Das siebte Tor
Schlammtümpel, wo zuvor ein sanfter Stüber ihn aus dem
Gefahrenbereich bugsiert hätte.
Schweigend ging Marit neben Alfred her, die Hand
am Schwertgriff. Auch sie schien etwas zu planen, hatte jedoch offenbar nicht
die Absicht, jemanden einzuweihen. Nach kurzem Waffenstillstand war Alfred in
ihren Augen wieder der Feind geworden.
Es schmerzte ihn, doch er konnte ihr keinen
Vorwurf machen. Er durfte sie nicht ins Vertrauen ziehen; nicht, solange sie
Xars Mal auf der Stirn trug.
Mißtrauen, Verrat, Tod – Schrecken ohne Ende…
ohne Ende.
Auf Baltasars Befehl verließen die Sartan kurz
vor der Stadt die Straße und bewegten sich verstohlen durch die vom wabernden
Schein des Feuermeers geschaffenen Schatten. Die Kinder und alle, die zu schwach
waren, um weiterzugehen, suchten in den leerstehenden Häusern Unterschlupf,
während die übrigen an verschiedenen Stellen Posten bezogen, um den Hafen und
das Patrynschiff zu beobachten.
Kleitus war allein, keiner der anderen Lazare
half ihm, was Alfred zuerst vor ein Rätsel stellte. Dann begriff er diese
Untoten mißtrauten sich gegenseitig. Die Geheimnisse, die er Xar abgelauscht
hatte, verliehen Kleitus Macht; natürlich würde er sie eifersüchtig hüten. In
den Schatten verborgen, schauten die Sartan zu, wie der Lazar bedächtig Stück
für Stück die komplizierte Runen-Struktur auseinanderpflückte.
»Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen«,
flüsterte Baltasar, bevor er ging, um seinen Leuten Befehle zu geben.
Alfred war zu verstört, um zu antworten. Auch
Marit sagte nichts. Sie starrte fassungslos auf ihr Schiff. Fast zwei Drittel
des schützenden Runenpanzers waren zerstört, die Magie unwirksam gemacht.
Vielleicht hatte sie den Sartan nicht geglaubt, jetzt sah sie es mit eigenen
Augen.
»Glaubst du, Xar hat Kleitus dazu angestiftet?«
Eigentlich stellte Alfred die Frage an Haplo, aber Marit fühlte sich
angesprochen.
Ihre Augen blitzten. »Mein Gebieter hätte
niemals zugelassen, daß diese Lazare die Runenmagie erlernen. Außerdem, was
sollte ihm das nützen?«
Alfred schoß bei ihrer scharfen Erwiderung das
Blut ins Gesicht. »Du mußt zugeben, es wäre ein bequemer Weg, um sich die
Lazare vom Hals zu schaffen – und uns hier auf Abarrach festzuhalten.«
Marit schüttelte den Kopf. Sie weigerte sich,
diese Vermutung in Betracht zu ziehen. Unwillkürlich hob sie die Hand und rieb
über das Mal an ihrer Stirn. Als sie Alfreds Blick bemerkte, ließ sie die Hand
rasch auf den Schwertknauf fallen.
»Was hast du mit Kleitus vor?« erkundigte sie
sich kalt. »Willst du dich in den Drachen verwandeln?«
»Nein.« Alfred dachte nur widerwillig an das,
was ihm bevorstand. »Es wird all meine Kraft beanspruchen, die Beschwörung
durchzuführen, um seine gequälte Seele zu befreien.« Voller Unbehagen warf er
einen Blick auf den Lazar. »Ich kann nicht das tun und gleichzeitig der Drache
sein.«
Halblaut fügte er hinzu, nachdem er sich
vergewissert hatte, daß Baltasar nicht in der Nähe war: »Marit, ich habe nicht
die Absicht, den Sartan das Schiff zu überlassen.«
Sie musterte ihn schweigend, abschätzend.
Schließlich nickte sie kurz.
»Wie willst du sie daran hindern?«
Er leckte sich die aufgesprungenen Lippen. »Was
wäre, wenn ich das Schiff zerstöre?«
Statt aufzubrausen, wie er erwartet hatte,
schien Marit ernsthaft über die Frage nachzudenken.
»Wir wären auf Abarrach gefangen. Es gäbe für
uns keinen Weg, diese Welt zu verlassen.« Alfred wollte sichergehen, daß sie
begriff, was auf dem Spiel stand.
»Doch, es gibt einen.« Marit sah ihn an. »Das
Siebte Tor.«
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Kapitel 19
Glückshafen,
Abarrach
»Mein Gebieter!« Ein Patryn trat in Xars
Bibliothek. »Eine Gruppe von vermutlich Sartan ist in Glückshafen aufgetaucht.
Die Kundschafter glauben, sie haben es auf das Schiff abgesehen.«
Xar war längst über die Ereignisse im Bilde.
Durch Marits Augen und Ohren hatte er alles mitverfolgt, ohne daß sie etwas von
seiner Anwesenheit bemerkte. Er verriet jedoch nichts von seinem Wissen,
sondern schaute interessiert zu dem Patryn auf, der gekommen war, um ihm
Bericht zu erstatten.
»In der Tat, Sartan von Abarrach. Vor unserer Ankunft
ist mir etwas darüber zu Ohren gekommen, aber die Lazare rühmten sich, alle
Sartan wären tot.«
»Viel fehlt nicht mehr, Gebieter. Es ist ein
trauriger Haufen. Halb verhungert.«
»Wie viele sind es?«
»Fünfzig ungefähr. Mit den
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