Das Schwert - Thriller
weiß, und ich verspreche, ich werde mich hineinknien, sobald ich dazu komme, aber...«
Sofort witterte er Gefahr.
»Ich spreche ein wenig Englisch, ja«, sagte er. »Haben Sie sich verlaufen? Kann ich Ihnen helfen, sich zurechtzufinden?«
Sie erklärte ihm, wer sie war. Er lauschte höflich und stellte einen Zusammenhang her, der ihn beunruhigte. Er fragte sich, wer die arabisch aussehende Frau sein mochte.
»Ich suche einen Mann namens Goodrich«, brachte Georgina zu guter Letzt ihr Anliegen vor. »Einen Professor Jack Goodrich. Nach meinen Informationen soll er sich hier aufhalten.«
Sie sah, wie der Priester blass wurde, registrierte die kaum merkliche Bewegung seiner rechten Hand, die ein Kreuzzeichen andeutete.
»Alles in Ordnung«, beschwichtigte sie ihn. »Ich bin wegen seiner Tochter hier, Naomi.«
Sie berichtete nach ihrem besten Wissen und Gewissen, was geschehen war. Vater Joseph hörte zu, aufmerksam,aber distanziert; übereilte Vertrauensseligkeit konnte für Jack und Dschamila gefährlich sein. Er kannte Dschamila seit vielen Jahren, und jetzt hatte er geschworen, sie zu beschützen.
Samiha fasste den Mut, sich einzumischen. Für einen Ägypter war ihr Akzent unüberhörbar.
»Sir, ich bin fast von Anfang an mit Naomi zusammengewesen. Ich habe mich um sie gekümmert, dort, wo sie gefangengehalten wurde. Ich war auch eine Gefangene. Gestern haben sie ihr einen Finger abgeschnitten, den kleinen Finger dieser Hand.« Sie hob die linke Hand, und Vater Joseph wusste nun, dass sie die Wahrheit sagte. Er hatte mit ansehen müssen, wie man Naomi verstümmelte. Samiha fuhr fort: »Man hat sie einfach ihrem Schicksal überlassen. Ich habe mich bemüht, ihre Hand zu verbinden, aber dann bekam sie Fieber, und heute Morgen war sie dem Tode nahe. Mir ist es gelungen, unsere Flucht zu bewerkstelligen. Professor Goodrich sollte seine Tochter besuchen. Es wird ihr Mut machen, ihren Lebenswillen stärken. Sonst, fürchte ich, könnte sie sterben. Wenn Sie wissen, wo er ist, dann gehen Sie bitte zu ihm und sagen ihm Bescheid.«
Etwas in ihrer Stimme, etwas in ihrem Gesicht überzeugte ihn davon, dass sie keine Gefahr für seine Schützlinge darstellte.
»Warten Sie hier«, sagte er. »Ich hole ihn.«
Fünf Minuten später kehrte er zurück, begleitet von Jack und Dschamila.
Jack ging auf die beiden Frauen zu, begrüßte sie und bat Samiha, ihm zu wiederholen, was sie Vater Joseph erzählt hatte. Georgina hingegen betrachtete er mit Misstrauen, doch als sie schließlich das Wort ergriff, war er beruhigt. Ganz im Gegensatz zu Malcolm Purvis wirkte sie auf ihn naiv und erfrischend aufrichtig. Weshalb um alles in der Welt jemand mit einem so offenen Gesicht auf die Idee gekommenwar, in den diplomatischen Dienst einzutreten, überstieg sein Vorstellungsvermögen.
»Samiha«, sagte er schließlich. »Bleiben Sie hier bei Dschamila. Erzählen Sie ihr alles, was Sie wissen, und wenn ich wiederkomme, unterhalten wir uns.«
Sie schaute ihn an. »Ich habe kein Zuhause mehr. Auch keinen anderen Zufluchtsort. Ich bin auf Ihre Hilfe angewiesen und dafür bin ich bereit, Ihnen alles zu geben, was ich an Informationen habe.«
Sie lächelte, und sofort war ihr Gesicht wie verwandelt. Die Befangenheit, die Angst, die Schwermut waren wie weggewischt. Jack schaute sie an und war von ihrer Ausstrahlung berührt, wie er es noch nie erlebt hatte. Er wollte ihr vertrauen. Sie gern haben. Ihr beistehen.
Er erwiderte ihr Lächeln.
»Wenn Sie Naomi das Leben gerettet haben, haben Sie bereits mehr für mich getan, als ich Ihnen je vergelten kann.«
Er wandte sich an Georgina.
»Begleiten Sie mich ins Krankenhaus? Möglicherweise lässt man mich ohne Sie nicht hinein.«
»Selbstverständlich«, antwortete sie. »So aufregend war es nicht mehr für mich, seit meine Tante Phylly sich in Gstaad das Bein gebrochen hat. Zum ersten Mal habe ich hier in Kairo das Gefühl, etwas Wichtiges zu tun. Verdammt wichtig, nach allem, was ich mitbekommen habe.«
Jack lächelte.
»Wichtiger, als Sie sich vermutlich vorstellen können.« Er würde sein Kind wiedersehen, seine Tochter, er würde sich darum kümmern, dass sie wieder gesund wurde.
»Dann los«, sagte Georgina, und er folgte ihr zum Auto.
Naomi lag in einem abgedunkelten Einzelzimmer. Dank der Antibiotika war das Fieber inzwischen gesunken. Sie war noch an eine Infusion angeschlossen, lag aber schonseit einigen Stunden in einem leichten, unruhigen Halbschlaf. Jack trat auf
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