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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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zu Baumstamm. Immer wieder warf er wachsame Blicke neben und hinter sich und fasste bei jedem Geräusch nach dem Schwert.
    »Seit unserer Begegnung gestern ist schon wieder allerhand passiert«, strahlte Alexius seinen väterlichen Freund an. »Meine Probleme sind nicht gelöst, aber sie wirken heute weniger erdrückend, obwohl mir auch Unangenehmes zugestoßen ist.«
    »So erzähl.«
    »Ich weiß nicht, ob … Ihr wart Mönch und seid Erzbischof …«
    »Vor allem bin ich dein Freund. Du bist mir lieb wie ein Sohn. Los, so erzähl schon. Ich kann mir vorstellen, was du mir zu berichten hast.« Gerbert zwinkerte mit den Augen.
    »Eine hübsche Schankwirtstochter …« Der junge Grieche war verlegen.
    Gerbert lachte. »Genau die richtige Zerstreuung für einen Missus. Pass nur auf, dass du dein Abenteuer als teutonischer Ritter und nicht als Enkel eines byzantinischen Würdenträgers überstehst.«
    Als Alexius ihn verständnislos musterte, fuhr der andere fort: »Du kennst doch die griechische Geschichte besser als ich. Die byzantinische Kaiserin Anastaso war früher Schankwirtin. Kaiser Romanos war so leidenschaftlich verliebt, dass er seine Schöne aus dem Volk auf den Kaiserthron setzte.«
    »Ich bin zwar kein Herrscher, aber trotzdem wird mir so etwas nicht passieren«, gab Alexius amüsiert zurück. »Es macht mir sogar Mühe, mit ihr zu sprechen. Sie kann mein Latein kaum verstehen. Außerdem will ich Rom bald verlassen und nordwärts reiten.« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, ängstliche Unruhe durchströmte ihn. Plötzlich empfand der Grieche die römische Mittagssonne als drückend heiß und zog Gerbert in den Schatten einer Pinie.
    Als der Erzbischof ihm freundschaftlich zunickte, sprach Alexius weiter: »Ich habe mich zum Missus ernennen lassen, weil ich nach Chur reiten muss.« Nun sprudelten die Worte von selbst. Eifrig erzählte Alexius vom Mord in Verona und wiederholte Carolus’ letzte Worte.
    »Mörder haben ihm aufgelauert? Seinen Namen genannt?« Gerbert war verblüfft. »Hatte Carolus denn Feinde?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Er war ebenso vornehm wie beliebt. Einer der jungen Höflinge, gelegentlich Bote. Nichts weiter. Er nahm keine Sonderstellung ein und hatte sicher auch keine Feinde.«
    Gerbert strich sich nachdenklich über den braunen Haarkranz. »Selbst wenn er von Gefolgsleuten gehasst worden wäre … was hat das mit dem Bischof von Chur zu tun?«
    »Und mit dem Antichristen?«
    »Das Böse ist identisch mit dem Antichristen«, sagte der gelehrte Prälat. »Ein gemeiner Mörder steht immer auf der Seite des Teufels.«
    »Aber der Bischof von Chur?«
    »Das kann nur bedeuten, dass Carolus etwas Gefährliches erlebt oder gewusst hatte und deshalb sterben musste. Hielt er sich vor der Reise über die Alpen in Chur auf?«
    »Er war als Königsbote auf der Insel Reichenau. Das liegt auch in Schwaben.«
    »Wenn wir nicht mehr wissen, musst du tun, was Carolus verlangt hat. Du hast ihm dein Wort gegeben, und ein Versprechen an einen Sterbenden wiegt schwer. Wenn du dich nicht versündigen willst, so reite nach Chur.« Gerbert strich dem jungen Freund aufmunternd über das Haar. Plötzlich stutzte er und betastete den Kopf aufmerksamer.
    »Was haben wir denn da für eine Beule? Hast du dich für deine römische Schankwirtin geschlagen?«
    »Ein Überfall.« Alexius strich sich über die Wunde. »Vorgestern nach meinem Wirtshausbesuch. Man hat mich niedergeschlagen. Wenn mir nicht ein Herr mit seinem Gefolge zu Hilfe geeilt wäre, würde ich jetzt nicht vor Euch stehen. Als die Schurken mich bewusstlos geschlagen hatten, griffen meine Retter ein und brachten mich in Sicherheit.«
    »Hast du außer mir noch jemandem deine Geschichte über den Mord in Verona erzählt?«, fragte Gerbert alarmiert.
    »Nein, keiner Menschenseele.«
    Der Kirchenfürst wollte sich genauer erkundigen, aber Alexius winkte ab. »Macht Euch keine Sorgen. Wir dürfen nicht anfangen, überall Gespenster zu sehen. Ihr wisst ja, dass Rom eine unsichere Stadt ist. Der Kaiser befindet sich erst seit wenigen Tagen hier, und schon habe ich von mehreren Überfällen auf Gefolgsleute gehört.«
    »Ich weiß nicht … In letzter Zeit stoßen dir zu viele ungewöhnliche Dinge zu. Pass auf dich auf, Alexius.«
    Der junge Kaiserbote schlug die Warnung in den Wind. »Reden wir von etwas anderem. Wie sieht Eure eigene Zukunft aus?«
    Gerbert zögerte, nahm Alexius beim Arm. Schweigend stiegen sie wieder zur Stadt hinunter,

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