Das Schwert - Thriller
betrieben, war sie nach einem Überfall von Mitgliedern der Ahl al-Dschanna aufgegeben worden. Um nach kurzer Zeit von einem irischen Arzt um die sechzig wiedereröffnet zu werden, Pádraig O’Malley.
Pádraig hatte seinen Doktor am College of Surgeons in Dublin gemacht, in jenen Tagen, als Kondome und »Lolita« noch des Teufels waren, und war ausgezogen, für Geburtenkontrolle in der Republik zu streiten. Mit Mitte fünfzig zog er sich zurück und ging nach Afrika, und nach Jahren des Wirkens in verschiedenen, von Unruhen geschüttelten Ländern hatte es ihn nach Kairo verschlagen. Auf dem schwankenden Boden einer unsicheren Finanzierung durch Spenden katholischer Wohltätigkeitsorganisationen in der Heimat, die ihre Zuwendungen jederzeit einstellen konnten, verrichtete er hier seine Arbeit. Chronisch überbelegt und unterbesetzt, war sein kleines Krankenhaus die einzige Rettung für die bitterarmen Fellachen aus Oberägypten, die die Hoffnung auf ein besseres Leben nach Kairo gelockt hatte. Er verband ihre Wunden, fütterte sie mit Antibiotika, impfte ihre Kinder und verteilte Kondome, deren Anschaffungskosten er in seinen jährlichen Rechenschaftsberichten an die frommen Wohltäter klüglich verschleierte.
Er machte sich grade bereit für einen neuen Arbeitstag, als sie an die Tür klopften. Eins, zwei, drei hatte eineSchwester Naomi in einen Rollstuhl gesetzt und in ein Behandlungszimmer geschoben, und der Arzt beugte sich über Samihas Arm.
Es gab keine Fragen, kein langes Hin und Her. O’Malley wusste nicht mehr, wie viele Schusswunden er in all den vielen Jahren verarztet hatte, aber niemals hatte er die Polizei oder die Sicherheitskräfte bemüht. Ihm kam es einzig darauf an, Leben zu retten.
Während er arbeitete, besprach Jack mit Georgina, was als Nächstes zu tun war.
»Wir brauchen einen Computer«, sagte er. »Wenn Samiha sich in den Rechner einloggen kann, auf dem al-Masri seine Daten speichert, gelingt es ihr vielleicht, herauszufinden, wo die Bombe hochgehen soll und wie viele Kilotonnen Sprengkraft sie besitzt. Falls es sich um eine Mini-Nuke handelt, haben wir vielleicht mit nur einer Kilotonne zu rechnen oder weniger. Kairo wird nichts passieren, aber die Teilnehmer an der Konferenz werden zu Asche verglühen.«
»Ich habe zu Hause einen Mac. Mein Bruder hat ihn mir gekauft, bevor ich hierherkam. Jack, ich weiß nicht, ob ich Ihnen glauben soll oder nicht, aber wenn Ihre Geschichte wahr ist ... Willst du – wollen Sie mir nicht erlauben, den Botschafter zu unterrichten?«
»Wir können gern beim Du bleiben, schließlich sind wir so eine Art verschworene Gemeinschaft.« Jack lächelte. »Was den Botschafter angeht – er wird nicht bereit sein, auf Grund derart spärlicher Beweise wird er nichts unternehmen. Wir brauchen etwas Handfesteres.«
Eine Stunde später ging es Naomi wieder besser. Das Fieber war verschwunden, und Dr. O’Malley verkündete, sie wäre bald schon außer Gefahr.
»Im Krankenhaus haben sie gesagt ...«
»Lassen Sie sie reden. Übervorsichtige Leisetreter allesamt. Ich habe mehr Fälle wie diesen gesehen, als sie Vaterunsergebetet haben. Sie muss noch weiterbehandelt werden, aber in ein, zwei Tagen ist sie wieder auf den Beinen.«
»Ich will, dass sie spätestens heute Abend Kairo verlassen hat«, sagte Jack. »Kein Wenn und Aber, sie muss vor Mitternacht im Zug nach Alexandria sitzen.«
»Das könnte etwas schwierig werden.«
Jack ließ sich auf keine Diskussion ein.
»Ich komme heute Abend wieder. Sorgen Sie dafür, dass sie bis dahin reisefähig ist.«
Samiha bekam die Auskunft, man habe keine Bedenken, sie gehen zu lassen. Sie trug den Arm in der Schlinge, und man hatte ihr eine Bluttransfusion gegeben. Sie bestand darauf, Jack zu begleiten.
Jack überreichte O’Malley eine großzügige Spende.
»Sorgen Sie dafür, dass Naomi heute Abend kräftig genug ist, um in den Zug zu steigen«, sagte er, »und ich werde mich erkenntlich zeigen. Vielen Dank für das, was Sie bereits getan haben.«
»Vergessen Sie das Geld«, erwiderte der Doktor. »Wenn sie sich so weit erholt hat, dass ich sie guten Gewissens entlassen kann, wird sie entlassen. Wenn nicht, dann lasse ich sie nicht gehen, egal, mit wie viel Geldscheinen Sie winken.«
Jack schaute sich um. In der Ambulanz drängten sich Männer, Frauen und Kinder. Menschen ohne die einfachsten Lebensgrundlagen, die dennoch unbedingt leben wollten. Menschen, die nichts anderes kannten als Schmerz, auf der Suche
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