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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Reformkloster zwölf Peitschenhiebe kosten.«
    Erleichtert senkte Alexius den Kopf, empfand die Kapuze wie einen Schutzschild. Im Scriptorium wartete er geduldig auf einer Bank, bis Kolumban die kopierten Bücher begutachtet hatte. »Gehen wir, der Spaß hat schon lange genug gedauert«, flüsterte der Einsiedler einige Zeit später. »Kommt, Bruder Alex.«
    Der Kaiserbote zog den Mönch am Ärmel in eine Nische. »Ihr müsst versuchen, mit Bruder Paulus zu sprechen.«
    »Weshalb, im Namen des Himmels?«
    »Ich muss ihm eine Frage stellen.«
    »Gehen wir!« Aus Kolumbans Stimme war die Ironie verschwunden. Die Sache kam ihm plötzlich unheimlich vor.
    »Nicht, ohne Bruder Paulus gesprochen zu haben.«
    »Was soll ich ihm denn sagen?« Kolumbans Stimme klang verzweifelt. »So erklärt Euch doch.«
    »Sagt, Euer verstorbener Abt habe ihn vor zwei Jahren auf der Reichenau getroffen. Nun möchte sein Nachfolger durch mich Grüße überbringen. Ihm, Bruder Paulus, nicht dem Abt.«
    Kolumban schimpfte in Gedanken, gab aber nach. Plötzlich siegte sein Humor, die Posse amüsierte ihn wieder.
    »Bruder Paulus«, empfing Alexius den herbeigerufenen Senior. »Abt Gregor und ich haben Euch auf der Insel Reichenau kennen gelernt. Das war … wartet … im November des vorletzten Jahres?«
    »Stimmt, damals war ich im Norden. Aber nicht auf der Reichenau. Ich musste nach Fleury reisen und machte auf dem Rückweg in Peterlingen Halt.«
    »Ihr müsst Euch doch erinnern …«, insistierte Kolumban, der Alexius zu helfen glaubte. Der Missus trat ihm mit dem Schuh auf die Sandalen. Empört sah der Klosterbruder zu ihm auf. Als Alexius kaum merklich den Kopf schüttelte, verstand Kolumban. Er machte einen neuen Anlauf, korrigierte sich: »Ihr erinnert Euch bestimmt … wie kalt der damalige Herbst war …«
    Minuten später machte der Mönch auf der Landstraße Luftsprünge. »Ihr habt den Spaß so weit getrieben den Stellvertreter des Abtes herbeizurufen«, prustete er vor Lachen. »Und Ihr habt es geschafft. Das Schauspiel war perfekt, lieber Bruder, Euer ganzes Geschwätz ein Gaudium.«
    Alexius gab keine Antwort und entspannte sich. Seine Aufklärungsarbeit war für den Moment erledigt. Mit Bruder Paulus von Sankt Peter in Pavia brauchte er sich nicht mehr zu befassen. Der hatte die Reichenau nicht besucht. Nun blieb nur noch Bruder Benedikt aus Farfa als möglicher mysteriöser Gesprächspartner Abt Witigowos übrig. Bald würde er es wissen. Nach seinem Aufenthalt in Rom musste er Zeit finden, Farfa einen Besuch abzustatten.
    Als sie an seinen Gefolgsmännern vorbeikamen, erteilte Alexius einige Befehle. Ausnahmsweise fügten Ricolf und Gerold sich und ritten zu ihrem Quartier voraus. Zu Kolumban sagte der Missus: »Kommt, wir wollen als Mönche durch die Stadt wandern.«
    Kolumban war Feuer und Flamme. Zusammen schlenderten sie an den einfachen Hütten hinter der Klostermauer vorbei. Die Kukullen tragenden Männer aus dem Norden wurden von den Bauern und Kleinhandwerkern nicht beachtet. Jedermann ging seiner Wege. Ohne Ziel spazierten sie durch die Gassen, bis eine Menschenansammlung ihre Aufmerksamkeit erregte.
    »Wieder ein Wanderprediger«, flüsterte Alexius. Bei sich dachte er: Aber jetzt bin ich kein glitzernder Adliger und kann zuhören, so lange ich will. Er drängte nach vorn, erinnerte sich an jenen anderen Priester, den er nach dem Kampf mit dem Bären getroffen hatte. An dessen durchdringende Augen. Dieser hier sah anders aus. Auch ein Kuttenträger, aber fetter, gedrungener. Alexius zog die Kapuze noch tiefer ins Gesicht und hörte gespannt zu.
    »Idolum in sancta sede«, zitierte der Priester mit monotoner Stimme. Die Umstehenden nickten beeindruckt. Sie verstanden kein gelehrtes Latein. »Der Antichrist wird an heiligster Stätte verführen und Gläubige gegen Gott kehren, bis er entlarvt ist. So steht es geschrieben.« Nach einer effektvollen Pause fuhr der Mann fort. »Ich sage euch, die tausend Jahre sind um. Noch ist der Antichrist gebunden. Aber er kündigt sich an. Wir leben in schrecklichen, in eisernen Zeiten. In Pavia ein Papst, in Rom ein anderer. Sind euch in letzter Zeit Ochsen gestorben?«
    Die Frage kam so unvermittelt, dass die Zuhörer einander verblüfft anstarrten. Ja, riefen sie, ja, uns sind Ochsen gestorben, auch Schweine. Und unsere Kinder. Die Dürre des Sommers hat viele Kinder das Leben gekostet.
    »Da seht ihr es selbst. Zerstörung und Tod! Die tausend Jahre sind um. Noch ist der

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