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Das siebte Tor

Titel: Das siebte Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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oder zumindest ein solcher gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach
würde die Klinge für ihn Partei ergreifen. Hoffentlich war Hugh vernünftig
genug, sich nicht einzumischen, und warum hatte sie nicht daran gedacht,
Alfred vor dieser zusätzlichen Gefahr zu warnen!
    Zu spät. Ihre Pflichten lagen hier. Aus den
Augenwinkeln schaute sie zu Baltasar. Sein Blick traf den ihren wie eine
Degenklinge, prüfend, nach einer Schwäche des Gegners suchend.
    Marit hatte Mühe, ein lautes Auflachen zu
unterdrücken. Schwäche! Wir beide sind so schwach, daß wir kein Stück Butter
schmelzen könnten, und doch würden wir ohne Besinnen aufeinander losgehen.
Würden wir kämpfen bis zum Tode.
    Zornig wischte sie die Tränen weg, die ihr in die
Augen stiegen. Sie begann allmählich, Alfred zu verstehen.
    Kleitus ging bei der Auslöschung der Magie
systematisch vor. Die blutverkrusteten, wächsernen Hände machten zupfende
Bewegungen, als wäre er damit beschäftigt, einen gewebten Teppich zu zerpflücken.
Das schimmernde Runengefüge am Schiffsrumpf flackerte, verblaßte, wurde
unsichtbar. Während der Untote für nichts anderes Augen hatte, belauerte sein
Schemen den zögernd näher kommenden Alfred. Daß er überhaupt den Mut fand,
einen Fuß vor den anderen zu setzen, lag nicht zuletzt an dem Hund, der sich
an sein Bein drückte und ihn freundlich, aber bestimmt zum Weitergehen
ermunterte.
    Alfred hatte fürchterliche Angst, größere Angst,
als er je in seinem Leben vor irgend etwas gehabt hatte, nicht einmal vor dem
roten Drachen im Labyrinth. Er schaute Kleitus an und sah sich selbst. Sah mit
grausiger Faszination das Blut an den verwesenden Händen, den Hunger nach
lebendigem Fleisch in den toten Augen. Ein Hunger, der möglicherweise bald auch
ihn peinigte. Er sah in dem unsteten Schemen, der von dem Körper wegstrebte und
sich doch nicht zu lösen vermochte, die Verzweiflung und die Qual einer
gefangenen Seele. Er sah…
    Leiden.
    Alfred blieb so unvermittelt stehen, daß der
Hund noch ein Stück Weiterlief, bevor er aufmerksam wurde und sich umschaute.
Er fixierte Alfred mit einem strengen Blick, falls er vorhaben sollte, das
Hasenpanier zu ergreifen.
    Dort ist ein Geschöpf, das leidet.
    Ich habe meine Aufgabe ganz falsch gesehen. Ich
werde nicht jemanden töten. Ich gebe einer rastlosen Seele Frieden.
    Leichteren Herzens setzte Alfred seinen Weg fort
und bemühte sich, nicht daran zu denken, daß er, um den Zauber vollenden zu
können, die toten Hände des Lazars ergreifen mußte…
    Kleitus unterbrach seine Tätigkeit und wandte
sich Alfred zu. Der Schemen blickte durch seine Augen und verlieh für einen
kurzen Moment den starren Zügen einen Anschein von Leben, dann war das Gesicht
des Dynasten wieder eine grauenvolle Totenmaske.
    »Kommst du, um an den Wonnen der Unsterblichkeit
teilzuhaben?« fragte der Lazar.
    »… teilzuhaben…«, seufzte der Schemen.
    »Ich… ich will nicht unsterblich sein«, stieß
Alfred mit krächzender Stimme hervor.
    Irgendwo an Bord des Schiffes befand sich Hugh
Mordhand, beobachtete und lauschte. Er hatte Grund, bei Alfreds Worten zu
frohlocken. Jetzt begreifst du!
    Die blauen Lippen des Lazars verzerrten sich zu
einem hämischen Grinsen.
    Der Hund grollte tief.
    »Bleib hier.« Alfred legte ihm kurz die Hand auf
den Kopf. »Du kannst jetzt ohnehin nichts für mich tun.«
    Der Hund beäugte ihn zweifelnd, doch auf einen
für Alfred unhörbaren Befehl seines Herrn setzte er sich gehorsam hin, um zu
warten.
    »Du bist schuld!« schleuderte Kleitus ihm
entgegen. Die toten Augen waren kalt und leer, in den lebendigen Augen brannte
Haß – und ein wortloses Flehen um Erlösung. »Du hast dieses Unheil über uns
gebracht!«
    »… über uns gebracht…«
    »Ihr selbst tragt die Verantwortung für euer Unglück«,
entgegnete Alfred kummervoll. Er starrte auf die tote Hand, die er berühren
mußte, und schauderte. Wieder sah er vor sich, wie die langen Nägel sich unbarmherzig
in Marits Fleisch gruben. Ihm war, als spürte er sie schon an der eigenen
Kehle.
    Alfred versuchte, sich zu überwinden, das zu
tun, was er tun mußte… und dann wurde ihm die Entscheidung abgenommen.
    Kleitus sprang auf ihn zu. Seine Krallenhände
reckten sich nach Alfreds Hals, um ihn zu erwürgen.
    In unwillkürlicher Abwehr griff Alfred nach den
Handgelenken des Untoten, doch statt ihn wegzustoßen, hielt er ihn fest und
kniff die Augen zu, um die verzerrte

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