Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
können.
Als Besitzer wollen Sie also nicht, dass Ihre Geräte gesperrt sind, denn Sie wollen damit vielleicht Dinge anstellen, an die die Ingenieure nicht gedacht haben. Und als Angestellte wollen Sie nicht, dass die Geräte gesperrt sind, die Sie den lieben langen Tag benutzen, denn vielleicht wollen Sie etwas Sinnvolles damit anstellen, das die IT-Abteilung nicht vorhersehen konnte.
Das ist der Kern des Hayekismus: In den Außenbereichen sind wir schlauer als im Zentrum.
Die Wirtschaft bekennt sich oft lautstark zu Hayeks Ideen aus den 1940er Jahren zum Thema freie Märkte. Wenn es aber um die Freiheit in den Firmen selbst geht, dann bleibt die Wirtschaft gute fünfzig Jahre vorher stecken und verheddert sich in den Theorien von Frederick Winslow Taylor und seinem »Scientific Management«. Aus dieser Perspektive sind Arbeiter lediglich unzuverlässige Maschinen, deren Bewegungen und Handlungen von einem allwissenden Managementberater vorgeschrieben werden können, der mit dem gleichermaßen kenntnisreichen Industrieboss zusammenarbeitet, um den Angestellten die einzig richtige Weise zu diktieren, in der sie ihre Arbeit zu tun haben. Das ist ungefähr so wissenschaftlich wie das Heilmittel der Trepanation oder der Myers-Briggs-Persönlichkeitstest – es ist genau die Sorte Ideologie, aufgrund derer die drei großen Detroiter Autohersteller von Toyota abgehängt wurden.
Das soll heißen: Firmen, die ihren Nutzern Dinge erlauben, mit denen diese ihrer Meinung nach mehr Geld für die Firma verdienen können, verdienen manchmal damit mehr Geld.
So viel zu den wirtschaftlichen Gründen für umfassende Nutzerrechte. Es sind gute Gründe, aber eigentlich wollte ich sie nur schnell abhaken, damit ich zum eigentlichen Hauptgrund kommen kann: den Menschenrechten. Das klingt vielleicht etwas seltsam, aber haben Sie Geduld.
Vor einer Weile habe ich einen Vortrag von Hugh Herr gehört, dem Direktor der Biomechatronik-Gruppe am MIT Media Lab. Herrs Vorträge elektrisieren die Zuhörer. Er begann mit einer Reihe von Fotos, die ziemlich abgefahrene Prothesen zeigten: Beine und Füße, Hände und Arme und dann sogar ein Gerät, das fokussierte Magnetisierung benutzt, um bei Menschen mit schwerer Depression die Hirnaktivität in bestimmten Regionen zu unterdrücken, was zu erstaunlichen Ergebnissen führt.
Dann zeigte er ein Bild von sich beim Bergsteigen. Er ist richtig gut, er klebt am Fels wie eine Eidechse. Und er hat keine Beine – nur diese coolen Kletterprothesen. Herr schaute die Zuschauer an und sagte: »Ach ja, hatte ich das nicht erwähnt? Ich habe keine Beine, ich hab sie durch Erfrierung verloren.« Er krempelte seine Hosenbeine hoch und zeigte diese erstaunlichen Roboterbeine, und dann hüpft er die Bühne entlang wie eine junge Bergziege.
Die erste Frage aus dem Publikum war: »Wie viel kosten die?«
Er nannte eine Summe, für die Sie sich in Manhattan ein schönes Reihenhaus oder eine viktorianische Villa in der Londoner City kaufen könnten.
Die zweite Frage: »Okay, aber wer kann sich das leisten?«
Worauf Herr antwortete: »Jeder. Wenn Sie sich zwischen einem Kredit mit vierzig Jahren Laufzeit für ein Haus oder für neue Beine entscheiden müssen, dann nehmen Sie natürlich die Beine.«
Es ist also leicht vorstellbar, dass es in naher Zukunft Menschen geben wird – wahrscheinlich sogar sehr viele Menschen –, die »Nutzer« von Computern sein werden, die ihnen nicht gehören, und denen diese Computer in ihre Körper implantiert wurden.
Die meisten Menschen, die mit moderner Technologie zu tun haben, können gut nachvollziehen, warum man als Besitzer von Innenohrimplantaten auch gesetzlich dazu berechtigt sein sollte, die Firmware dazu aussuchen zu können. Denn wenn Sie ein Implantat besitzen, das Ihnen in den Schädel hineinoperiert wurde, ergibt es durchaus Sinn, dass Sie die Freiheit haben sollten, den Softwareanbieter dafür wechseln zu können. Vielleicht hat der Hersteller Ihres Implantats gegenwärtig den besten Algorithmus zur Signalverarbeitung. Aber dann lässt die Konkurrenz im Jahr darauf einen besseren Algorithmus patentieren – und nun sollen Sie für den Rest Ihres Lebens nur zur zweitbesten Hörfähigkeit verdammt sein? Und was ist, wenn die Firma bankrottgeht? Was, wenn nachlässig oder schlecht programmierte Software Ihrem Gehör Schaden zufügt? Diese Probleme können nur durch das ausdrückliche Recht beseitigt werden, die Software wechseln zu können, auch wenn der
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