Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
würde, deshalb erwartete sie auch keine
Erwiderung.
Die
Herrscherin versuchte Serena mit ihren eiskalten Blicken festzunageln, ebenso
wie sie es bei Zeus tat, wenn sie wieder einmal von einer seiner zahlreichen
Affären erfuhr, doch sie merkte schnell, dass nicht sie am längeren Hebel saß.
Ihre
Hände vergruben sich in ihrem Schoß und wurden ganz verschwitzt, als Serena die
Grenzen überschritt und langsam um den Tisch wanderte.
„Wir
können uns mit unserem Körper verständigen, können mit verschränkten Armen
zeigen, dass wir an etwas oder jemandem keine Interesse haben, doch Gestik und
Mimik können so leicht beeinflusst werden, wenn man dieser Technik mächtig ist …“,
sprach Serena gedankenversunken, während sie ihrer Stiefmutter keines Blickes
würdigte.
Sie
erkannte die zurückhaltende eingeschüchterte Halbgöttin nicht wieder. Nie hatte
sie sie mit solch einem Selbstbewusstsein erlebt. Nie hätte sie für möglich
gehalten, dass sie sich solch eines überhaupt aneignen könnte.
Als
Serena sie auch weiterhin missachtete und ihr somit zu verstehen gab, dass sie
keinerlei Respekt gegenüber einer olympischen Herrscherin zeigen wollte, wurde
diese somit nur noch wütender auf ihre uneheliche Stieftochter.
Die
kleinen Adern an ihrem Hals stachen deutlich hervor und ein kleines Zucken ihrer
Unterlippe wurde sichtbar - Zeichen der Nervosität, die Serena nicht unbemerkt
blieben.
Sie
lief direkt auf ihre Stiefmutter zu, die angespannt auf ihrem Stuhl sitzen
blieb und stur geradeaus blickte um ihren Blicken auszuweichen.
„…
Wir können Worte verwenden, doch diese entsprechen nicht immer der Realität.
Wir erzählen Lügen um die Wahrheit zu vertuschen und uns besser zu fühlen.“ Die
Stimme ihrer Stieftochter klang so verführerisch, dass sie in den Ohren der
Göttin schon wieder unheimlich war, doch sie wollte sich nichts anmerken
lassen. Sie war eine Göttin des Olymps und Serena – nichts weiter als ein
Missgeschick, eine Schandtat, ein Resultat des Ehebruches ihres Mannes Zeus.
Als
die junge Halbgöttin am hölzernen Stuhl ankam, auf dem die Göttin verweilte,
legte sie ihre Hände auf die Rückenlehne und blieb schließlich hinter ihr
stehen. Nie hatte sie gewagt, so nah an sie heran zu treten, doch nun konnte Serena
ihre in sich verschlossene Angst förmlich schmecken. Sie vernahm das leise
Schlucken der Göttin und beugte sich langsam über die Holzlehne, die somit ein
anhaltendes Knirschen von sich gab und Hera zusammenfahren ließ.
Serenas
goldene Augen waren glanzlos und leer, nichtssagend, ausdruckslos, völlig
seelenlos.
„…
doch in einem Bruchteil einer Sekunde kann man in den Augen einer Person
jegliches Gefühl, jegliche Emotion ablesen und alles offenbaren, was diese
Person denkt, weiß und fühlt ...“, hauchte sie vorsichtig in ihre Ohren und
hielt kurz inne. Sie genoss den Moment, die Göttin auf dem Stuhl leiden zu
sehen und kostete dieses Gefühl von Überlegenheit voll aus.
„Wisst
ihr auch, was ich in euren Augen gesehen habe?“ Wieder wartete die Halbgöttin
und wieder bekam sie keine Antwort, allerdings mochte sie den Augenblick, in
dem Hera förmlich flehte, dass sie fortfuhr und zögerte diesen noch weiter
hinaus.
Die
olympische Göttin wusste nicht, ob dieses Miststück sie reizen oder an der Nase
herumführen wollte, doch ihr war unwohl dabei, sie aus den Augen verloren zu
haben.
„Ich
sah in ihnen Wut, Verzweiflung, aber noch viel stärker sah ich in ihnen die
Angst!“
Wie
von einem Blitz getroffen, sah Hera entrüstet zu ihr auf. Ihre Hände, die sich
in die Armlehnen gegraben hatten, ballten sich zu Fäusten. Sie zog ihre
Augenbrauen nach oben und ihre Stirn legte sich in tiefe Falten, was ihrer
unbändigen Wut Ausdruck verlieh, doch sie sah in Serenas Blicken eine
Selbstsicherheit, die sie erneut zusammenfahren ließ. Nie hatte sie auch nur zu
glauben gewagt, ihre Stieftochter jemals so entschlossen zusehen, denn
schließlich hatte sie nichts unversucht gelassen, ihre scheinbar zierliche
Person mit allen Mitteln zu brechen.
„Einen
kleinen Ratschlag, ihr hättet eure Chance nutzen sollen … Ihr hättet mich vom
Olymp stürzen sollen, als ihr noch die Gelegenheit dazu hattet!“, fuhr Serena
mit schroffer Stimme fort und trat wieder hinter der Göttin hervor. Diese ließ
ihre Stieftochter keinen Moment aus den Augen und verfolgte sie mit ihren
Blicken regelrecht. Sie versuchte unbeeindruckt zu wirken, doch ihre
Gesichtszüge sprachen für
Weitere Kostenlose Bücher