Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
gegen Unfruchtbarkeit, Fieber, Arthritis- und Gliederschmerzen. Das braune Pulver riecht nach alten Nelken, wahrscheinlich eine Bekannte der armen Thuja. Und da ist auch ein Aufkleber auf der Tüte:
NOT FOR HUMAN CONSUMPTION
»Ich bin ja kein Fremdsprachengenie, aber bedeutet das nicht, dass man das Zeug unter keinen Umständen zu sich nehmen sollte?«, fragt L., schließlich ist er unser Sicherheitsbeauftragter. Da hat er recht, ich hänge mich ans Telefon.
»Ave? What does the label NOT FOR HUMAN CONSUMPTION mean exactly?« Ave beruhigt mich, den Aufkleber geben sie auf einige Produkte als Haftungsausschluss. Verstehe. Das ist wohl der Bruder von dem Aufkleber, der auf der Bestellseite für Sporen der Magic Mushrooms 75 steht:
NUR FÜR MIKROSKOPISCHE FORSCHUNGSZWECKE
Unschlüssig stehen wir vor den offenen Stinketütchen. »Wir können eine Tinktur draus machen«, schlage ich vor. »Ich habe gelesen, dass das die effektivste Art der Konsumierung ist.« – »Gut«, sagt L. und weg ist er. Tinkturen haben den Sinn, dass der hochprozentige Alkohol die Wirkstoffe (und Geschmackstoffe) des eingelegten Produkts übernimmt, was von Vorteil ist, wenn die Wirkstoffe des Produkts nur schwer in Wasser löslich sind. 76 Clavo Huasca und seine zwei Kumpels werden also in Schnaps geschüttet. Im Verhältnis von ungefähr 1 : 4. Ich sehe in dem Küchenschrank nach, wo die Alkoholika stehen, die irgendwie nie wegkommen. Da wäre die halbe Flasche Grappa aus dem letzten Urlaub, der in Italien hervorragend geschmeckt hat und zu Hause überhaupt nicht mehr, direkt daneben weißer Rum, den L. für die Zubereitung eines Cocktails benutzt hat, den ich nicht mehr riechen kann. Ganz hinten und seit den Achtzigerjahren ein treuer Begleiter: die gute alte Flasche Blue Cura ç ao, außerdem eine halbe Flasche Sambucca und eine Flasche mit mittelbrauner Flüssigkeit ohne Etikett, die sich niemand mehr aufzumachen traut. Der Grappa, der Sambucca und der Rum müssen herhalten. Ich schütte Thuja, Clavo Huasca und den Waldboden in jeweils eine Flasche. Zwei Wochen lang stehen die Flaschen auf dem Kühlschrank und werden von mir gegen neugierige Besucher verteidigt. Jeden Tag rüttle ich ein bisschen an ihnen, das tut ihnen angeblich gut.
Dann ist es so weit. Zwei Wochen nach dem Ansetzen stelle ich nach dem Abendessen die drei Flaschen auf den Tisch. »Wie viel?«, fragt L. unglücklich. Ein Schnapsglas jeweils. Ex und hopp. Durch Küchenpapier filtern wir die Flüssigkeiten in die Gläser, es geht jede Menge daneben, auf dem Tisch hat sich eine Aphrodisiaka-Pfütze gebildet. Hoffentlich passiert heute Nacht den Stühlen nichts.
In Erinnerung an das Muira-Puama-Desaster spielen wir Wer als Erster seine Gläser leer hat, aber als Schnäpschen sind die Pflanzen gar nicht so ungenießbar. Als L. anschließend kurz mit dem Hund rausgeht, kommt er mit einer geheimnisvollen Tüte nach Hause. »Weißt du, ich habe mir auch Gedanken über das Thema gemacht«, sagt er. Er klapst mir auf die Finger, als ich in die Tüte spitzen will. »Ich habe etwas besorgt, das wir zusammen probieren können, aber es ist nicht ungefährlich.« Damit hatte ich nun nicht gerechnet. L. sieht ernst aus. Ich lasse mich langsam auf den Küchenstuhl sinken, L. setzt sich mir gegenüber. Er lehnt sich nach vorne.
»Das Zeug hier«, er hält die Tüte hoch, »ist importiert und hat einen hohen Reinheitsgrad. Es ist niedrig dosiertes Gift, das direkt im Zentralen Nervensystem und im Gehirn wirkt. Wir können es nehmen, es ist enthemmend und steigert die Libido, aber wir müssen aufpassen. Man wird schnell abhängig davon. 2009 sind ungefähr 70 000 Menschen an dem Zeug gestorben, um die 2 Millionen sind süchtig.« Oh. Mein. Gott. L. sitzt mir zwar gegenüber, aber ich höre es schon klingeln. Zwei Polizisten werden vor der Türe stehen. Wohnt hier ein gewisser L. ? Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Verhandlung, Gefängnis, wir werden genauso dasitzen wie jetzt, nur mit ein paar Gitterstäben zwischen uns. Oder Plastikscheiben oder was immer die da heute haben. »Wo hast du das her«, frage ich flüsternd, für mehr reicht meine Stimme nicht mehr. L., ein Krimineller. Ich fasse es nicht.
»Von der Tankstelle«, sagt L. und holt eine Flasche 93er Chardonnay aus seiner Tüte.
Ehrlich, ich weiß nicht, wie Tongkat Ali, Damiana und Clavo Huasca ohne 93er Chardonnay und einer Tonne Erleichterung wirken. Ich kann nur so viel sagen: MIT wirken sie ganz
Weitere Kostenlose Bücher