Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
erlitten hatten oder deren Eltern an einer Krankheit
dahingeschieden waren. Seit diesem schwarzen Tag waren nun fast zwei Jahre
vergangen. Zwei Jahre, in denen er gelernt hatte, dass das Leben ungerecht und
hart war. Zwei Jahre, in denen er lernen musste zu kämpfen und sich zu wehren,
um zu überleben, doch sie lebten in einer Welt, in der nicht sie bestimmten,
wohin ihr Schicksal sie führen würde. Sie konnten nur das Beste daraus machen
und sie half ihnen dabei.
Als
die junge Frau all die unbekümmerten Kindergesichter sah, wie sie zufrieden
ihre Äpfel aßen, lachten und spielten, vergaß sie die Wut, die tief in ihr noch
immer am Kochen war. Sie lächelte wieder, denn das war das einzige was sie
konnte.
Sie
konnte andere mit einem Lächeln davon überzeugen, dass alles in Ordnung sei,
auch wenn in Wirklichkeit die Welt vor endlos schwarzer Dunkelheit stehen
würde. Sie konnte mit einem Lächeln vertuschen, dass sich hinter der Mauer, die
sie über all die Jahre hinweg errichtet hatte, nur Trauer und Wut verbarg und
ebenso konnte sie mit einem Lächeln andere dazu bringen, dass sie für einen
Moment vergaßen, dass es eigentlich nichts gab, worüber sie sich freuen konnten.
Sie
lächelte oft um anderen zu helfen, denn lachen konnte sie nicht, nicht mehr
seit jenem Tag, an dem sich ihr Leben komplett veränderte, die Dunkelheit über
sie hereinbrach und sie in ein schwarzes Loch aus Trauer, Angst und Wut
stürzte, aus dem es für sie kein Entrinnen mehr gab.
„Serena!
Den Göttern sei Dank, dir ist nichts zugestoßen!“, ertönte eine besorgte ältere
Männerstimme plötzlich hinter ihr.
Aus
ihren Gedanken gerissen, drehte sie sich um und schaute zu einem der
umstehenden Häuser. Ein Mann mittleren Alters mit faltigem Gesicht und
dunkelgrauen kurzen Haaren stand in der Holztür und winkte sie zu sich rüber.
Sein schneeweißes Gewand ließ erahnen, dass er nicht zu der ärmeren
Gesellschaft gehörte, doch es war nur ein gewöhnliches weißes Gewand, das
ebenso gut auf dem Markt zu ersteigern war und so gehörte er auch nicht zu den
wohlhabenden Bewohnern. Er war ein mittelständiger Bürger, gehörte wie alle
anderen auch zur Arbeitergemeinschaft und ging seinen täglichen Verpflichtungen
nach.
Sie
sah sich noch einmal zu Lisias und den anderen um, als wolle sie sicher gehen,
dass auch wirklich alles in Ordnung sei und ging dann auf den alten Mann zu.
Dieser schritt aus der Tür und lief ihr entgegen. Ebenso wie die Augen des
kleinen Lisias, wirkten auch die des alten Mannes schwach und übermüdet. Er
hatte ebenso wie die anderen kaum geschlafen.
„Verzeiht
Hermokrates, die Unwetter in den letzten Tagen haben meine Arbeit sehr
erschwert“, erwiderte sie reumütig und sah zu ihm auf, doch sein Gesicht
strahlte wie das eines Vaters, der nach Jahren der Einsamkeit, seiner
verschollen geglaubten Tochter wieder in die Augen blicken konnte.
Er
zog sie ruckartig an sich und schloss sie eng in seine Arme, doch Serena blieb
steif. Es war ein Gefühl, das sie nicht mehr kannte. Eines, das sie nach all
den dunklen Jahren für vergessen geglaubt hatte, doch eigentlich war ihr solch
eine Geste einfach nur unangenehm, aber sie ließ sie ihm zu liebe über sich
ergehen. Umso größer war die Erleichterung allerdings für sie, als er wieder
zurücktrat und von ihr abließ.
„Ich
habe zu den Göttern gebetet, dass sie dich auf all deinen Wegen beschützen
mögen, ebenso, wie dein Vater es immer tat.“
Sie
verschränkte die Arme und nickte leicht lächelnd. Sie wusste, dass er ihr jetzt
wieder eine Predigt über Glaube, die Götter und die Gefahren halten würde, in
die sie sich jeden Tag stürzte und versuchte wie immer aufmerksam und einsichtig
zu wirken, doch es würde nichts an ihrer Einstellung ändern, dessen waren sich
beide sicher. Trotzdem mochte er einfach nicht glauben, dass sie jeden Tag ihr
Leben riskierte, um für die kleinen Kinder auf den Straßen von Athen zu sorgen,
doch die mit großer Freude erwartete Predigt blieb aus. Er blickte in ihre
Augen und hoffte dort auf Verständnis zu stoßen, einen Weg zu finden, um an sie
heran zu kommen, aber es gelang ihm einfach nicht. Sie schottete sich selbst
ab, vielleicht aus Angst, verletzt zu werden, vielleicht aber auch, weil sie
früh gelernt hatte, niemandem zu trauen.
Nachdem
ihre Eltern sie verlassen hatten, brachte man sie ins Waisenhaus, damals war
sie gerade mal 7 Jahre alt, unberührt, unschuldig, eine hilflose kleine Blume
im zarten Alter. Aber
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