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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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    In den vermummten Pilgern dicht hinter ihm hätte niemand bis auf die Zähne bewaffnete Diener vermutet. Ricolf und Gerold waren Alexius wie immer auf den Fersen.
    Am Flussufer bockte das Maultier. Zahlreiche Menschen standen am Wegrand, die Ansammlung wurde dichter und dichter. Alexius wartete in der Menge, bis einige Reiter die Leute zur Seite schoben. Eine Prozession. »Heiliger Vater!« Die Stimmen mehrten sich, wiederholten: »Heiliger Vater.« Der Bote misstraute seinen Ohren, den Augen musste er glauben. Inmitten von Priestern und Kerzen tragenden Diakonen ritt auf dem weißen Schimmel der Papst. Es war nicht Gregor, konnte nicht Gregor sein.
    »Ich bin aus Arles hergepilgert und fremd in Rom. Bitte sagt mir, was hier passiert«, wandte Alexius sich an einen gut gekleideten Zuschauer.
    »Papst Johannes zieht nach Sankt Peter.«
    »Welcher Johannes?«
    »Ja, wisst Ihr denn nicht, dass Papst Gregor vertrieben worden ist? Jetzt haben wir Papst Johannes, den sechzehnten dieses Namens.«
    »Das Volk von Rom, der Senat, alle haben diese neue Wahl beschlossen?«
    »Man sieht, dass Ihr aus der Fremde kommt. Was in Rom passiert, bestimmt wieder Crescentius Nomentanus. Er hat den Erzbischof Johannes Philagathos zum Papst gemacht.«
    Natürlich, durchzuckte es Alexius. Johannes Philagathos. Kaiser Ottos byzantinischer Brautwerber. Der Mann, den ich in Rom treffen muss. Ich habe ihn vor Jahren am Hof gesehen. Fasziniert beobachtete Alexius den Umzug. Es war mehr als irgendeine Prozession. Der frisch gewählte Papst Johannes XVI. zog feierlich vom Lateran nach Sankt Peter. Das Volk war begeistert. Kein fremder Papst. Ein Bischof aus Italien, vom mächtigen Crescentius Nomentanus persönlich ausgewählt.
    Alexius hatte genug gesehen. Energisch dirigierte er sein Maultier aus der Menge und suchte seine übrigen Gefolgsmänner im vereinbarten Gasthof. Eine Stunde später galoppierte der beste Reiter unter ihnen aus der Stadt. In seiner Tasche eine Eilbotschaft für Papst Gregor in Pavia.
    Alexius suchte Trost und Hilfe auf dem Aventinhügel. Im dortigen Kloster fand er treue griechische Brüder und italienische Benediktiner, die schon seinem Vater und Großonkel verpflichtet gewesen waren. Nur einem Einzigen wollte er sich anvertrauen. Der Bote des Kaisers band sein Maultier im Klosterhof fest und näherte sich der Kirche, lauschte. Die Gesänge hatten erst begonnen, er musste warten.
    Alexius sah zum Himmel. Er war tiefblau, im Westen tauchte die Abendsonne einige Streifenwolken in rötliches Licht. Plötzlich hatte der Missus Lust auf einen Spaziergang.
    Er durchquerte den Klostergarten und gelangte auf die Straße, die zur Basilika der heiligen Sabina führte. Das Portal war geschlossen. Wie verzaubert blieb Alexius vor den Türflügeln stehen. Begnadete Künstler hatten Geschichten in das Pinienholz geschnitzt. Der junge Mann strich mit den Fingern über das mit Öl bepinselte Holz, konnte den Erlöser am Kreuz, Petrus, Paulus und sogar Moses mit dem Pharao von Ägypten erkennen. Nie in seinem Leben hatte Alexius solche Reliefs gesehen. Tief beeindruckt bestaunte er die einzelnen Holzbilder und genoss es, eines um das andere zu deuten.
    Von Freude durchströmt spazierte der Missus durch den Orangengarten zur Kuppe des Hügels. Intensiv war der Duft der reifen Früchte. Alexius atmete den ersten Frühling ein. Sein Innerstes frohlockte. Endlich in Rom. In der Ferne sah er Sankt Peter ockergelb leuchten und kniete nieder zum Gebet. Beim Aufstehen legte sich eine schwere Hand auf seine Schulter. Theodor, ein Vetter seines Vaters Leon. Sein halbes Leben hatte der Klosterbruder aus Byzanz auf dem Aventin verbracht.
    Alexius umarmte seinen Verwandten, fühlte sich plötzlich geborgen. »Onkel Theodor, fast ein Jahr ist vergangen.«
    »Willkommen in Rom, Alexius«, sagte der Mönch mit dem gutmütigen Vollmondgesicht. »Der Bruder Pförtner hat dich vor der Klosterkirche gesehen und mich benachrichtigt.« Er nahm Alexius beim Arm und führte ihn durch den Orangenhain. »Ja, seit fast einem Jahr bist du Bote des Kaisers.« Der Mönch strahlte, besann sich und schüttelte den Kopf. »Du bist zu spät gekommen, Alexius, hast deine Eltern nur um einige Tage verpasst. Letzte Woche sind sie mit deinem Bruder wieder abgereist. Sie haben im papstlosen Rom am Grab des heiligen Petrus gebetet.«
    »Papstlos bis heute.«
    »Ja, da hast du Recht.« Theodor führte den Neffen Richtung Kloster. Aufmerksam sah er dem jungen Mann in

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