Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
eine Musik, die Effekte auch jenseits von Kino-Soundtrack zu setzen versteht.
Es ist mittlerweile fast ein Markenzeichen des Duos Traber und Zens, dass sie als pfiffige Schatzsucher im Kosmos der Science-Fiction-Literatur graben. Diesmal haben sie zwar wieder reiche Beute gemacht, diese Schätze aber für meinen Geschmack zu wenig in einer schlüssigen Dramaturgie geordnet. Zu viele Wendungen, zu viele lose Enden – da wurde, auf Kosten einer überzeugenden Geschichte, eine bunte Ideen-Wundertüte gepackt.
Beim erstmaligen Verfolgen der atemlosen Jagd des Protagonisten von einer Schreckensenthüllung zur nächsten wird der Hörer das vielleicht nicht so genau merken, aber er könnte es im Lauf der Zeit als Spannungsabfall spüren.
Oder, um im Bild zu bleiben: Da haben ein paar außerirdisch begabte Kinder, verliebt in die Fülle ihrer tollen Einfälle, ein Spiel entworfen, das dann doch nicht wirklich funktioniert.
PS: Noch ein Nachtrag in Hörspielangelegenheiten: Ob Zeit aus den Fugen oder Aquarium , Tylerton , Spaß für Engel oder kleiner Jehova – von keinem dieser Hörspiele sind Kopien im Handel erhältlich, aber ebenso wenig von der Puppenstadt . Doch während bei den älteren Produktionen etwas kurzsichtig und elitär einfach noch nicht an eine Verbreitung außerhalb des Senders gedacht wurde, scheint im letzteren Fall das neue Podcast-Angebot die Übernahme für kommerzielle Anbieter uninteressant zu machen. Also wird der alte Hörspiel-Mitschnitt-Tauschmarkt weiter bestehen, die Autoren werden nach wie vor nicht reich von ihrer Arbeit, und, wie Bodo Traber selbstironisch bemerkt: »… es bleibt eben eine Berufung, nicht wahr?«
Wie wahr. Aber bitte nicht aufgeben – die Fangemeinde Traber/Zens erwartet trotz temporärer Kritik natürlich das nächste, ausgereiftere Verwirrspiel von den Puppenführern.
Marina Dietz
12 Zeit aus den Fugen , BR 2001, von Marina Dietz nach Philip K. Dick: Time Out of Joint , USA 1959.
13 Tylerton, 15. Juni , SDR 1986, von Hans Joachim Alpers und Werner Fuchs nach Frederik Pohl: The Tunnel under the World , USA 1954.
14 SDR 1967, Regie: Raoul Wolfgang Schnell, Hörspielpreis der Kriegsblinden: Die Welt als spielerisches Modell und fantastisches Experimentierfeld zweier Kinder. Und weitere Varianten des Themas, die von Christa Reinig inspiriert sein könnten, wie die Welt im Karton eines flegelhaften Neunjährigen in Ein Spaß für Engel , BR 1982, von Ken Whitmore nach The Sport of Angels , BBC 1981, oder Schöpfung als psychotherapeutisches Spiel eines neurotischen Demiurgen in Der kleine Jehova , SDR 1992, von Pierre Gripari.
CHRISTOPHER DRÖGE
RESET
Regie: Christopher und Frederik Dröge · Komposition: Stefan Große, Pavi Lustig · Autorenproduktion 2010
Auf den Hörspielseiten des Jahrbuchs stellen wir Hörspiele vor, die im Vorjahr von einer der deutschsprachigen Rundfunkanstalten urgesendet wurden. Wenn wir heute einmal davon abweichen, hat das einen besonderen Grund.
Im Jahr 2009 ereignete sich an einer Realschule in Winnenden ein blutiger Amoklauf, bei dem ein 17-jähriger ehemaliger Schüler mit einer Pistole der Marke Beretta neun Schüler, drei Lehrer und drei weitere Menschen erschoss. Im Jahr darauf produzierten die Brüder Christopher und Frederik Dröge in einem Düsseldorfer Tonstudio in Eigenregie ein Hörspiel, welches dieses düstere Thema auf ungewöhnliche Weise reflektiert. Auf dem Berliner Hörspielfestival 2010 wählte das Publikum Reset auf den zweiten Platz. Es ist gar nicht selten, dass preisgekrönte Autorenproduktionen auch vom Rundfunk gesendet werden. Tatsächlich zeigte der WDR Interesse, aber statt diese gelungene Produktion im Original zu senden, entschloss man sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen ganz prosaisch zu einer gekürzten Lesung, die am 14. 7. 2011 mit Michael Stange als Sprecher auf EinsLive, der WDR-Jugendwelle, ausgestrahlt wurde. Zwar könnte man einwenden, dass die Rollen im Original zwar sehr gut, aber eben erkennbar nicht mit ausgebildeten Schauspielern besetzt waren. Das hätte freilich kein Ausschlussgrund sein müssen, denn schon häufig wurden so entstandene Stücke gesendet, verbunden mit dem redaktionellen Hinweis, es handle sich um eine Amateurproduktion und der Rundfunk sei bestrebt, seinen Hörern regelmäßig auch Produktionen der freien Hörspielszene vorzustellen. So aber mussten die Hörer des WDR auf die Dialoge ebenso verzichten wie auf die Klangvielfalt und die liebevoll in
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