerte sich um die letzten Kräuter, die so spät im Jahr noch wuchsen. Aruda erkannte sie sofort, die Frau in der braunen Kutte, die gar nichts von einer Priesterin an sich hatte.
    »Alma!« Sie lief auf die Schwester zu.
    Alma richtete sich auf. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab, streckte Aruda die Arme entgegen und lächelte. Dauras spürte ihre Herzlichkeit, aber auch eine gewisse Zurückhaltung.
    »Mein Kind«, sagte sie.
    »Schwester Alma!«, rief Aruda. »Ich bin froh, dass es Euch gut geht.«
    »Ich habe nicht mit Eurem Besuch gerechnet, Prinzessin«, sagte die Geistliche. »Sonst hätte ich mich ein wenig besser vorbereitet. Ihr seid jetzt die Kaiserin, habe ich gehört.«
    Sie sah Dauras an und ließ den Blick über den Wald schweifen, wie um nach weiterem Gefolge Ausschau zu halten. Dann wanderten ihre Augen zurück zu dem Mönch, und Dauras spürte, wie sie misstrauisch die Stirn runzelte, als sie die Insignien des Schwertkultes erkannte.
    »Ihr reist nur mit einem Leibwächter«, stellte sie fest.
    Aruda nickte. »Er ist genug. Er hat mich beschützt, als ich ganz allein war und irgendwelche Schurken mich ermorden wollten.«
    »Ich habe davon gehört«, sagte Alma. »Zumindest ein wenig.«
    Sie ging mit Aruda zu ihrer Hütte.
    »Haben meine Boten Euch erreicht, Schwester?«, fragte Aruda.
    Alma nickte, ohne etwas zu sagen.
    »Ich möchte Euch gern bei mir im Palast haben«, sagte sie. »Wir haben eine kleine Kapelle dort, gleich unter meinen Fenstern.«
    »Ach wisst Ihr«, sagte Alma. Sie klang ein wenig hilflos. »Der Palast   …«
    Sie traten ein. Die Hütte neben der Waldkapelle war niedrig und düster, doch es war warm. Ein kleiner Eisenofen bullerte, Büschel von Pflanzen hingen zum Trocknen unter der Decke. Es roch nach Salbei und Pfefferminze und nach anderen Kräutern.
    »Ich kann ein wenig Beistand gebrauchen«, sagte Aruda. »Und niemand hat das Amt mehr verdient als Ihr. Wisst Ihr, dass der Erzkaplan zu den drei Erzämtern des Reiches gehört?«
    »Ach ja   …« Alma strich sich verlegen eine Strähne ihrer braunen Haare aus der Stirn. »Seid Ihr sicher, Majestät, dass das nicht ein wenig zu viel für mich ist? Ich habe bisher ja noch nicht einmal die Hauptstadt

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