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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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fand es »super«, wenn Frank sich in die Gemeinschaft einbrachte. Die Gespräche in der Gruppe würden ihm auch gegen seine sporadischen Depressionen helfen, hatte er gesagt. Es sei kein leichter Weg, trocken zu bleiben, aber Frank mache sich ganz toll.
    Frank kontrollierte den Rückspiegel. Der Fiesta war noch immer da.
    Ein Grinsen überzog sein Gesicht, als er an die Worte des Arztes dachte. So viel Lob. Der Doktor wollte ihn aufmuntern. Das war seine Aufgabe. Kontrolle und Ermutigung. Der gute Mann schien sehr zufrieden mit seinem Patienten zu sein. Gemeinsame Aktivitäten mit Gleichgesinnten. Das brachte Punkte. Die Überwacher waren so naiv. Wenn man sich ein bisschen in die Materie eingearbeitet hatte, konnte man ihnen allen etwas vorspielen. Und worauf er nicht von selbst kam, das erklärte ihm die Stimme. Frank spürte dem warmen Gefühl in seinem Brustkorb nach. Es war ein unfassbares Glück, dass er die Stimme hatte. Oder besser, dass sie ihn gefunden hatte und ihm beistand. Dafür war er bereit, alles zu tun.
    Den neuen Auftrag hatte er heute Nachmittag, noch vor dem Gruppentreffen erfüllt. Es sei eilig, hatte die Stimme vergangenes Wochenende gesagt, und dass er nicht lange mit der Erfüllung zögern dürfe. Maximal bis Mitte dieser Woche hatte sie ihm Zeit gegeben. Dieses Mal war es eine besondere Herausforderung gewesen.
    Er verstand die Hintergründe nicht immer, das war auch schon bei den ersten Anweisungen so gewesen. Jetzt jedoch hatte die Stimme etwas von ihm gefordert, das von allen bisher erledigten Aufgaben abwich. Bei längerem Nachdenken kamen ihm verschiedene Ideen, was der Zweck dieser Aktion sein könnte, aber es blieben nur Vermutungen. Es war auch nicht seine Angelegenheit, den höheren Sinn der jeweiligen Mission zu erkunden. Seine Pflicht war es, die Weisungen so exakt wie möglich auszuführen.
    Frank bog auf die Eilenburger Straße ab, beschleunigte und bremste sofort wieder, als er bemerkte, dass der Fiesta nicht mehr hinter ihm fuhr. War Lisa abgebogen? Hatte sie es aufgegeben, ihm nachzuspionieren? Bittere Enttäuschung wollte sich gerade in ihm ausbreiten, als das kleine Auto doch noch um die Kurve schlitterte. »Da bist du ja wieder!« Seine Rechte schlug auf das Lenkrad und schloss sich dann gleich wieder um den Schaltknüppel.
    Er hatte nicht erwartet, dass Lisa die Dreistigkeit besitzen würde, ihm erneut zu folgen, sich jedoch trotz alledem darauf eingestellt, dass sie es wieder tun würde. Das heute war der ultimative Test. Kam sie denn gar nicht auf die Idee, dass ihm ihre Observation schon längst aufgefallen war, so plump wie sie sich dabei anstellte?
    Frank bremste und bog auf den Weg zu Großvaters Grundstück ein. Mit einem Schmatzen spritzte der Schneematsch unter den Rädern an den Bordstein. Seit zwei Tagen taute es.
    Diese kleine Schlampe wurde allmählich lästig. Und gefährlich. Wenn sie herausfand, was er da auf dem Gelände trieb, war er geliefert.
    Und so hatte Frank selbst einen Plan gemacht. Er war sich noch immer nicht sicher, ob er sich diese Eigenmächtigkeit erlauben durfte. Andererseits fehlte ihm eine Möglichkeit, von sich aus mit der Stimme Kontakt aufzunehmen. Zudem glaubte er fest daran, dass das, was er heute Nacht vorhatte, im Sinne der Stimme war. Lisa gefährdete mit ihrer Neugier das gesamte Projekt.
    Er ließ das Auto vor der Garage stehen, stieg aus und achtete dabei darauf, immer schön sichtbar zu sein. Die Show konnte beginnen. Würde Lisa ihm die Scharade abnehmen?
    Das Garagentor öffnete sich mit einem Quietschen, Frank ging hinein und ließ es offen. Es gab nicht Interessantes zu sehen. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Häcksler und Motorsäge waren harmlose Gartenhelfer. Der Stahl blinkte frisch gesäubert. Er stieg die drei Stufen zum Haus hoch, schloss die Zwischentür auf und ließ sie hinter sich zufallen.
    Drinnen schaltete er als Erstes im Wohnzimmer und in der Küche das Licht ein, ohne die Vorhänge zuzuziehen. Er konnte die tastenden Blicke von draußen fast körperlich spüren. Die Beobachterin würde sehen, wie Frank Studer sich eine Cola eingoss und das Glas halb leer trank; dann zum Kühlschrank ging, eine Weile hineinschaute, den Kopf schüttelte, die Tür öffnete und wieder schloss und sich dann, noch immer kopfschüttelnd, mit der flachen Hand an die Stirn schlug.
    Frank achtete darauf, nicht zum Fenster zu sehen. Sie sollte sich ganz unbeobachtet fühlen. Er lächelte, sah auf die Armbanduhr und griff sich

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