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Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Titel: Das Siegel der Finsternis - Algarad 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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Meerenge von Sinth bringt. Dann spart man durch die Passage viel Zeit, weil die Strecke um etliche Seemeilen kürzer ist. Hoffen wir, dass uns Eta, die Göttin der Meere, gewogen ist.«
    »Seit wann besteht diese Flaute, in der wir uns jetzt befinden?«, fragte Tenan.
    »Sie begann gegen Mitternacht«, ließ sich Morn vernehmen, der ein missmutiges Gesicht machte, als hätte er eh schon alles vorausgeahnt.
    Was anfangs noch ein leidlich interessantes Naturphänomen gewesen war, entwickelte sich schnell zu einem großen Ärgernis. Kein Lufthauch regte sich, die Sonne brannte unbarmherzig auf das Deck. Harrid beschäftigte die Männer damit, Schäden zu reparieren und Arbeiten zu erledigen, die sonst liegen blieben, aber irgendwann waren auch diese beendet. Die Männer saßen tatenlos herum, die Tage zogen sich in öder Langeweile dahin.
    Doch die Nächte boten ein Schauspiel, das viele in Angstund Schrecken versetzte. Die Ruhe, in der die Dakany auf dem Meer trieb, war besonders beängstigend, sobald die Geräusche der Mannschaft verstummt waren und alles in vollkommenem Schweigen lag. Die stille See spiegelte das unermessliche Band der Sterne in genauem Abbild wider. Dann schimmerte von unten, aus den Tiefen des Meeres, ein bläuliches Licht empor, geisterhaft und unheilverkündend. Es pulsierte in unregelmäßigen Abständen, steigerte seine Intensität, um dann in einem hellen Blitz zu enden, der das Wasser erhellte. Dem folgte ein dumpfes Grollen und Rumpeln, doch die Wasseroberfläche blieb glatt wie Glas.
    Die Matrosen machten das Zeichen gegen den bösen Blick, wenn dieses Licht auftauchte. »Die Toten rufen uns«, raunte ein kleiner zahnloser Alter namens Fruke Tenan zu. »Die Seelen der ertrunkenen Seeleute hausen dort unten am Grund des Meeres. Sie sind einsam und sehnen sich nach den Lebenden. Das blaue Licht soll uns einladen und den Weg zu ihnen weisen, damit wir ihnen Gesellschaft leisten in ihrem nassen Grab. Sie haben die riesigen Tore zu ihrem Reich aufgestoßen, damit wir zu ihnen kommen. Nun sind sie wütend, weil wir ihre Einladung nicht annehmen. Wenn wir uns noch lange in dieser Gegend aufhalten, werden sie einen Sturm heraufbeschwören, der unser Schiff versenkt, und uns holen. Oder sie bewirken eine andere Katastrophe, um uns zu vernichten. Warte nur, diese Fahrt steht unter keinem guten Stern ...«

4
    Tenan und Chast hielten sich tagsüber fern von den anderen. Der Kesselflicker wollte die Zeit sinnvoll nutzen und schleppte Tenan aufs Hauptdeck, zwei Holzstäbe in der Hand, um ihn in der Kunst des Schwertkampfs zu unterrichten. »Das, was du im Kampf mit den Gredows geboten hast, solltest du schleunigst wieder vergessen!«
    »Aber es hat doch funktioniert«, widersprach Tenan gekränkt. »Ich konnte mich verteidigen. Das einzige Problem war, dass der Gredow stärker war als ich.«
    Chast schüttelte den Kopf. »Es kommt im Kampf nicht auf die Stärke an. Wenn die Körperkraft wirklich einen solchen Einfluss hätte, könnte kein schwächerer Gegner jemals siegen. Nein, es ist die vollkommene Verbindung von Körperbeherrschung mit den Kräften des dhorin , die einen wahren Krieger überlegen machen.« Er drückte Tenan den Holzstab in die Hand. »Das Wichtigste ist der Stand, aus dem heraus du dich verteidigst«, erklärte Chast. »Steh gerade und aufrecht, beide Füße aneinander. Nun stell beide etwa einen Fußbreit aus einander und geh leicht in die Knie, damit du gelenkig bleibst – gut so!« Er rückte das Holz in Tenans Händen zurecht. »Du hältst die Waffe zunächst mit beiden Händen. Der Oberkörper – vor allem die Schultern – bleibt dabei ganz locker.«
    »Können wir nicht mit echten Schwertern üben?«, maulte Tenan. »Ich habe diese Holzstäbe satt, die ich schon in Esgalin immer verwenden musste. Wir haben doch genug Waffen an Bord.«
    Chast lachte. »Das werden wir sicher nicht tun. Die Gefahr, sich zu verletzen, ist viel zu groß. Du meine Güte, nur gut, dassihr in Esgalin keine Schwerter zum Üben hattet – ihr hättet euch vermutlich in Stücke gehauen.«
    »Ich bin kein Anfänger«, rief Tenan erbost. Er hatte sich bisher immer eingebildet, schon alle wichtigen Angriffs- und Verteidigungstechniken zu beherrschen.
    »Du bist ein gewaltiger Anfänger«, gab Chast ungerührt zurück. »Du musst das, was ihr euch gegenseitig beigebracht habt, schnellstens vergessen. Es hat mit Schwerttechnik nicht das Geringste zu tun!« Er drückte mit seiner Hand leicht auf einen Punkt

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