Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
erzähle L. bei einem Glas Weißwein von der Besprechung und von meiner Pein im Bus heute morgen, was L. sichtlich Vergnügen bereitet. Dann sieht er mir tief in die Augen und beginnt, jeden einzelnen meiner Fingerknöchel zu küssen.
»Stell dein Handy auf lautlos«, sagt er und mir wird warm. Seine andere Hand sucht in der Tasche seines Jacketts nach seinem Telefon. Ich sehe mich um, ob uns jemand beobachtet. Andererseits – was soll derjenige schon sehen? Ein Pärchen, das sich an den Händen hält. L. fährt mit seinem Mund ganz leicht meine Finger entlang, sein Dreitagebart kitzelt etwas. Er ruft an. Nachdem die Mailbox ihren Spruch aufgesagt hat, die Verbindung unterbrochen wurde und das halbminütige Nachvibrieren um ist, sehen wir uns immer noch an. »Noch mal?«, fragt L. und küsst meine Fingerspitzen. »Mhm«, antworte ich. Nach dem dritten Anruf in Folge und während L. mir ganz zart in diese Mulde zwischen Daumen und Zeigefinger beißt, passiert es. Ich habe einen Orgasmus im Steakhaus. Das müssen Sie sich jetzt nicht so dramatisch wie in Harry und Sally vorstellen. Er schwappte ganz leise durch mich hindurch, so wie die Wellen im Mittelmeer, die einen nur so leicht nach oben heben, wenn man in der Brandung steht. Meine roten Flecken am Hals sind noch nicht wieder verschwunden, als der Kellner mit unseren Tellern kommt. »Wer bekommt das Steak Passión?« Das bin dann wohl ich.
Am Nachmittag kann ich mich nicht gut konzentrieren, weil ich immer wieder an das Erlebnis im Steakhaus denken muss. Und ich weiß, dass es L. ganz genauso geht. Er ruft nicht mehr an. Wer aber am späten Nachmittag anruft, ist meine Mutter. »Hallo Kindchen, du ahnst nicht, was deine Oma Hermine wieder gemacht hat«, meine Mutter legt los und das Ei auch. Glauben Sie mir, ein Gespräch mit meiner Mutter zu führen, während ein Minivibrator in meiner Hose liegt, gehört nicht zu meinen sexuellen Wunschvorstellungen. »Kind, ist was? Du klingst so komisch.«
»Nein, alles in Ordnung. Ich kann nur gerade nicht reden.« Ich weiß, irgendwann einmal werde ich ihr diese Geschichte erzählen. Und sie wird sie lieben, sie wird sie allen ihren Freunden erzählen und an einem bestimmten Punkt der Geschichte wird sie Bbrrrrrrrr machen.
Bevor ich an diesem Tag nach Hause gehe, habe ich noch eine Verabredung mit Jana auf einen Feierabenddrink. Die findet die Geschichte erwartungsgemäß hervorragend und will das Ei mal sehen. »Ich hab das noch an«, nuschle ich hinter meinem Glas. Woraufhin ebenfalls erwartungsgemäß Jana in die Hände klatscht, »fein!« sagt und mich sofort anruft. Ich hätte es wissen müssen. Sie legt ihren Kopf in meinen Schoß und lauscht. »Da hört man wirklich nichts « , sagt sie und bleibt mit ihrem Finger auf der Wahlwiederholung. Ein paar Leute gucken schon. »Es reicht jetzt, ich mach’s aus.« Mein Handy verabschiedet sich mit einem Bling! und Jana zieht eine Schnute. Fast hätte mein geschickter Themenwechsel uns auf andere Gedanken gebracht, da bekommt Jana eine SMS. Und mein Ei brummt. Das darf doch nicht wahr sein. Jana ist außer sich vor Freude. »Das geht an, wenn ICH eine SMS bekomme? Das ist ja Wahnsinn.«
»Ja, Wahnsinn«, antworte ich resigniert. Kurz darauf stellt sich heraus, dass das Ei auch angeht, wenn der Mann am Nebentisch telefoniert, die Blonde am Tresen eine SMS bekommt oder das Handy der Bedienung klingelt. 80 Ich drücke etwas verzweifelt auf den Tasten des Controllers herum, man muss das Ding ja irgendwie abstellen können. »Du hast die Bedienungsanleitung wieder nicht gelesen, oder?« Jana versucht mir zu helfen, indem sie mit rumdrückt. »Aus?«, fragend sieht sie zu mir. »Nein, stärkeres Vibrationslevel.« Sehr zu L.s Bedauern verstaue ich das Ei zu Hause ganz hinten in der Unterwäscheschublade.
Tags darauf bringt der Kurier das Sexspielzeug, das ich bestellt habe. »Ui toll, eine Brille!«, sagt L., als er das Paket aufmacht. Es ist natürlich keine Brille. Das Ding liegt nur in einer Verpackung, die aussieht wie ein Brillenetui. Ich öffne das Etui und lege den Inhalt auf den Tisch. Es ist aus Silikon, lila und sieht ungefähr so aus:
Nur runder, nicht so eckig. »Okay, keine Brille. Moment, sag nichts: Es könnte die Spirale der außerirdischen Gummipuppe sein«, rät L. weiter. »Oder eine sehr hässliche Geldklammer.« Bevor L. weitermacht, unterbreche ich.
»Scherzkeks. Er heißt We-Vibe. Er ist mehrfach als das innovativste und am besten verkaufte
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