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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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unterzeichnet.
    »In einer Klosterzelle auf der Insel Reichenau ist dieser Brief gefunden und mir für die Reichskanzlei mitgegeben worden. Der Verfasser, ein Klosterbruder der Reichenau, ist offenbar beim Schreiben unterbrochen worden. Man hat ihn in derselben Nacht erschlagen. Ich weiß nicht, wem ich trauen soll. Für den Fall, dass ich Pavia nicht heil erreiche, hinterlasse ich bei Bischof Woldo in Chur eine Abschrift des Briefes.«
    Der Bote des Kaisers war enttäuscht. Carolus’ Tod blieb ein Rätsel. Die Zeilen machten alles nur noch komplizierter. Im ersten Impuls wollte er sofort nach der Reichenau reiten. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto unheimlicher wurde ihm das Kloster. Alexius hatte Angst. Würde er sich auf der Reichenau irgendjemandem anvertrauen können? Wer hatte Carolus den Brief des erschlagenen Mönchs mitgegeben? Weshalb musste jener Klosterbruder sterben? Offensichtlich hatte er ein vertrauliches Gespräch belauscht. Aber waren Abt Witigowos Unterredungen derart geheim, dass ein Lauscher seine Indiskretion mit dem Tod bezahlen musste? Zumal nur heilige Worte von Äbten und Bischöfen gesprochen wurden? Alexius wusste keine Antwort auf all seine Fragen und beschloss, die Reise zur Reichenau aufzuschieben.
    Am nächsten Morgen verriet der Missus seinen Reisegefährten nichts von der Botschaft und schob sie gedanklich beiseite. Irgendwie würde es ihm gelingen, das Rätsel zu lösen. Jetzt musste er seinen kaiserlichen Auftrag erfüllen, so bald als möglich das wichtigste Dokument nach Selz bringen. Beim Gedanken an Niederlothringen entspannte er sich. Nur möglichst weit wegreiten von der verhängnisvollen Reichenau, die Carolus aus irgendeinem Grund das Leben gekostet hattet.
    Nachdem Kolumban nach Einsiedeln abgeschwenkt war, reiste Alexius mit seinem Gefolge auf dem schnellsten Weg nach Selz. Trotzdem wurde es Juli, als sie in Kaiserin Adelheids klösterlicher Unterkunft am Rhein ankamen. Mehr als sechs Wochen hatte die Reise gedauert.
    Zum Glück bin ich kein Eilbote, dachte Alexius. Die Überbringer dringender Botschaften mussten auf jede Reisebequemlichkeit verzichten und von einem Pferderücken auf den andern springen. Natürlich war ihm jener Bote ein Begriff, der Ende Dezember 983 die unglückliche Meldung vom Tod Kaiser Ottos II. in nur einundzwanzig Tagen von Rom nach Aachen getragen hatte …
    Auf Weisung seines in Italien weilenden Vaters wurde Otto III. am Weihnachtstag zum König gekrönt. Alexius war damals in Reims und selber noch ein Kind, aber Augenzeugen erzählten ihm die Geschichte so oft, dass er sie selbst erlebt zu haben glaubte. In der Pfalz von Aachen wurde der kleine Otto von den Erzbischöfen von Ravenna und Mainz feierlich gesalbt. Er trug die königliche Dalmatika, die eigens für diesen Anlass in Miniaturgröße angefertigt worden war. Die Reichsinsignien allerdings hatten die normalen Maße. Als ihm die viel zu große Krone auf den Kopf gesetzt wurde, brach der König unter dem Gewicht fast zusammen. Tapfer hielt er den Reichsstab und das Zepter in den kleinen Händen. Der Dreijährige auf seinem riesigen Thron wusste nicht, dass er seit Tagen ein Halbwaise war.
    Alexius’ Gedanken schweiften weiter zu den turbulenten Wochen nach dem Tod des Kaisers. Ein entfernter Onkel des minderjährigen Königs, Heinrich der Zänker, stellte Machtansprüche und entführte den Kleinen. Gerbert von Aurillac vermittelte im Interesse Ottos. Heinrich gab bald auf, der König durfte zu seiner Mutter Theofanu zurückkehren. Die Ottonenherrschaft war gesichert. Man erzählte sich damals, das Königskind stehe unter Gottes besonderem Schutz. Als Heinrich der Zänker sich unterwarf und dem kleinen Herrscher in den Armen seiner Mutter Theofanu Tränen der Freude über die Backen kollerten, erstrahlte mitten am Tag ein glänzender Stern am Himmel.
    Die Gedanken an die Wirren der Regentschaftszeit unter den Kaiserinnen Adelheid und Theofanu brachten Alexius in die Gegenwart zurück. Er übergab das Schreiben Ottos an der Klosterpforte von Selz. Die kaiserliche Großmutter empfing den Missus nicht. Sie hatte sich am fünfzehnten Geburtstag des Herrschers enttäuscht ins Kloster zurückgezogen. Verführt vom Rat anmaßender Jünglinge, wie Adelheid später schrieb, hatte der mündig gewordene König sie von seinem Hof gewiesen. Alexius zog es vor, der alternden Kaiserin nicht zu begegnen, und wartete ihr Antwortschreiben an den Enkel in einer Herberge ab.
    In der Nähe des

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