Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
zu beschädigen oder die Firewalls abzuschalten.
Eine gewisse Symmetrie wird hier sichtbar. DRM und Co. sind von Leuten aus der Überzeugung heraus entworfen worden, dass Sie den Computer, den Sie besitzen, nicht voll und ganz kontrollieren dürfen. In derselben Weise sind IT-Systeme von Computerbesitzern mit der Überzeugung entwickelt worden, dass Computernutzer nicht über die von ihnen benutzen Rechner bestimmen dürfen.
Ich bin ein ehemaliger Systemadministrator und Chief Information Officer, und ich werde hier nicht so tun, als wären Nutzer manchmal nicht auch herausfordernd. Aber es gibt gute Gründe, dass wir Nutzern die Bestimmungsrechte über Computer geben sollten, die ihnen nicht gehören.
Fangen wir mit den wirtschaftlichen Gründen an. Die Forderung nach Freiheit für die Besitzer von Computern ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Ein wichtiger Grund ist dabei, dass Programmierer nicht alle Eventualitäten voraussehen können, mit denen ihr Code zu kämpfen haben wird – manchmal muss man, obwohl der Computer Ja sagt, trotzdem Nein sagen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Besitzer über ein lokales Situationsbewusstsein verfügen, das sich mit keiner noch so aufwändigen Wenn-dann-Routine simulieren lässt.
In diesem Punkt sind sich außerdem kommunistische und libertäre Prinzipien überraschend einig: Friedrich Hayek vertrat die Ansicht, dass Expertise eine diffuse Angelegenheit ist, dass das für gute Entscheidungen benötigte situative Bewusstsein eher im nahen Umfeld der Entscheidung zu finden sei und dass Dezentralisierung zu besseren Ergebnissen führt als Zentralisierung. Karl Marx wiederum war von der Legitimität der Forderungen der Arbeiter nach Kontrolle über die Arbeitsbedingungen überzeugt. Er sagte, dass die Verteilung der Arbeit ebenso wichtig ist wie die Verteilung des Kapitals, und verlangte, dass die Arbeiter als rechtmäßige »Besitzer« ihres Arbeitsplatzes behandelt werden sollten und darüber mitbestimmen dürften.
Aus völlig unterschiedlichen Gründen sind beide der Ansicht, dass diejenigen, die am dichtesten an der Sache dran sind, auch die meisten Rechte daran bekommen sollten.
Das Verschwinden der Großrechner aus der IT-Landschaft wurde begleitet von einer übermäßig großen Sorge über die Nutzer und was sie mit dem Rechner anstellen konnten. Damals waren die Nutzerrechte sogar noch eingeschränkter als heute. Sie konnten nur die Bildschirminhalte sehen, die ihnen der Großrechner zu sehen gab, und konnten nur die Operationen ausführen, die vom Rechner zugelassen wurden.
Als dann der PC und VisiCalc und Lotus 1-2-3 8 auf der Bildfläche erschienen, mussten Angestellte mit fristloser Kündigung rechnen, wenn sie diese Geräte mit ins Büro brachten oder Arbeit mit nach Hause nahmen und dort Firmendaten auf diesen Geräten verarbeiteten. Dabei entstanden nach und nach Bedürfnisse nach Computerleistungen, die von den Firmen und den engen Nutzerrichtlinien der IT-Abteilungen nicht erfüllt werden konnten – und man dachte auch gar nicht daran, dass diese Bedürfnisse irgendeine Berechtigung hatten. Die Standardantworten lauteten in etwa so: Unsere Richtlinien zur Datenverarbeitung lassen diese Sache, mit der Sie Ihren Job besser machen könnten, leider nicht zu. Außerdem können wir, wenn Sie Ihre Arbeit so erledigen, nicht nachprüfen, ob Ihre Ergebnisse korrekt sind. Sie glauben nur, dass Sie das wollen. Es ist unmöglich, einen Computer das machen zu lassen, was Sie von ihm wollen. So etwas ist in dieser Firma grundsätzlich verboten, und so weiter …
Diese Aussagen treffen manchmal zu. Viel öfter jedoch sind sie falsch. Und selbst wenn sie zutreffen, sind das genau die »Wahrheiten«, für die wir jungen Start-up-Unternehmern Millionen Dollar Risikokapital in den Rachen werfen, um sie von ihnen widerlegen zu lassen – während der kleine IT-Assistent eine Abmahnung bekommt, wenn er dasselbe versucht.
Der PC hat die Wirtschaftswelt durch die Hintertür betreten, entgegen der Warnungen der IT, ohne dass das Management davon wusste und trotz des Risikos von Zensur und Kündigung. Und dann haben die Firmen, die ihn zunächst bekämpft haben, mit seiner Hilfe millionenfach, milliardenfach Gewinn gemacht.
Es stellte sich heraus, dass es gut für die Firmen war, den Angestellten leistungsfähige, flexible Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, denn die meisten Leute sind nicht dumm und wollen ihre Arbeit gut machen. Sie können Sachen, die ihre Chefs nicht
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