Das Schwert - Thriller
Vorstellungskraft hinaus veränderten Welt nach Gottes Gebot zu leben versuchte.
Jack hatte sie in den Monaten seines Einsiedlerdaseins lieb gewonnen. Sie waren immer freundlich, immer um sein Wohlergehen besorgt, erst recht, nachdem er Ailsa von Emilia und Naomi erzählt und ihr und Angus Fotografien seiner ermordeten Lieben gezeigt hatte. Anfangs hatte er nicht darüber sprechen wollen, doch Ailsa, mit großer Geduld gesegnet und einem Gespür für seelischeWunden, hatte ihm seine Geheimnisse Stück für Stück entlockt und dabei ein Geschick bewiesen, wie es dem besten Therapeuten zur Ehre gereicht hätte. Nachdem er sich einmal geöffnet hatte, schüttete er ihr sein Herz aus, redete sich von der Seele, was ihn quälte. Die Bilder in seinem Kopf, der Verlust, das Nicht-Begreifen-Können und der Schmerz, das Grauen, verloren etwas von ihrer lähmenden Macht in ihrer ruhigen, unerschütterlichen Gegenwart.
Angus pflegte schweigend zuzuhören, er war von Natur aus kein Freund vieler Worte. Doch auf seine ganz besondere Weise war der alte Mann Jack eine noch größere Hilfe gewesen als seine Frau. Das Wenige, was er sagte, war meistens wohl überlegt und oft weise. Aus irgendeinem Grund verwies er nur selten auf die Bibel und Jesus, als wüsste er, dass dürre Verweise auf die Religion als Lebenshilfe seinen gramgebeugten Mieter vor den Kopf stoßen könnten. Sein eigenes Leben war hart gewesen, doch hatten Armut und schwere Arbeit ihn nicht bitter werden lassen.
Die Gilfillans waren nie im Kino gewesen, hatten nie eine Stereoanlage besessen, nie Fernsehen geschaut, nie das Theater besucht, niemals anderer als geistlicher Musik gelauscht, nie Zeit für ein Puzzle verschwendet oder für Monopoly, ganz zu schweigen von Glücksspielen, nie Wein oder Whisky gekostet und niemals einen Roman oder ein Gedicht gelesen, abgesehen von den Werken von Robert Burns. Sie waren auf ihre stille Art Fanatiker, der Reformationszeit näher als der Gegenwart.
Als Jack an ihre Haustür hämmerte, war es fast 3.00 Uhr morgens, und die Nacht war immer noch pechschwarz. Es war ihm unangenehm, die alten Leutchen aus dem Schlaf zu reißen und in Angst und Schrecken zu versetzen, aber was blieb ihm anderes übrig? Jeder andere hätte die Polizei gerufen, und Polizei war das Letzte, was er momentan gebrauchen konnte.
Nach wenigen Minuten hörte Jack Angus’ Stimme, kämpferisch, aber mit einem Unterton von Angst.
»Angus, ich bin’s, Jack Goodrich von Bailebeag. Um Gottes willen, machen Sie auf!«
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, ein Riegel wurde zurückgeschoben. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und Angus’ Kopf tauchte auf; die dünnen weißen Haare standen ihm zu Berge, die verschlafenen Augen in dem runzligen Gesicht weiteten sich, bis sie doppelt so groß zu sein schienen wie normal.
»Professor Goodrich! Um Himmels willen, was führt Sie hierher, mitten in der Nacht?« Er stockte. »Aber schauen Sie nur, wie Sie aussehen! Sie sind ja in einem furchtbaren Zustand. Bestimmt sind Sie halb erfroren. Herein mit Ihnen. Ich heize ein, und Ailsa wird Wasser heiß machen.«
Jack erhob keine Einwände. Er musste die Durchblutung in seinem Körper wieder in Gang bringen, bevor Kältebrand einsetzte oder Schlimmeres.
Angus half ihm in die kleine Diele und rückte ihm einen Stuhl vor den offenen Kamin. Die Glut war für die Nacht zusammengeschoben und abgedeckt. Angus nahm das lange Schüreisen, deckte sie wieder auf und gab aus der Schütte frische Kohlen dazu.
»In wenigen Minuten wird es tüchtig brennen. Halten Sie Abstand; es tut Ihnen nicht gut, wenn Sie sich drüberbeugen.«
»Könnten Sie die Vorhänge zuziehen, Angus? Richtig zu, so dass kein Licht nach draußen fällt. Und oben auch, falls im Schlafzimmer Licht brennt.«
Angus starrte ihn an, ein, zwei Atemzüge lang, dann drehte er sich um und hastete die Treppe hinauf. Seine Frau saß bereits aufrecht im Bett; sie hatte gemerkt, dass etwas Ungewöhnliches im Gange war.
»Was gibt es?«, fragte sie, als er ins Zimmer kam. »Ist es Iain Stewart, der schwer geprüfte Mann? Hat der Krebs ihn besiegt? War das Jean, die an die Tür geklopft hat?«
Er sagte ihr, wer es gewesen war. »Der arme Mann ist dem Tode nahe. Er könnte am Ende Zehen und Finger verlieren, wenn wir nicht schnell etwas unternehmen. Ich lasse ihm ein Bad einlaufen und stecke ihn in die Wanne, um den Frost aus seinen Knochen zu vertreiben. Du bleibst derweil am besten hier oben und betest für
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