Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
darüber
hinweggeschaut, doch nun erkannte sie den Brunnen inmitten des Geländes. Er war
verhältnismäßig kleiner als das gepflasterte Areal, doch das glänzende Wasser,
das fröhlich in den einzelnen runden Becken hin und her plätscherte und das
helle Licht der Sonne wiederspiegelte, ließ sie schließlich aufmerksam werden.
Einige kleine Vögel badeten im schimmernden Wasser und durchbrachen die eben
noch klare Oberfläche des Brunnens, doch es waren nicht diese, die Serena
nachdenklich werden ließen. Es war die goldene Statue, die inmitten des
Brunnens auf einem Podest thronte und sie in ihren Bann zog.
Selbst
aus dieser Höhe erkannte sie die Statur eines Mannes mit langem Haar und ebenso
langem Bart. In seiner rechten Hand hielt er etwas langes schmales, ein Zepter,
ein seltsam geformter Speer vielleicht. Serena kniff die Augen zusammen, doch
aus dieser Entfernung konnte sie es nicht erkennen.
Während
sie gedankenverloren darüber nachdachte, wer oder was dieser Goldklumpen
repräsentieren sollte, schaute sie wieder in die Ferne, ins Blaue, ins Nichts.
Hinter den vereinzelten hohen Bäumen sah sie nur die unendlichen Weiten des
wolkenlosen Himmels.
Ein
unangenehmes Gefühl zog ihr die Kehle zu und ließ sie unruhig werden.
Unwillkürlich fühlte sie sich bestätigt, dass sie nicht mehr in Athen war und
dieser Gedanke versetzte ihr Herz ins Rasen. Die Pflanzen sprießten geradezu
aus dem Erdboden, die Sonne brannte auf ihrer Haut als würde sie jeden Moment
auf sie herunterstürzen.
Sie
war nicht mehr zu Hause oder dort, was sie als ihre Heimat bezeichnete. Fremd
in einer Gegend, die einem Paradies glich.
Ein
plötzliches Klopfen ließ sie zusammenfahren und aufsehen. Erneut vernahm sie
das dumpfe Hämmern, diesmal jedoch lauter als zuvor. Es kam von der großen
hölzernen Tür am Ende des Raumes. Jemand bat um Einlass, den Serena auch gerne
gewähren würde, da sie sich von dem Fremden ein paar Antworten erhoffte, doch
irgendetwas in ihr ließ sie verstummen, noch bevor ein Wort ihre Lippen verließ.
Es
war gefährlich mit jemandem zu reden, den man nicht kannte ,
schoss es ihr durch den Kopf. Das hatte ihr Vater ihr immer eingebläut als sie
noch klein war, doch sie war kein Kind mehr. Sie war noch jung, aber sicherlich
reif genug, um eigene Entscheidungen zu treffen.
Ein
weiteres Mal hämmerte es an der Tür. Dieser Jemand wurde ungeduldig und Serena
wusste immer noch nicht, was sie machen sollte.
Welch
Ironie - Sie war alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben
betrafen, wusste jedoch nicht, was sie machen sollte.
Es
war eine Entscheidung, die ihr dieses Mal jedoch abgenommen wurde, denn ohne
ein Wort des Einlasses, hörte sie das metallene Schloss umschlagen.
Die
Tür schob sich langsam zum Raum hin auf und gab dabei ein leises Knarren von
sich.
Ein
zierliches Gesicht lugte durch den leicht geöffneten Spalt herein und sah sich
um, doch Serena war nicht mehr da.
Wenige
Sekunden verstrichen, bis erneut Bewegung aufkam.
Die
Tür ging weiter auf und zum Vorschein kam eine junge Frau in einem seidenen
gelben Gewand, das sich ihrer schmalen Figur anschmiegte. Ihr langes glänzendes
goldbraunes Haar am Hinterkopf mit goldenen Spangen zusammengesteckt, ließ die
Blicke auf ihre großen haselnussbraunen Augen fallen, die in diesem hellen Raum
zu leuchten schienen. Eine Adelsfrau, ohne Zweifel und dem Aussehen nach zu
urteilen, vielleicht ein paar Jahre älter als Serena.
Sie
schwebte elegant in den Raum und schloss die Tür hinter sich. Auf ihren mit
goldenem Schmuck behangenen Armen trug sie ein goldenes Tablett mit kleinen
Tongefäßen und einer Wasserschüssel darauf. Die kleinen Goldfäden, die sich
über den Saum des langen Gewandes zogen, funkelten im gleißenden Licht der
Sonne und ließen die junge Frau einem Engel gleichen.
Zielstrebig
lief sie auf das kleine hölzerne Nachtischchen neben dem Bett zu, dessen
Zustand ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Bettdecke hing auf der anderen Seite
zu Boden, das Laken war zerwühlt und das Kopfkissen platt.
Mit
einem leichten Lächeln auf den Lippen stellte sie das goldene Tablett auf den
kleinen Tisch und öffnete die Gefäße.
Ruhe
kehrte ein. Nur das Zwitschern der im Brunnen badenden Vögel hallte herauf und
bewahrte sie vor eiserner Stille.
„Willst
du dich für den Rest deines Lebens hinter dem Bett verstecken und darüber nachdenken,
ob du mir trauen kannst?“, ertönte nun ihre liebliche Stimme, doch es kam
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