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Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Titel: Das Siegel der Finsternis - Algarad 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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nickte verdrossen und machte sich daran, den neuen Kurs zu berechnen, während die Matrosen die entsprechenden Vorbereitungen trafen.

Zweites Buch

1
    In der Tiefe des Berges, auf dem sich die Festung Nagatha erhob, befanden sich die Verliese und Folterkammern, die jedermann in Algarad in Angst und Schrecken versetzten. Man sagte, es sei besser, im Kampf getötet zu werden, als in jenes Labyrinth des Grauens als Gefangener gebracht zu werden. Und doch hatten viele Tausende dieses Schicksal erlitten. Man hielt sie gerade mit dem Nötigsten am Leben, und so darbte manch einer schon viele Jahre, manchmal auch Jahrzehnte in den Höhlen, in die nie das Tageslicht drang. Es waren Frauen und Männer. In riesigen Hallen zusammengepfercht, stets unter der Bewachung der Gredows, mussten sie als Sklaven wahnwitzige Bauvorhaben ausführen: Sie gruben Höhlen und Gänge, Hallen und Räume, von denen niemand wusste, wozu sie dienen sollten. Allzu oft brachen die Gänge ein, denn das Gestein hielt nicht stand und begrub viele der Unglücklichen unter sich. Nur wenige überlebten. Und wieder hieß es dann unter den Sklaven, dass man die Toten nicht betrauern sollte, denn sie hatte das bessere Los ereilt.
    Nur wenige Gefangene waren wichtig oder gefährlich genug, dass sie einer »Vorzugsbehandlung«, wie die Gredows es spöttisch nannten, in einer Einzelzelle unterzogen wurden. Lord Iru war einer von ihnen.
    Die eisernen Ringe schnitten tief in Irus Handgelenke, als die Gredows ihn unter lautem Fluchen mit einer Winde rasselnd auf die Füße zogen. Der Fürst von Dan hatte kaum dieKraft, sich auf den Beinen zu halten. Er hing erschöpft mit ausgestreckten Armen an der Eisenkette. Matt hob er die geschwollenen Augenlider. Er wusste, was sie vorhatten. Sie waren jeden Tag gekommen, seit sie ihn aus den Fluten der stürmischen See gerettet und in die Verliese der Festung Nagatha gebracht hatten. Sie hatten ihn gefoltert, doch er konnte körperliche Schmerzen und Entbehrungen ertragen. Das hatte er in den Jahren seiner Ausbildung zum Ritter von Dan und in den Kriegen der letzten Jahrzehnte gelernt. Er hätte all dies aushalten können, auch den Tod bereitwillig willkommen geheißen. Doch sie gaben ihm etwas, das ihn fast verzweifeln ließ: Sehnsucht und Hoffnung. Sobald sie die körperlichen Torturen beendet hatten, stellten sie einen großen magischen Spiegel vor ihm auf. Darin erschienen Bilder, die sein Herz berührten: die hügelige Landschaft der Insel Caithas Eri, auf der er aufgewachsen war; die stolze Festung Meledins mit den Bannern der freien Völker, die von den Zinnen wehten. Und sie zeigten ihm Arylinn, seine Verlobte im fernen Myrdin. Voller Sehnsucht und mit schmerzendem Herzen wollte er die Augen schließen und ihr Antlitz tief in seinem Geist bewahren, doch sie zwangen ihn, die Bilder des Spiegels weiter anzusehen. Sie wussten wohl, dass seine Gefühle schmerzhafter als alle Qualen waren, die sie ihm körperlich zufügen konnten. Was konnte zermürbender sein, als ständig einen Köder der Hoffnung vor sich zu sehen, deren Erfüllung unerreichbar blieb?
    Ein anderes Mal hatten sie die Tür zur Zelle offen stehen lassen und ihm die Fesseln abgenommen. Dann waren sie verschwunden. Der Weg in die vermeintliche Freiheit stand offen. Iru wusste, dass es eine Falle war und er nicht wirklich entkommen konnte. Aber er musste gegen die drängende Versuchung ankämpfen, aufzustehen und es zumindest zu versuchen.
    Seine Peiniger hatten ihm immer wieder Fragen gestellt: Wo lag Meledins verletzlichste Stelle? Was hatte der Hochkönig vor? Welche Verteidigungsmaßnahmen hatte er im Falle eines Angriffs auf sein Reich geplant? Was wusste Iru vom Siegel der Finsternis, wie die Gredows den Meledos-Kristall nannten? Wie hatte der Orden von Dan davon erfahren? Wie hatte sich Iru unbemerkt in Nagatha einschleichen können?
    Fragen über Fragen. Iru schwieg. Er hatte gelernt zu schweigen. Doch irgendwann – das wussten auch die Folterknechte Achests – würde sein Widerstand brechen. Iru betete, dass ihn das Leben vorher verlassen würde.

2
    Der Bash-Arak nahm das Farbenspiel des Sonnenuntergangs über dem Narnen-Meer mit Abscheu wahr. Jedes andere Wesen hätte die Weite des Himmels und die Freiheit wahrscheinlich in Verzückung versetzt, nicht aber den Herrn der Schatten. Er hatte den Freuden der Welt zu lange entsagen müssen, sodass er nur noch Hass für diejenigen empfand, die ihn damals verbannt und zu einem Wesen des Zwielichts

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