Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
die glühend roten Augen der einzelnen Kreaturen, wie sie langsam auf
sie zu schlichen und sie immer weiter von den anderen trennte. Und dann kam ihr
dieser eine absurde und dennoch klare Gedanke.
Sie
hatten nicht die Aufgabe sie zu töten. Sie wollten sie vor sich her treiben,
sonst wäre sie schon längst tot. Sie sollte weitergehen, doch ohne die anderen.
Zitternd
griff sie nach einem weiteren Pfeil, doch als sie realisierte, dass sie bereits
alle bis auf zwei Stück verschossen hatte, wurde ihr bewusst, dass sie nicht
gewinnen konnte.
Sie
fing den Blick von Darius auf, der ihr etwas entgegen rief, was sie jedoch
nicht verstand. Das aufgebrachte Knurren des Wolfsrudels war zu laut, doch ein
Wort konnte sie genau von seinen Lippen ablesen. Ein Wort, das Bände sprach und
ihr einziger Ausweg war, um ihr Leben und das der anderen zu schützen, doch ihr
Körper rührte sich nicht. Zu gelähmt war sie in diesem Moment.
Stark wollte sie all die Jahre sein. Stark war sie auch gewesen, doch die
vergangenen Monate hatten offenbart, dass sie zwar äußerlich eine eiserne
Kämpferin war, doch im inneren war sie noch immer das kleine verängstigte
Mädchen von damals.
Ihre
Zehne klapperten, doch übertönt wurde dies nur von dem Zähnefletschen der
riesigen Bestien vor ihr.
Wieder
schrie ihr Darius etwas entgegen und schmiss sein Schwert hinab, das einen der
Wölfe nur knapp verfehlte. Die Ablenkung nutzte sie, vollen Bewusstseins, dass
wenn sie ihnen den Rücken zu wenden würde, sich ihre weißen Zähne tief in ihr
Fleisch bohren konnten, doch eine Wahl hatte sie nicht, die hatte sie nie …
Im Bauch der Bestie
Das
Unterholz knackte bei jedem Schritt den sie tat. Immer schneller und schneller
rannte sie durch den dunklen Wald. Ihre nackten Füße schmerzten höllisch, doch
anhalten kam nicht in Frage, umdrehen kam nicht in Frage. Denn was sie nicht
sah, konnte ihr auch keine Angst machen. Weiter sprintete sie über den kalten
Boden, sprang über Steine und Baumwurzeln, ohne wirklich zu wissen wohin sie
lief. Sie vertraute einfach auf ihre Instinkte und hoffte darauf, dass es der
richtige Weg war. Darius hatte sich um die Navigation gekümmert, doch er war
nicht mehr da, konnte ihr nicht mehr helfen und als sie sein strahlendes
Gesicht vor sich sah, suchten sich glasige Perlen den Weg über ihre bleich gewordenen
Wangen. Sie schluchzte, denn sie wusste, sie würde nie wieder seine sanfte
beruhigende Stimme hören. Er würde sie nie wieder, einfach nur um sie zu ärgern,
‚Sonnenschein‘ nennen und sie würde nie wieder in seine leuchtendbraunen Augen
sehen und dieses Gefühl von Vertrautheit spüren, denn er würde nicht wiederkehren.
Auf
der Flucht hatte sie sich noch ein letztes Mal umgedreht und musste mitansehen,
wie die Wölfe ihn vom Baum rissen und über ihn herfielen. Wie eine leblose
Puppe knallte sein Körper auf den harten trockenen Boden und blieb regungslos
liegen.
Wieder
musste jemand wegen ihr fallen.
Serena
wusste nicht ob diese Bestien sie verfolgen würden und in diesem Augenblick war
es ihr auch völlig egal. Wollte sie diese Insel überhaupt noch lebend verlassen?
Hatte sie überhaupt noch eine Chance dazu und wenn ja, wie sollte sie Helios
erklären, dass sein Vertrauter ihretwegen sterben musste?
‚Lauf!‘ hatte er ihr entgegengebrüllt als er sein Schwert auf die haarigen Monster
schmiss. Er wusste, dass wenn sie ginge, die Bestien ihn und den Soldaten
zerfleischen würden und er ging dieses Risiko bewusst ein.
‚Lauf!‘, hallte seine Stimme in ihrem Kopf wieder. So viel Kraft lag in seinem Ausdruck,
so viel Zuversicht in seiner Stimme und so viel Wut herrschte in Serena nun nach
seinem Tod.
Die
ersten Sonnenstrahlen erhellten bereits den Himmel und zerschnitten langsam das
Bild des unheimlichen Waldes, den Serena endlich hinter sich lassen wollte und
nun, da das Licht zurückkehrte und sie selbst die schemenhaften Gestalten am
Wegesrand als Bäume identifizieren konnte, deren vertrocknete Äste wie dünne
Finger nach ihr griffen, wurde ihr ganz anders zu Mute.
Das
hatte sie schon einmal gesehen. Dieses ganze Szenario war ihr nicht fremd. Der
kalte trockene Boden unter ihr, ihre aufgerissenen wundgelaufenen Füße, die
unheimlichen Bäume, deren Schatten wie Geister an ihr vorüber zogen, das
beklemmende Bewusstsein, dass sie rennen musste, ohne zu wissen, wohin dieser
Weg sie führen würde, war ihr ebenso vertraut, wie der kalte Schweiß, der über
ihre Stirn lief und
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