Das Siegel der Macht
mit dem Transport der Steinblöcke von der Campagna nach Rom beschäftigt.«
»Kaiser Otto hat die Verstärkung des Kastells ausdrücklich verboten.« Alexius war beunruhigt. »Ich werde den frechen Machthaber daran erinnern müssen.«
»Du willst zu Crescentius Nomentanus?«, fragte Lucilla erschrocken.
»Ja, der Kaiser möchte durch uns Botschafter mit ihm verhandeln.«
»Wahrscheinlich ist er gar nicht hier. Vorgestern hat Vater mir erzählt, dass der Senator für einige Tage ins Anienetal gereist ist.«
»Umso besser. In deinen Amen warten, Lucilla! Von mir aus kann er so lange dort bleiben, wie er will.« Die Augen des Griechen leuchteten. Er stand dicht vor der jungen Frau. Lucilla spürte den Hauch seiner Lippen an ihrem Scheitel. Langsam, gleichmäßig begann er ihre Brüste zu streicheln. Sie hob den Kopf und verlor sich in seinen Augen.
Der strahlend blaue Himmel machte Alexius Mut, als er am ersten Novembermontag des Jahres 997 am Tempel der Fortuna Virilis vorbei zum Turm des Crescentius Nomentanus ritt. Vergeblich hatte er tagelang versucht, den Besuch der Gesandtschaft des Kaisers anzumelden. Von Crescentius kam keine Antwort. Deshalb zog der Missus mit seiner Delegation direkt zum befestigten Wohnhaus des römischen Machthabers. Dem Zeremoniell entsprechend, wurde ein Reiter vorausgeschickt. Alexius sah, wie dieser eingelassen wurde und Minuten später wieder vor dem Tor erschien, begleitet von einem Hausdiener. Crescentius Nomentanus sei nicht in seinem Palast, er inspiziere die Umbauarbeiten an der Engelsburg. Höflich ging der Bedienstete der kaiserlichen Delegation voran.
Alexius genoss den Ritt am Tiberufer entlang. Das Fließen des Wassers dämpfte seine Ungeduld. Als er die Peterspforte und dahinter die Engelsburg vor sich sah, packte ihn aber plötzlich die Angst.
Wuchtig warfen die Mauern des einstigen Mausoleums ihre langen Schatten. Das zylinderförmige Kastell war von einer rechteckigen Mauer mit sechs Türmen umgeben, die einst im dritten Jahrhundert der römische Kaiser Aurelian hatte errichten lassen. Die Befestigungsanlage wirkte derart gewaltig, dass Alexius zögerte.
In diesem Augenblick stahl der Sachse Gerold sich aus dem Gefolge davon. Er nickte Ricolf zu und stellte sich in den Schatten eines Baumes.
Als der Missus mit seinem Gefolge die Brücke passiert hatte, sah er zwischen zwei Türmen ein geschlossenes Tor. Niemand trat oder ritt der Gesandtschaft entgegen. Der Bedienstete des Crescentius verschwand hinter einer schmalen Nebenpforte, kehrte zurück und winkte. Die Flügel des Haupttors öffneten sich für den Gesandten des Kaisers.
Alexius zögerte erneut, überlegte fieberhaft. Aber es gab kein Entrinnen, er musste seine Pflicht tun. Die Delegation ritt in den Hof.
Zwei Wachmänner traten den Besuchern entgegen. Ihre Bewaffnung, die Panzerhemden und Helme beeindruckten Alexius. Als er die Augen der Krieger sehen konnte, stieg Panik in ihm auf. Verzweifelt drehte er sich im Sattel um. In diesem Augenblick fiel das Tor hinter ihnen zu. Männer des Crescentius Nomentanus schoben den Querbalken vor, sechs weitere marschierten von beiden Seiten des Hofes vor das Tor. Sie waren schwer bewaffnet. Alexius erschrak. Es gab kein Zurück mehr.
Der Kaiserbote atmete auf, als ein Krieger vor ihm zu sprechen begann: »Crescentius Nomentanus erwartet Euch oben im Saal. Reitet mir bitte nach.«
»Mein Gefolge wird mitkommen.« Alexius zwang sich zu einem überlegenen Befehlston.
»Natürlich. Alle Eure Leute sind dem Befehlshaber willkommen.«
Beruhigt lockerte der Missus die Zügel seines Fuchshengstes und folgte den Kriegern. Sie ritten durch den Eingang des zylinderförmigen Kastells in ein monumentales Tonnengewölbe, das in die gewundene Rampe mündete, die vor Jahrhunderten zu den Särgen der römischen Kaiser geführt hatte. Alexius zwang sich, ruhig zu bleiben. Konzentriert richtete er seine Augen auf den Boden, um sein Pferd im spiralförmigen Gang zu lenken. Nach einigen Rundungen fand das Reittier den Rhythmus von selbst. Die Klapperlaute der Hufe wurden von den Wänden dumpf zurückgeworfen.
Um die wellenartig aufsteigende Panik zu bekämpfen, studierte Alexius die Bauweise der Rampe. Sie war mit Steinplatten belegt. Im Lichtschein der Fackeln konnte er den Travertin der Seitenwände sehen. Sicher hatten schon die alten Römer diese Steinblöcke nahtlos verlegt.
Fast wäre der Kaiserbote vornübergekippt, als sein Pferd sich unverhofft mit beiden Vorderbeinen
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