Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
sollte sie tun?
Weglaufen? – Unmöglich. Ihr Verschwinden würde sofort auffallen.
Zitternd
sah Serena wieder zu den Wachen auf, die ungeduldig zu ihr herüber blickten und
sie erneut herbeiwinkten, doch Serena war starr vor Schreck. Sie malte sich die
verschiedensten Szenarien aus. Alle verliefen unterschiedlich: Zähne zusammenbeißen
und durch, sich vermummen und hingehen, beten, dass ihr Verstand Lücken aufwies
wie ihre ungepflegten Gebisse oder die Flucht ergreifen, als hätte sie die
Männer nicht gesehen. Sie könnte behaupten, der Krug sei leer und sie müsse
nachfüllen gehen und dann schleunigst verschwinden.
Wo
ist Athene, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf.
Sie
sollte doch ein Auge auf sie haben. Suchend blickte sie umher. Ihr Körper
fühlte sich eiskalt an und das obwohl es noch recht warm für diese Tageszeit
war.
Sie
sah Hermes, der jedoch in einem Gespräch mit einer jungen Göttin vertieft war.
Wieder blickte sie umher. Auch Poseidon und seine Gemahlin hatten sich
abgewandt und hatten nur noch Augen für einander. Selbst Hera, die sie am anderen
Ende des Festsaales erblickte, war zwar zu ihr gerichtet, konnte sie jedoch
unmöglich sehen.
Sie
war auf sich alleine gestellt. Für den einen Moment, in dem sie wirklich Hilfe
brauchte, war sie unbeobachtet und konnte nicht auf den ihr versprochenen Schutz
der Göttin der Weisheit vertrauen – Ironie des Schicksals.
Die
Zeit lief gegen sie und der stechende Schmerz in ihrer Brust drückte auf ihre
Lunge und hinderte sie am Luftholen. Wieder sah sie sich um und schluckte
schwer.
Es
überraschte sie nicht einmal ihn hier zu sehen, geschweige denn, dass er sie,
wie sonst auch, wortlos anstarrte, doch er war nicht der Einzige. Neben ihm
stand eine junge Frau. Ihr kupferfarbenes langes Haar schmiegte sich in sanften
Wellen an ihr schmales Gesicht. Sie hatte etwas Jugendliches an sich und
dennoch zeigten ihre Augen die nötige Strenge, die sie doch erwachsen wirken ließ.
Sie
blickte zu ihr herüber, anders als der Sonnengott Helios, schien diese jedoch
eher durch sie hindurch zu sehen. Sie hatten sich wohl miteinander unterhalten,
bis man die junge Halbgöttin erblickte.
Heute
war wohl zweifelsfrei jeder Gott mit dessen Partner auf dem Olymp.
Im
völlig überfüllten Raum, in dem niemand sonst sie beachtete, schien das
göttliche Paar sie zu bemitleiden. Und als Serena ihre Blicke von ihr abwandte
und wieder zu Helios sah, drehte sich das zierliche Gesicht seiner Begleiterin
ebenfalls zu ihm und sah ihn fragend an. Seine Blicke waren allerdings wie
gebannt auf sie gerichtet. Keine Regung seiner Augen, keine Regung seines
Körpers, nicht einmal, als sie nach seiner Hand griff und sie fest in ihrer
hielt.
Ein
lautes Grölen holte Serena wieder aus ihrer Schockstarre in die Realität
zurück.
Die
Athener Wachen schrien ihr irgendetwas zu, was sie durch den Lärmpegel jedoch
nicht verstand. Sie wirkten gereizt. Kein Wunder, schließlich warteten sie
bereits eine halbe Ewigkeit auf den Wein.
Serena
schluckte einige Male schwer. Es half alles nichts. Sie musste ihren Pflichten
nachkommen und so ließ sie jegliche Emotionen von sich abfallen und schritt mit
angehaltenem Atem zu den Wachen und ihrem Erzfeind rüber.
Den
Blick stets zu Boden gerichtet und bangend, dass sie keiner erkennen würde,
blieb sie vor den Männern stehen und goss mit zittrigen Händen den rötlichen
Wein ein, dessen bitterer Geruch sie die Nase rümpfen ließ.
Jede
Sekunde, die sie bei den stark angetrunkenen Männern verbringen musste, wurde
zu einer Geduldsprobe für die junge Halbgöttin. Mit billigen Sprüchen
versuchten sie ihr näher zu kommen, gruben sie an und wagten es sogar, sie
anzufassen, aber Serena bewies die nötige Zurückhaltung nicht die Fassung zu
verlieren. Allerdings spürte sie die Wut langsam in ihr aufkochen.
Es
waren die gleichen Männer, die sie vor knapp zwei Monaten noch durch Athen
jagten wie ein Stück Vieh und ihr nach dem Leben trachteten. Nun, in der
Annahme sie sei tot, und unter starkem Alkoholeinfluss, glaubten sie wirklich,
ihr erbärmliches Werben hätte irgendeinen positiven Effekt. Sichtlich abgeneigt
schlug Serena ihre Hände weg und wandte sich ab. Ihr eigener Körper widerte sie
in diesem Moment so sehr an, dass sie sich nach einem Bad und einer großen
Bürste sehnte, die das abscheuliche Gefühl von ihrer Haut schrubben sollte.
Umso erleichterter war sie, als sie sich endlich entfernen konnte ohne erkannt
zu werden, doch weit
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