Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
dachte sie, es sei ein Trick und schüttelte leicht den Kopf, doch als er
sie auffordernd anschaute und mit der Schriftrolle verführerisch unter ihrer
Nase herumwedelte, streckte sie langsam ihre Hand nach ihr aus. Ein Glücksgefühl
überkam sie in jenem Moment, als sie das raue Pergamentpapier in ihren Händen
spürte. Solange hatte sie das Bedürfnis gehabt, sie zu lesen, weil sie dachte,
das darin Geschriebene hätte etwas mit ihr zu tun mit einer geplanten Hochzeit,
die ihr Vater vorbereiten wollte, um eine politisch einwandfreie Verbindung zu
schaffen und nun hatte sie endlich die Gelegenheit, diese Neugierde zu stillen.
Ewig
starrte sie auf das Pergament, überflog es vom Anfang bis zum Ende und dennoch
blieb sie ratlos. Unterschriften, das Siegel des olympischen Adelshauses und
ein seltsam geschriebener Text - Die Sprache der Götter. Sie verstand kein
einziges Wort was sie da las. Sie hatte keine Ahnung, was sie da vor sich hatte
und dies blieb auch dem Sonnengott nicht verborgen, der ihr die Schriftrolle
wieder abnahm.
„Dieses
Dokument ist eine Abmachung zwischen den Göttern, die vor vielen Jahrtausenden
geschlossen wurde, um den Frieden der Welt zu wahren …“
„I-Ich
dachte es sei …“
„Ein
Vertrag zwischen mir und deinem Vater, in dem er mir deine Hand verspricht?“
Sie
antwortete nicht. Beschämt wandte sie sich von ihm ab und faltete ihre Hände.
Sie war sich so sicher, dass dieses seltsame Dokument, um dass die Götter so
ein Geheimnis gemacht hatten, etwas mit ihr zu tun hatte und wieder einmal lag
sie falsch, wie so oft in letzter Zeit. Ihre Sinne täuschten sie immer öfters,
leider immer in entscheidenden wichtigen Momenten.
„Ich
kann dir versichern, dass ich niemals mit Zeus über deine Zukunft verhandelt
habe und dass ich das auch niemals in Betracht ziehen werde! Er wollte, dass du
ein gesichertes Leben an der Seite eines Gottes führen kannst. Er hat es gut
gemeint, auch wenn er väterlich gesehen, völlig versagt hat …“, lächelte er ihr
leicht zu und klopfte ihr sanft auf die Schulter, um sie aufzumuntern, doch sie
trat zurück, machte mit ihren Händen eine abwehrende Bewegung und verließ aufgeregt
den Raum.
Es
war zu viel für sie. Selbst sein strahlendes Lächeln konnte ihrer Enttäuschung
nichts abtun. Selbst seine Worte konnten nicht ausschmücken, was der Mann getan
hatte, zu dem sie vor wenigen Tagen noch unbedingt zurückwollte. Und selbst
seine beruhigenden Gesten konnten sie nicht vergessen lassen, dass ihr Vater
ohne ihr Wissen, gegen ihren Willen handeln wollte, dass er sie wegschicken wollte,
so wie er Persephone weggab, so wie Poseidon seine älteste Tochter Rhode hergab.
Er hätte gesagt, es sei das Beste für sie und ihre Zukunft, doch in
Wirklichkeit hofften sie nur auf das Beste für sich selbst. In Wirklichkeit waren
sie alle selbstsüchtig.
In
Wirklichkeit hatte er sie verraten …
Das gelüftete Geheimnis
Sie
lief – weiter und weiter, schneller und schneller.
Das
Aufflackern des Feuers spiegelte sich in ihren dunklen Augen und hinterließ
einen leuchtenden blauen Glanz.
Serena
starrte zur Decke. Sie lag in ihrem Bett in dünne Leinentücher gewickelt, die
sie vor der Kälte der Nacht schützen sollten, die in dieser Höhe herrschte,
doch in dieser Nacht war es kälter als sonst. Sie zitterte am ganzen Körper und
egal wie hoch sie die Decken zog, die bittere Kälte hatte ihren Körper längst
schon erreicht.
Noch
immer war es dunkel draußen, finsterer als sonst. Kein Licht war am Himmelszelt
zu sehen, nichts, dass darauf hinweisen könnte, wie weit die Nacht
fortgeschritten war – Die kalte Finsternis.
Seitdem
sie nicht mehr geträumt hatte, hatte sie auch nicht mehr auf den Verlauf des
Mondes geachtet und somit völlig vergessen, dass ihr und den Sterblichen wieder
jene Nacht bevorstand.
Lange
lag sie da und schien zu überlegen. Sie wusste nicht, was sie gesehen hatte, ob
sie es wirklich gesehen hatte oder ob es nur eine Einbildung war, denn der
Zauber von Hypnos wirkte noch immer auf sie und ließ sie keinen klaren Gedanken
mehr fassen.
Instinktiv
schaute sie an das Kopfende ihres Bettes. Er hing noch da, der Traumfänger. Sie
glaubte nicht an diesen Hokuspokus-Kram, doch es gab ihr ein wenig Sicherheit,
dass sie nicht wieder in ihrer Traumwelt, im Reich des Morpheus, gefangen war.
Helios
war am Abend noch einmal gekommen, um nach den Wunden an ihrer Hand zu sehen,
doch das hielt sie nicht für nötig.
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