Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
ohne sich dabei ernsthaft zu verletzen. Die ersten Male hatte sie
es gleich zu Beginn ihrer Ankunft versucht, jedoch ohne großen Erfolg. Die
Mauern des Olymps waren viel feiner und glatter als die des Athener Tempels und
somit hatte sie keinen Halt an den Wänden und rutschte mehrere Meter in die
Tiefe. Nur durch Glück hatte sie abgesehen von einigen blauen Flecken, keine
weiteren Verletzungen - Ja, Glück bestimmte jeher ihr Leben.
Doch
jeder weitere darauffolgende Misserfolg spornte Serena dazu an, es wieder und
wieder zu versuchen, bis sie sich ohne weitere Probleme hinunter schleichen
konnte, sodass es keiner der Götter mitbekam, wenn sie der Auffassung waren,
sie würde friedlich in ihrem Gemach schlummern.
Vorsichtig
sah sich die junge Halbgöttin um, um sicher zu gehen, dass auch niemand etwas
mitbekommen hatte. Es war eine alte Angewohnheit.
Erst
als sie die Luft rein glaubte, sprintete sie blitzschnell über den Festplatz
und verschwand klanglos hinter der Böschung im Dickicht, in dem Artemis sich
wieder zurückgezogen hatte und bereits auf sie wartete.
Ihr
Gesicht zierte ein unheimliches Lächeln, als wäre sie von einem Dämon besessen,
was Serena kurz zurückschrecken ließ.
„Du
konntest wohl nicht schlafen“, flüsterte die Göttin leise und beobachtete den
Olymp, als erwartete sie, dass jeden Moment hinter irgendeinem Fenster ein
Licht angehen würde.
Serena
entgegnete ihr nur mit einem leichten Kopfschütteln und strich sich eine ins
Gesicht hängende Strähne hinters Ohr.
Unter
den musternden Blicken der Göttin, wurde sie sichtlich nervös. Sie hatte sich
gerade wirklich aus dem Olymp geschlichen, um zu einer Frau zu gelangen mit der
sie einen holprigen Start erlebt hatte und vor der sie sogar die Flucht ergriff,
um nun wieder vor ihr zu stehen.
„Ich
möchte dir was zeigen. Komm!“, fuhr diese ruhig fort und stieg vorsichtig die
Böschung zum kleinen See hinab ohne sie auf die letzte Begegnung anzusprechen,
als hatte sie vergessen, was geschehen war.
Zögernd
sah die junge Halbgöttin sich um, ehe sie den Worten ihrer Schwester nachging
und ihr schweigsam folgte.
Das
Gras reichte ihr bis zu den Knien und der kalte Morgentau, der an den Halmen
hing, lief über die nackte Haut ihrer Beine und hinterließ ein angenehmes
Kribbeln.
In
der Dämmerung fiel es ihr schwer zu erkennen, wohin sie schritt und versuchte
aus diesem Grund an die Stellen zu treten, auf denen Artemis zuvor trat. Eine
Angelegenheit, die sich schwieriger gestaltete als gedacht, denn Artemis schien
den sicheren Weg nach unten selbst im Schlaf genau zu kennen und eilte förmlich
den Abhang hinunter.
Sicher
unten angekommen, spürte Serena das weiche Gras unter ihren Füßen. In der Eile
hatte sie erst nicht bemerkt, dass sie barfuß aus ihrem Zimmer geklettert war
und ihre Sandalen noch immer neben ihrem Bett lagen.
Schwermütig
atmete sie auf und schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Wie lange würde
es wohl dauern, bis der steinige Untergrund, auf dem sie sich nun befand, ihr
die Fußsohlen wie Glasscherben, auf denen sie wanderte, aufreißen würde?
Als
Serena sich gedankenverloren umsah, bemerkte sie gleich, dass dieser Ort etwas
ganz Besonderes zu sein schien. Keine Gebäude, keine Statuen, kein
durcheinander geworfenes Stimmengewirr, kein modriges faulendes Obst und auch
nicht der erdrückende Gestank eines rußigen Schornsteins. Nur der frische
Geruch von feuchtem Gras, das Zwitschern der Vögel über ihr in den Baumkronen,
die hoch gewachsenen Bäume, die in voller Pracht erstrahlten und das Licht der
aufgehenden Sonne, das durch das Laub hindurch drang und dem Ort eine angenehme
Atmosphäre verlieh. Nie hatte Serena etwas Vergleichbares gesehen, auch nicht
in ihrer Kindheit.
Ihr
Dorf lag auf einer steinigen Ebene, auf dessen Grund nur kleine Getreidefelder
lagen.
Die
kleinen Wälder, die vor vielen Jahren an Stelle des Dorfes dastanden, wurden
mit wachsender Menschenanzahl immer kleiner, bis sie schlussendlich ganz von der
Bildfläche verschwanden.
Für
Serena war es, als hätte man ihr einen Freund, einen Verbündeten, genommen,
denn gerne kletterte sie auf die hoch gewachsenen Weiden, die ihr Zuflucht und
Schutz boten. Aus diesen Bäumen hatte Timaios sogar die Griffe seiner ersten
Schwerter gefertigt und aus einem Ast der letzten großen Weide hinter ihrem
Elternhaus schnitzte er sogar ihren Bogen, der bei dem Brand damals jedoch
zerstört wurde.
Nur
den Baumstumpf ließen die
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