Das siebte Tor
in hellem Sonnenschein.
Die Gold-, Silber- und Messingteile des
Allüberalls funkelten und blitzten.
»Ich weiß auch nicht so ganz, was ich meine«,
äußerte Haplo schließlich. »Auf jeden Fall halte ich es für besser, wenn du
den theoretischen Teil abkürzt und die praktische Durchführung in Angriff
nimmst.«
»Nun gut.« Alfred legte die Stirn in Falten.
»Aber ich muß in der Zeit zurückgehen.«
»Zurückgehen? Wohin zurück?«
»Zurück zu dem Augenblick der Teilung.« Alfred
senkte den Blick auf die weiße Tischplatte und zog fröstelnd die Schultern
hoch. »Gerne tue ich es nicht, aber es ist die einzige Möglichkeit. Ich muß
wissen, wie Samah den Zauber bewerkstelligt hat.«
»Dann nur zu«, sagte Haplo. »Aber vergiß nicht,
wiederzukommen. Und gib acht, daß du nicht in den Sog der Teilung gerätst.«
Alfred lächelte matt. »Nein. Keine Sorge, ich
passe auf.«
Langsam, zögernd, legte er die Hände auf den
Runentisch…
… Chaos umtobte ihn. Entsetzt stand Alfred
inmitten eines magischen Sturms. Heulende Winde packten ihn, stießen ihn gegen
die Mauer, zermalmten seine Knochen. Berghohe Wellen spülten über ihn hinweg.
Er ertrank, erstickte. Blitze zuckten, gleißten, Donnerschläge hallten in
seinem Kopf. Flammen verzehrten lodernd, prasselnd sein Fleisch. Alfred schrie
vor Schmerz, vor Angst; er starb.
»Ein einzelner Tropfen, fiele er auch in einen
Ozean, wird dennoch Kreise ziehen. Ich brauche euch alle, eure magischen
Kräfte!« Samah schrie, um sich in dem Tumult Gehör zu verschaffen. »Laßt sie
nicht erlahmen, oder keiner von uns wird überleben!«
Die Magie trieb auf Alfred zu wie Schiffstrümmer
auf einem sturmgepeitschten Meer. Er sah Hände greifen, sah einige Halt finden,
andere abgleiten und versinken. Verzweifelt warf er sich nach vorn.
Seine Finger umschlossen etwas Festes. Der Lärm
und die Angst verebbten für einen Moment, und er sah die Welt – heil,
wunderschön, ein schimmerndes blaugrünes Juwel im schwarzen All. Er mußte sie
zerstören, oder die chaotische Magie zerstörte ihn.
»Es tut mir leid«, stieß er weinend hervor und
sagte es wieder und wieder. »Es tut mir leid, es tut mir leid…«
Ein einziger Tropfen…
Die Welt explodierte.
Alfred griff mit letzter Kraft nach der
Möglichkeit, daß sie neu erschaffen werden konnte, und fühlte Hunderte von
Bewußtseinen das gleiche tun. Dennoch weinte er, während er schuf, und seine
Tränen flössen in ein Meer sanft gekräuselter Wellen.
Alfred hob den Kopf. Jonathon saß ihm auf der
anderen Seite des Tisches gegenüber. Der Lazar sagte nichts. Seine Augen waren
manchmal tot, manchmal von Leben erfüllt, doch Alfred wußte, diese Augen hatten
gesehen…
»So viele mußten sterben«, rief Alfred klagend. Er
konnte kaum atmen, die Trauer schnürte ihm die Brust zusammen. »So viele!«
»Alfred!« Haplo schüttelte ihn. »Es ist vorbei!
Laß los!« Der Sartan vergrub den Kopf in den Händen, seine Schultern zuckten.
»Alfred«, drängte Haplo behutsam. »Die Zeit…«
»Ja.« Alfred wischte sich über das Gesicht. »Ja,
es geht schon wieder. Und ich weiß, wie man das Todestor schließt.«
Er blickte zu Haplo auf. »Wir tun das Richtige,
ich habe keine Zweifel mehr. Die Welt zu teilen war ein großes Verbrechen,
doch ein Unrecht durch ein anderes gutmachen zu wollen, indem man die vier
Welten wieder zusammenfügt, wäre eine noch verheerendere Katastrophe. Und
wenn Fürst Xar scheitert… Oder die Magie sogar gänzlich versagt… Die Welten
würden sich auflösen, unwiederbringlich verloren sein. Alle würden sterben, und
Xar bliebe nichts als Staub.«
Haplo lächelte auf seine ernste Art.
»Und noch etwas habe ich erfahren.« Alfred erhob
sich würdevoll. »Ich kann den Zauber selbst bewerkstelligen, ohne deine Hilfe,
mein Freund. Geh zurück.« Er deutete auf die Tür zum Labyrinth. »Man braucht
dich dort. Dein Volk braucht dich und das meine ebenfalls.«
Haplo blickte in die Richtung der ausgestreckten
Hand. Er schaute auf das Land, das er früher gehaßt hatte und das jetzt alles
barg, was ihm teuer war. Er schüttelte den Kopf.
Alfred hatte damit gerechnet und haspelte seine
sorgfältig zurechtgelegten Argumente herunter. »Du wirst dort gebraucht, ich
werde hier tun, was getan werden muß. So ist es am besten. Ich habe keine
Angst.« Er lächelte schief. »Jedenfalls nicht sehr viel«, berichtigte er sich.
»Der Punkt ist, es gibt hier nichts
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